Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 14.09.1999; Aktenzeichen 60 VI 572/99)

 

Tenor

Der Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 14. September 1999 – 60 VI 572/99 – wird aufgehoben. Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg wird angewiesen, bei Vorliegen der kostenrechtlichen Voraussetzungen, der Beteiligten zu 1. den von ihr mit notarieller Urkunde vom 28. Juni 1999 (Ur-Nr … des Notars … in Berlin) beantragten Erbschein zu erteilen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.485.000,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Erblasserin ist verwitwet und kinderlos verstorben.

Die Beteiligte zu 1. ist ihre Mutter.

Die Erblasserin hat am 10. Januar 1997 ein handschriftliches Testament mit im wesentlichen folgenden Inhalt errichtet:

„Mein letzter Wille

Hiermit bestimme ich, …, unter Aufhebung aller bisher von mir bereits getroffenen letztwilligen Verfugungen meinen letzten Willen wie folgt:

I. Erbeinsetzung

Zur Erbin berufe ich die gemeinnützige

…”

mit Sitz in Berlin.

Sollte die Stiftung bei meinem Tode noch nicht gegründet sein, errichte ich sie hiermit von Todes wegen. Die Stiftung soll sodann vom Testamentsvollstrecker gemäß der diesem Testament anliegenden Stiftungssatzung, datierend vom 10. Januar 1997, nach bürgerlichem Recht gegründet werden und die Rechtsfähigkeit erlangen.

Ich mache der Stiftung die Auflage, daß sie, je nach Notwendigkeit, bis zu einem Drittel ihrer Erträge für die Heimunterbringung meiner Mutter …, bereitstellt.

II. Testamentvollstreckung

Zum Testamentsvollstrecker berufe ich die … mit Sitz in Frankfurt/Main. Sie hat den Nachlaß mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns abzuwickeln …

Sollte im Zusammenhang mit dem Gründungsverfahren der Stiftung Änderungen oder Ergänzungen der Stiftungssatzung erforderlich werden, ist der Testamentsvollstrecker berechtigt, diese im Rahmen der Stiftungssatzung vorzunehmen.

Berlin

10. Januar 1997

Dieses handschriftliche Testament hat die Beteiligte zu 2., die zu Lebzeiten die Vermögensverwalterin der Erblasserin war, in Verwahrung genommen und dies mit Schreiben vom 29. Januar 1997 (Bl. 62 d.A.) gegenüber der Erblasserin bestätigt. Mit dem Bestätigungsschreiben hat die Beteiligte zu 2. der Erblasserin außerdem eine korrigierte Stiftungsfassung und eine Generalvollmacht übersandt mit der Aufforderung, diese unter Hinzufügung von Ort und Datum unterzeichnet zurückzusenden. Die ursprüngliche Stiftungssatzung, für die wegen der Einzelheiten auf Bl. 87 d.A. Bezug genommen wird, wurde handschriftlich in Absprache mit der Erblasserin geändert bzw. ergänzt, und zwar u.a. in Bezug auf den Namen der Stiftung, die Ernennung des Stiftungsvorstandes (§ 4 der Satzung) und den Stiftungszweck (§ 7 der Satzung).

Mit Schreiben vom 24. Januar 1997 hat die Beteiligte zu 2. gegenüber der Erblasserin u.a. den Eingang der von der Erblasserin mit Datum vom 10. Januar 1997 unterzeichneten korrigierten „Satzung der …” als Anlage zum handschriftlichen Testament vom 10. Januar 1997 bestätigt (Bl. 66 d.A).

Die Erblasserin hatte zuvor zwei notarielle Testamente errichtet, und zwar eines vom 5. August 1998 (Bl. 10 der Testamentsakte 60 IV 275–277/99), in welchem die Beteiligte zu 1. als Alleinerbin eingesetzt ist und eines vom 24. Mai 1994, in welchem ebenfalls die Beteiligte zu 1. als Alleinerbin eingesetzt ist.

Die Beteiligte zu 2. hat mit Schreiben vom 23. Juni 1999 das Amt des Testamentsvollstreckers angenommen und zur Ur Nr. 109/1999 ihrer Verfahrensbevollmächtigen die Erteilung eines … Testamentsvollstreckerzeugnisses beantragt, welches antragsgemäß am 14. September 1999 erteilt wurde.

Die Beteiligte zu 1. hat die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie als gesetzliche Alleinerbin ausweist mit der Begründung, das handschriftliche Testament vom 10. Januar 1997 sei ungültig, da die Erbeinsetzung der Stiftung, deren Satzung in der maschinenschriftlichen Anlage zum Testament niedergelegt sei, nicht den Formerfordernissen des § 2247 Abs. 1 BGB entspreche.

Die Beteiligte zu 2. ist dem entgegengetreten mit der Begründung, die Errichtung der Stiftung sei in dem handschriftlichen Testament selbst erfolgt, die Anlage, die von der Erblasserin eigenhändig unterzeichnet ist, diene nur der Erläuterung und regele nur die Organisation und den Zweck der Stiftung; eine solche Bezugnahme sei zulässig.

Das Amtsgericht hat mit seinem Beschluss vom 14. September 1999 den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1. zurückgewiesen mit der Begründung, gesetzliche Erbfolge sei nicht eingetreten, da die Errichtung der Stiftung von Todes wegen … wirksam sei, da die Vermögenszuwendung handschriftlich erfolgt sei und der Stiftungszweck, der handschriftlich nicht erwähnt ist, sich aus der maschinenschriftlichen Anlage ergebe, auf die zur Auslegung und Ergänzung des Testamentes Bezug genommen werden könne.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1., die meint, die Gründung einer Stiftung von Todes wegen erfordere, dass das Stiftungsgeschäft, d.h. die Vermögenszuwendung und die Festlegung des ...

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