Leitsatz (amtlich)

1. Eine Standmitteilung Versicherers in der Kapitallebensversicherung mit Überschussbeteiligung (§ 155 VVG) enthält auch dann kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis, wenn in ihr ein "Garantiekapital", eine "garantierte Leistung aus der erreichten Überschussbeteiligung" und eine damit insgesamt "erreichte garantierte Leistung" mitgeteilt werden.

2. Die Standmitteilung enthält allerdings eine Wissenserklärung über die Höhe der bereits bestehenden, künftig fällig werdenden Schuld des Versicherers, so dass es dem Versicherer obliegt, die Richtigkeit seiner eigenen Angaben zu entkräften, wenn er auf Zahlung der Differenz zwischen der mitgeteilten garantierten Leistung und der tatsächlich erbrachten, niedrigeren Ablaufleistung in Anspruch genommen wird und behauptet, bei der Standmitteilung habe es sich um einen Irrtum gehandelt.

 

Normenkette

VVG § 155

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 16. Oktober 2015 - 23 O 10/15 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger hat nach Beendigung eines mit der Beklagten im Jahre 1995 abgeschlossenen Kapitallebensversicherungsvertrages zum 1. Juli 2014 mit seiner Klage eine über die von der Beklagten am 2. Juli 2014 erhaltene Zahlung von 183.695,48 Euro hinausgehende Ablaufleistung von weiteren 65.496,52 Euro nebst Zinsen und außergerichtlichen Kosten geltend gemacht. Es handelt sich dabei um die Differenz zu der Standmitteilung der Beklagten zum 1. Juli 2013, in der sie als Leistung bei Ablauf am 1. Juli 2014 ein "Garantiekapital" von 239.976,00 Euro und eine "garantierte Leistung aus der erreichten Überschussbeteiligung" von 9.216,00 Euro, insgesamt damit eine "erreichte garantierte Leistung" von 249.192,00 Euro auswies (Anlage K 3).

Das Landgericht hat einen Erfüllungsanspruch verneint und auch den hilfsweise geltend gemachten Schadenersatzanspruch abgewiesen, weil der Kläger nicht dargetan habe, dass ihm durch den Abruf der vertraglichen Leistung zum 1. Juli 2014, die er nach seiner Behauptung bei zutreffender Standmitteilung unterlassen hätte, kausale Schäden in Höhe der Klageforderung entstanden sind. Eine mit Schriftsatz vom 17.9.2015 nach der mündlichen Verhandlung vom 4.9.2015 im Wege der Klageerweiterung formulierte Auskunftsklage hat das Landgericht nicht mehr zugestellt und nicht mehr berücksichtigt.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes, der Anträge und der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter. Er rügt, entgegen dem angefochtenen Urteil handele es sich bei der hier erteilten Mitteilung um ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis. Die in § 155 VVG normierte Verpflichtung des Versicherers, jährlich Standmitteilungen zu versenden, diene gerade dazu, die subjektive Ungewissheit eines Versicherungsnehmers, der in einen jahrzehntelangen Versicherungsvertrag investiert, durch die Mitteilung über dessen Entwicklung und (Auszahlungs-)Stand zu beseitigen. Für die Beurteilung der Rechtsnatur komme es auf die jeweilige Formulierung der Informationen an. Hier habe der Kläger die ausdrückliche Formulierung "Garantiekapital" so verstehen dürfen, dass die Beklagte diese Summe garantieren, also versprechen will, zumal die Beklagte einen Hinweis auf vorbehaltene Irrtümer, denkbare Rechenfehler oder die Unverbindlichkeit nicht in das Formular aufgenommen habe. Es sei auch keineswegs "offenbar", dass es sich lediglich um eine Wissenserklärung handelte. Vielmehr habe der Kläger wie 95 % aller Versicherungsnehmer den Zahlen der Standmitteilung vertraut. Unabhängig davon schulde die Beklagte den geltend gemachten Betrag jedenfalls deshalb, weil sie angesichts der widersprüchlichen, fehlerhaften Standmitteilungen seit 2010 die Beweislast dafür trage, dass ihre eigene Berechnung der Auszahlungssumme korrekt war und sie weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt habe, wie sich diese Zahlung errechnet und zusammensetzt. Einen solchen Auskunftsanspruch habe er auch in diesem Verfahren. Eine Stufenklage sei hierfür entbehrlich. Er sei bereits erstinstanzlich der Richtigkeit der Auszahlungssumme mit Hinweis auf die Standmitteilungen und das Zeugnis des Generalvertreters ... der Beklagten entgegen getreten und habe damit hinreichend Beweis angeboten für die Richtigkeit der Klageforderung. Dieser habe ihm im Beratungsgespräch bestätigt, dass er mit dem Garantiekapital aus der Standmitteilung 2013 rechnen könne. Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 22.1.2016 (Bl. 87 ff. d. A.) verwiesen.

Der Kläger beantragt,

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