Leitsatz (amtlich)

1. Schulden mehrere Streitgenossen Gerichtskosten sowohl als Veranlassungsschuldner als auch als Entscheidungsschuldner, bleibt trotz einer Kostenverteilung durch gerichtliche Entscheidung die gesamtschuldnerische Veranlassungsschuldnerhaftung nach § 32 Abs. 1 Satz 1 HS 1 GKG bestehen.

2. In diesem Fall kann, selbst wenn im Verhältnis des einen Streitgenossen als Veranlassungsschuldner zum anderen Streitgenossen als Entscheidungsschuldner § 31 Abs. 2 Satz 1 GKG anwendbar sein sollte (trotz des Umstandes, dass beide Kostenschuldner auf derselben Seite des Rechtsstreits standen), diese Norm nicht eingreifen, weil im Verhältnis der beiden Kostenschuldner jeweils als Veranlassungsschuldner die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm nicht erfüllt sind.

 

Normenkette

GKG § 22 Abs. 1 S. 1, § 29 Nr. 1, § 31 Abs. 1, 2 S. 1, § 32 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Aktenzeichen 28 U 21/18)

 

Tenor

I. Die Erinnerung des Erinnerungsführers gegen die Mitschuldnerrechnung (Kostenansatz) vom 19.06.2020 (zum - eigenen - Kassenzeichen 1191509599015; Rechnungsdatum/Sollstellung 01.07.2020) wird zurückgewiesen.

II. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

A. Der Erinnerungsführer hat gegen ein ihn sowie die Beklagte zu 2., Frau ..., zur Herausgabe einer Wohnung verurteilendes Urteil des Landgerichts Berlin vom 20.09.2018 - 88 O 41/18 - mit beim Kammergericht am 23.10.2018 eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage gemeinsam mit der Beklagten zu 2. Berufung eingelegt. Das Kammergericht hat mit Urteil vom 05.06.2019 - 28 U 21/18 - die Berufung des Erinnerungsführers (und Beklagten zu 1.) und der Beklagten zu 2. zurückgewiesen und dem Erinnerungsführer und der Beklagten zu 2. die Kosten des Berufungsverfahrens nach Kopfteilen zu je 1/2 auferlegt.

In der Folge sind der Erinnerungsführer und die Beklagte zu 2. - Letztere zum Kassenzeichen 1191509599007 - von der Kosteneinziehungsstelle der Justiz auf der Grundlage der für ein Berufungsverfahren eine vierfache Gerichtsgebühr vorsehenden Nr. 1220 GKG-KV und eines vom Kammergericht für das Berufungsverfahren auf 98.000,- Euro festgesetzten Berufungswertes jeweils auf Zahlung der Hälfte der somit insgesamt anfallenden Gerichtskosten von 4.104,- Euro, also jeweils auf Zahlung von 2.052,- Euro, in Anspruch genommen worden.

Nach - jedenfalls zunächst - nicht möglicher Ermittlung der Anschrift der Beklagten zu 2. ist der Erinnerungsführer mit einer zu dem Kassenzeichen 1191509599007, also betreffend den Kostenansatz gegenüber der Beklagten zu 2., ergangenen Mitschuldnerrechnung (Kostenansatz) vom 19.06.2020, ihrerseits mit Rechnungsdatum vom 01.07.2020 zum Kassenzeichen 1191509599015 zum Soll gestellt, auf Zahlung in Höhe von 2.052,- Euro in Anspruch genommen worden. Hiergegen wendet er sich mit "Widerspruch" vom 15.07.2020, welchen er nach Rückfrage des Kostenbeamten vom 09.12.2020 mit Schreiben vom 23.12.2020 aufrechterhalten hat. Diesem Rechtsbehelf hat der Kostenbeamte nicht abgeholfen.

B. Die nach § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG zulässige Erinnerung - als welche der Widerspruch des Erinnerungsführers auszulegen ist - ist unbegründet.

1. In rechtlicher Hinsicht ist von Folgendem auszugehen:

a. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG schuldet in einem - in Bezug auf das Verfahren 88 O 41/18 = 28 U 21/18 vorliegenden - bürgerlichen Rechtsstreit derjenige die Gerichtskosten, der das Verfahren des betreffenden Rechtszugs beantragt hat. Im Falle einer Berufungseinlegung schuldet also der Berufungskläger die Gerichtskosten des Berufungsrechtszugs als sogenannter Veranlassungsschuldner. Daneben - und vorrangig nach § 31 Abs. 2 Satz 1 GKG - schuldet die Gerichtskosten eines bürgerlichen Rechtsstreits auch der sogenannte Entscheidungsschuldner nach § 29 Nr. 1 GKG.

Nach § 31 Abs. 1 GKG haften mehrere Kostenschuldner als Gesamtschuldner. Diese Vorschrift gilt etwa im Verhältnis von Veranlassungsschuldner und Entscheidungsschuldner (und Übernahmeschuldner nach § 29 Nr. 2 GKG), wobei nach der bereits zitierten Vorschrift des § 31 Abs. 2 Satz 1 GKG vorrangig der Entscheidungsschuldner (oder der Übernahmeschuldner) in Anspruch genommen werden "soll". Voraussetzung der Anwendung von § 31 GKG ist indes nach - soweit ersichtlich - allgemeiner Ansicht, dass die mehreren Kostenschuldner auf unterschiedlicher Parteiseite stehen; stehen sie auf derselben Parteiseite (und besteht Streitgenossenschaft), gilt allein § 32 GKG (Volpert in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., 2017, § 31 GKG Rdnrn. 5, 6; Dörndorfer in Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 4. Aufl., 2019, § 31 GKG Rdnr. 1; Semmelbeck in BeckOK, Kostenrecht, 31. Edition, Stand: 01.09.2020, § 31 Rdnr. 2 GKG; Hellstab in Oestreich/Hellstab/Trenkle, GKG, FamGKG, Stand Oktober 2020, § 31 GKG Rdnr. 4; Oestreich in Oestreich/Hellstab/Trenkle, a. a. O., § 32 GKG Rdnr. 1; BFH, Beschluss vom 12.12.2008 - IV E 1/08 - Rdnr. 15 nach juris [für § 31 Abs. 3 GKG]; so wohl auch Touissaint in Hartmann...

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