Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel. Wettbewerb. Kartelle. Gemeinschaftsmarkt für Flacherzeugnisse aus nichtrostendem Stahl. Entscheidung, mit der nach dem Auslaufen des EGKS-Vertrags auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 ein Verstoß gegen Art. 65 KS festgestellt wird. Zuständigkeit der Kommission. Grundsatz nulla poena sine lege und Grundsatz der Rechtskraft. Verteidigungsrechte. Zurechnung der Zuwiderhandlung. Haftungsübergang durch eine Erklärung. Verjährung. Zusammenarbeit im Verwaltungsverfahren

 

Beteiligte

ThyssenKrupp Nirosta (anciennement ThyssenKrupp Stainless) / Kommission

Europäische Kommission

ThyssenKrupp Nirosta GmbH, vormals ThyssenKrupp Stainless AG

 

Nachgehend

BVerfG (Nichtannahmebeschluss vom 19.07.2016; Aktenzeichen 2 BvR 2752/11)

BVerfG (Beschluss vom 30.08.2013; Aktenzeichen 2 BvR 2752/11)

 

Tenor

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die ThyssenKrupp Nirosta GmbH trägt die Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 2. September 2009,

ThyssenKrupp Nirosta GmbH, vormals ThyssenKrupp Stainless AG, mit Sitz in Duisburg (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt M. Klusmann und S. Thomas, Universitätsprofessor,

Rechtsmittelführerin,

andere Verfahrensbeteiligte:

Europäische Kommission, vertreten durch F. Castillo de la Torre und R. Sauer als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten A. Tizzano, J. N. Cunha Rodrigues, K. Lenaerts, J.-C. Bonichot, K. Schiemann, A. Arabadjiev (Berichterstatter) und J.-J. Kasel, der Richter E. Juhász, G. Arestis, A. Borg Barthet und T. von Danwitz sowie der Richterin C. Toader,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2010,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 26. Oktober 2010

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die ThyssenKrupp Nirosta GmbH, vormals ThyssenKrupp Stainless AG, die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 1. Juli 2009, ThyssenKrupp Stainless/Kommission (T-24/07, Slg. 2009, II-2309, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht sowohl ihren Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 20. Dezember 2006 in einem Verfahren nach Artikel 65 EGKS-Vertrag (Sache COMP/F/39.234 – Legierungszuschläge, Neuentscheidung) (im Folgenden: streitige Entscheidung) als auch ihren Hilfsantrag auf Herabsetzung der mit dieser Entscheidung gegen sie verhängten Geldbuße abgewiesen hat.

Rz. 2

Mit der streitigen Entscheidung stellte die Europäische Kommission fest, dass die Thyssen Stahl AG (im Folgenden: Thyssen Stahl) vom 16. Dezember 1993 bis zum 31. Dezember 1994 durch abgestimmte Änderung der Referenzwerte der Formel zur Berechnung des Legierungszuschlags und durch Anwendung dieser Änderung gegen Art. 65 § 1 KS verstoßen habe, und verhängte deshalb gegen die ThyssenKrupp Stainless AG eine Geldbuße in Höhe von 3 168 000 Euro.

I – Rechtlicher Rahmen

A – Bestimmungen des EGKS-Vertrags

Rz. 3

Art. 65 KS sah vor:

„§ 1 Verboten sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, alle Beschlüsse von Verbänden von Unternehmen und alle verabredeten Praktiken, die darauf abzielen würden, auf dem Gemeinsamen Markt unmittelbar oder mittelbar den normalen Wettbewerb zu verhindern, einzuschränken oder zu verfälschen, insbesondere

  1. die Preise festzusetzen oder zu bestimmen;
  2. die Erzeugung, die technische Entwicklung oder die Investitionen einzuschränken oder zu kontrollieren;
  3. die Märkte, Erzeugnisse, Abnehmer oder Versorgungsquellen aufzuteilen.

§ 4 Nach Paragraf 1 dieses Artikels untersagte Vereinbarungen oder Beschlüsse sind nichtig; eine Berufung auf sie ist vor keinem Gericht der Mitgliedstaaten zulässig.

Vorbehaltlich der bei dem Gerichtshof zu erhebenden Klagen ist die Kommission ausschließlich zuständig, darüber zu entscheiden, ob die genannten Vereinbarungen oder Beschlüsse mit den Bestimmungen dieses Artikels in Einklang stehen.

§ 5 Gegen Unternehmen, die eine nichtige Vereinbarung getroffen oder im Wege eines Schiedsverfahrens, einer Vertragsstrafe, des Boykotts oder irgendeines anderen Mittels eine Vereinbarung oder einen nichtigen Beschluss oder eine Vereinbarung, deren Genehmigung abgelehnt oder widerrufen worden ist, angewendet oder anzuwenden versucht haben, oder die Vergünstigung einer Genehmigung durch vorsätzlich falsche oder entstellte Auskünfte erlangen, oder zu den Bestimmungen des Paragrafen 1 im Widerspruch stehende Praktiken anwenden, kann die Kommission Geldbußen und Zwangsgelder festsetzen; der Höchstbetrag dieser Geldbußen und Zwangsgelder darf das Doppelte des Umsatzes nicht überschreiten, der in den Erzeugnissen erzielt worden ist, die Gegenstand der Vereinbarung, des Beschlusses oder der P...

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