Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel. Kartelle. Europäische Märkte für Zinn-, epoxidiertes Sojaöl- und Ester-Wärmestabilisatoren. Festsetzung von Preisen, Aufteilung der Märkte und Austausch wirtschaftlich sensibler Informationen. Anwendung der Obergrenze von 10 % des Umsatzes auf eine der Einheiten, aus denen das Unternehmen besteht. Nichtigerklärung des Beschlusses zur Änderung der Geldbuße, die in der Entscheidung festgesetzt wurde, mit der die Zuwiderhandlung ursprünglich festgestellt worden war. Geldbußen. Begriff des Unternehmens. Gesamtschuldnerische Haftung für die Zahlung der Geldbuße. Grundsatz der Gleichbehandlung. Zeitpunkt der Fälligkeit der Geldbuße im Fall einer Änderung

 

Beteiligte

Kommission/ GEA Group

Europäische Kommission

GEA Group AG

 

Tenor

1. Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 18. Oktober 2018, GEA Group/Kommission (T-640/16, EU:T:2018:700), wird aufgehoben.

2. Die Rechtssache T-640/16 wird an das Gericht der Europäischen Union zurückverwiesen.

3. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 27. Dezember 2018,

Europäische Kommission, zunächst vertreten durch T. Christoforou, P. Rossi und V. Bottka, dann durch P. Rossi und V. Bottka als Bevollmächtigte,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

GEA Group AG mit Sitz in Düsseldorf (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Wagner und I. du Mont,

Klägerin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev (Berichterstatter), des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Zweiten Kammer sowie der Richter A. Kumin, T. von Danwitz und P. G. Xuereb,

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: M. Longar, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. Februar 2020,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 4. Juni 2020

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Europäische Kommission die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 18. Oktober 2018, GEA Group/Kommission (T-640/16, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2018:700), mit dem das Gericht den Beschluss K(2016) 3920 endg. der Kommission vom 29. Juni 2016 zur Änderung der Entscheidung K(2009) 8682 endg. der Kommission vom 11. November 2009 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/38589 – Wärmestabilisatoren) (im Folgenden: streitiger Beschluss) für nichtig erklärt hat.

I. Rechtlicher Rahmen

Rz. 2

Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 [EG] des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) bestimmt:

„(2) Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen verhängen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig

  1. gegen Artikel 81 oder Artikel 82 [EG] verstoßen oder
  2. einer nach Artikel 8 erlassenen Entscheidung zur Anordnung einstweiliger Maßnahmen zuwiderhandeln oder
  3. durch Entscheidung gemäß Artikel 9 für bindend erklärte Verpflichtungszusagen nicht einhalten.

Die Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen oder jede beteiligte Unternehmensvereinigung darf 10 % seines bzw. ihres jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen.

Steht die Zuwiderhandlung einer Unternehmensvereinigung mit der Tätigkeit ihrer Mitglieder im Zusammenhang, so darf die Geldbuße 10 % der Summe der Gesamtumsätze derjenigen Mitglieder, die auf dem Markt tätig waren, auf dem sich die Zuwiderhandlung der Vereinigung auswirkte, nicht übersteigen.

(3) Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße ist sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen.”

Rz. 3

Art. 25 Abs. 5 der Verordnung lautet:

„Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährungsfrist von neuem. Die Verjährung tritt jedoch spätestens mit dem Tag ein, an dem die doppelte Verjährungsfrist verstrichen ist, ohne dass die Kommission eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld festgesetzt hat. Diese Frist verlängert sich um den Zeitraum, in dem die Verjährung gemäß Absatz 6 ruht.”

II. Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitiger Beschluss

Rz. 4

Die Vorgeschichte des Rechtsstreits ist in den Rn. 1 bis 23 des angefochtenen Urteils dargestellt worden und lässt sich wie folgt zusammenfassen.

Rz. 5

Die GEA Group AG (im Folgenden: GEA) ist 2005 aus der Fusion der Metallgesellschaft AG (im Folgenden: MG) und einer anderen Gesellschaft hervorgegangen. MG war die Dachgesellschaft, die vor 2000 unmittelbar oder durch Tochterunternehmen die Chemson Gesellschaft für Polymer-Additive mbH (im Folgenden: OCG) und die Polymer-Additive Produktions- und Vertriebs GmbH (im Folgenden: OCA) hielt.

Rz. 6

Am 17. Mai 2000 veräußerte MG die OCG, die in Aache...

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