Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Humanarzneimittel. Behandlung des Humanen Immundefizienz-Virus (HIV). Originalpräparate und Generika. Ergänzendes Schutzzertifikat. Voraussetzungen für die Erteilung. Begriff des durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützten Erzeugnisses. Beurteilungskriterien

 

Normenkette

Verordnung (EG) Nr. 469/2009 Art. 3 Buchst. a

 

Beteiligte

Teva UK u.a

Accord Healthcare Ltd

Teva UK Ltd

Lupin Ltd

Lupin (Europe) Ltd

Generics (UK) Ltd, handelnd unter der Firma „Mylan”

Gilead Sciences Inc

 

Tenor

Art. 3 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 469/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel ist dahin auszulegen, dass ein aus mehreren Wirkstoffen mit kombinierter Wirkung bestehendes Erzeugnis im Sinne dieser Bestimmung „durch ein in Kraft befindliches Grundpatent geschützt” ist, wenn sich die Ansprüche des Grundpatents notwendigerweise und spezifisch auf die Kombination der Wirkstoffe, aus denen das Erzeugnis besteht, beziehen, auch wenn sie darin nicht ausdrücklich erwähnt wird. Dabei muss aus der Sicht des Fachmanns nach dem Stand der Technik bei der Einreichung oder am Prioritätstag des Grundpatents

  • die Kombination der Wirkstoffe im Licht der Beschreibung und der Zeichnungen des Patents notwendigerweise von der durch das Patent geschützten Erfindung erfasst sein und
  • jeder der Wirkstoffe im Licht aller durch das Patent offengelegten Angaben spezifisch identifizierbar sein.
 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division (Patents Court) (Hoher Gerichtshof [England und Wales], Abteilung Chancery [Patentgericht], Vereinigtes Königreich), mit Entscheidung vom 23. Februar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 8. März 2017, in dem Verfahren

Teva UK Ltd,

Accord Healthcare Ltd,

Lupin Ltd,

Lupin (Europe) Ltd,

Generics (UK) Ltd, handelnd unter der Firma „Mylan”,

gegen

Gilead Sciences Inc.

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten A. Tizzano, der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten M. Ilešič, J. L. da Cruz Vilaça, C. G. Fernlund und C. Vajda, der Richter J.-C. Bonichot und A. Arabadjiev, der Richterin C. Toader, der Richter M. Safjan und S. Rodin sowie der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin),

Generalanwalt: M. Wathelet,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. Februar 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Teva UK Ltd, vertreten durch D. Alexander, QC, sowie S. Carter und L. Lane, Barristers, beauftragt von C. Tunstall, Solicitor,
  • der Accord Healthcare Ltd, vertreten durch D. Alexander, QC, und K. Pickard, Barrister, beauftragt von S. Ma, Solicitor,
  • der Lupin (Europe) Ltd und Lupin Ltd, vertreten durch D. Alexander, QC, und J. Riordan, Barrister, beauftragt von D. Rose, Solicitor,
  • der Generics (UK) Ltd, handelnd unter der Firma „Mylan”, vertreten durch D. Alexander, QC, und J. Delaney, Barrister, beauftragt von M. Royle, Solicitor,
  • der Gilead Sciences Inc., vertreten durch T. Mitcheson, QC, und J. Whyte, Barrister, beauftragt von S. Moore, Solicitor,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch G. Brown als Bevollmächtigte im Beistand von N. Saunders, Barrister,
  • der hellenischen Regierung, vertreten durch M. Tassopoulou, D. Tsagkaraki und S. Papaioannou als Bevollmächtigte,
  • der lettischen Regierung, vertreten durch I. Kucina als Bevollmächtigte,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. K. Bulterman und M. Gijzen als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch É. Gippini Fournier und J. Samnadda als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 25. April 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 469/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel (ABl. 2009, L 152, S. 1).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Teva UK Ltd, der Accord Healthcare Ltd, der Lupin Ltd, der Lupin (Europe) Ltd sowie der Generics (UK) Ltd, handelnd unter der Firma „Mylan”, einerseits und der Gilead Sciences Inc. (im Folgenden: Gilead) andererseits über die Gültigkeit eines ergänzenden Schutzzertifikats (im Folgenden: ESZ), das Gilead für ein pharmazeutisches Erzeugnis zur Behandlung des Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) erteilt wurde.

Rechtlicher Rahmen

Europäisches Patentübereinkommen

Rz. 3

Art. 69 „Schutzbereich”) des am 5. Oktober 1973 in München unterzeichneten Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente sieht in der auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung (im Folgenden: EPÜ) vor:

„(1) Der Schutzbereich des europäischen Patents...

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