Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Gerichtliche Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen. Anwendungsbereich. Konkurse, Vergleiche und ähnliche Verfahren. Ausschluss. Klage auf Feststellung des Bestehens einer Forderung zum Zweck ihrer Anmeldung in einem Insolvenzverfahren. Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000. Art. 41. Inhalt einer Forderungsanmeldung. Hauptinsolvenzverfahren und Sekundärinsolvenzverfahren. Anhängigkeit und im Zusammenhang stehende Verfahren. Entsprechende Anwendung von Art. 29 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012. Unzulässigkeit

 

Normenkette

Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 Art. 1 Abs. 2 Buchst. b; EGV Nr. 1346/2000, Art. 41; Verordnung Nr. 1215/2012 Art. 29 Abs. 1

 

Beteiligte

Riel

Skarb Państwa Rzeczypospolitej Polskiej – Generalny Dyrektor Dróg Krajowych i Autostrad

Stephan Riel

 

Tenor

1. Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass eine Klage wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende auf Feststellung des Bestehens einer Forderung zum Zweck ihrer Anmeldung in einem Insolvenzverfahren vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgeschlossen ist.

2. Art. 29 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 ist dahin auszulegen, dass er auf eine Klage wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgeschlossen ist, aber in den der Verordnung Nr. 1346/2000 fällt, auch nicht entsprechend anwendbar ist.

3. Art. 41 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren ist dahin auszulegen, dass ein Gläubiger in einem Insolvenzverfahren eine Forderung ohne förmliche Mitteilung ihres Entstehungszeitpunkts anmelden kann, wenn das Recht des Mitgliedstaats, in dem das Verfahren eröffnet worden ist, nicht zur Mitteilung dieses Zeitpunkts verpflichtet und er ohne besondere Schwierigkeit aus den in Art. 41 genannten Belegen abgeleitet werden kann, was zu beurteilen Sache der zuständigen Stelle ist, die mit der Prüfung der Forderungen betraut ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Oberlandesgericht Wien (Österreich) mit Entscheidung vom 17. Januar 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 26. Januar 2018, in dem Verfahren

Skarb Państwa Rzeczypospolitej Polskiej – Generalny Dyrektor Dróg Krajowych i Autostrad

gegen

Stephan Riel als Insolvenzverwalter der Alpine Bau GmbH

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Vizepräsidentin des Gerichtshofs R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin), der Richterin C. Toader sowie der Richter A. Rosas und M. Safjan,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • des Skarb Państwa Rzeczypospolitej Polskiej – Generalny Dyrektor Dróg Krajowych i Autostrad, vertreten durch Rechtsanwalt A. Freytag,
  • von Rechtsanwalt S. Riel als Insolvenzverwalter der Alpine Bau GmbH,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch M. Sampol Pucurull als Bevollmächtigten,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Heller und M. Wilderspin als Bevollmächtigte,
  • der schweizerischen Regierung, vertreten durch M. Schöll als Bevollmächtigten,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 4. April 2019

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. b und Art. 29 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1) und von Art. 41 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (ABl. 2000, L 160, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits, in dem sich der Skarb Państwa Rzeczypospolitej Polskiej – Generalny Dyrektor Dróg Krajowych i Autostrad (Staatskasse der Republik Polen – Nationaler Direktor für Landesstraßen und Autobahnen) und Herr Stephan Riel als Insolvenzverwalter in dem in Österreich eröffneten Hauptinsolvenzverfahren über das Vermögen der Alpine Bau GmbH wegen einer Prüfungsklage gegenüberstehen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Verordnung Nr. 1215/2012

Rz. 3

In Art. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 heißt es:

„(1) Diese Verordnung ist in Zivil- und Handelssachen anzuwenden, ohne dass es auf die Art der Gerichtsbarkeit ankommt. Sie gilt insbesondere nicht für Steuer- und Zollsachen sowie verwaltungsrechtliche Angelegenheiten oder die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte (acta jure imperii).

(2) Sie ist nicht anzuwenden auf:

b) Konkurse,...

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