Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel. Wettbewerb. Kartelle. Ethanolmarkt. Nachprüfungsbeschluss. Ablauf der Nachprüfung. Vertraulichkeit des Schriftwechsels zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten. Weigerung, die Untersuchungsmaßnahmen auszusetzen. Nichtigkeitsklage. Zulässigkeit. Vorbereitender Beschluss

 

Normenkette

EGV Nr. 1/2003 Art. 20 Abs. 4

 

Beteiligte

Alcogroup und Alcodis / Kommission

Alcogroup SA

Alcodis SA

Europäische Kommission

 

Tenor

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die Alcogroup SA und die Alcodis SA tragen die Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 14. Juni 2018,

Alcogroup SA,

Alcodis SA

mit Sitz in Brüssel (Belgien), vertreten durch P. de Bandt, J. Dewispelaere und J. Probst, avocats,

Rechtsmittelführerinnen,

andere Parteien des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch T. Christoforou, V. Bottka, C. Giolito und F. Jimeno Fernández als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

Orde van Vlaamse Balies mit Sitz in Brüssel, vertreten durch F. Wijckmans und S. De Keer, advocaten, sowie durch S. Engelen, avocat,

Ordre des barreaux francophones et germanophone,

Ordre français des avocats du barreau de Bruxelles

mit Sitz in Brüssel, vertreten durch T. Bontinck, A. Guillerme und P. Goffinet, avocats,

Streithelfer im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin L. S. Rossi (Berichterstatterin) sowie der Richter J. Malenovský und F. Biltgen,

Generalanwalt: P. Pikamäe,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrem Rechtsmittel beantragen die Alcogroup SA und die Alcodis SA die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 10. April 2018, Alcogroup und Alcodis/Kommission (T-274/15, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2018:179), mit dem dieses ihre Klage auf Nichtigerklärung zum einen des Beschlusses C(2015) 1769 final der Kommission vom 12. März 2015, gerichtet an Alcogroup sowie an alle Unternehmen, die sie unmittelbar oder mittelbar kontrolliert, darunter Alcodis, in einem Verfahren nach Art. 20 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates (AT.40244 – Bioethanol) (im Folgenden: zweiter Nachprüfungsbeschluss) und zum anderen des Schreibens der Kommission vom 8. Mai 2015, gerichtet an Alcogroup im Rahmen der Untersuchungen AT.40244 – Bioethanol und AT.40054 – Oil and Biofuel Markets (im Folgenden: Schreiben vom 8. Mai 2015) als unzulässig abgewiesen hat.

I. Rechtlicher Rahmen

Rz. 2

Art. 20 „Nachprüfungsbefugnisse der Kommission”) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) bestimmt in den Abs. 1 bis 4:

„(1) Die Kommission kann zur Erfüllung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben bei Unternehmen und Unternehmensvereinigungen alle erforderlichen Nachprüfungen vornehmen.

(4) Die Unternehmen und Unternehmensvereinigungen sind verpflichtet, die Nachprüfungen zu dulden, die die Kommission durch Entscheidung angeordnet hat. Die Entscheidung bezeichnet den Gegenstand und den Zweck der Nachprüfung, bestimmt den Zeitpunkt des Beginns der Nachprüfung und weist auf die in Artikel 23 und Artikel 24 vorgesehenen Sanktionen sowie auf das Recht hin, vor dem Gerichtshof Klage gegen die Entscheidung zu erheben. …”

II. Vorgeschichte des Rechtsstreits

Rz. 3

Das Gericht hat den dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhalt in den Rn. 1 bis 27 des angefochtenen Urteils wie folgt festgestellt:

„1 Die [Rechtsmittelführerinnen], Alcogroup und ihre Tochtergesellschaft Alcodis, sind in der Herstellung, Verarbeitung und Vermarktung von Ethanol tätig, das zum einen als Zusatzstoff bei der Herstellung fossiler Brennstoffe oder selbst als Brennstoff und zum anderen als traditioneller Inhaltsstoff z. B. in der Erzeugung von Getränken und der Herstellung pharmazeutischer, chemischer und kosmetischer Erzeugnisse verwendet wird.

Erste Untersuchung und erste Nachprüfung

2 Infolge einer im März 2013 eingelegten Beschwerde führte die Europäische Kommission im Mai 2013 in den Räumlichkeiten der Platts (U.K.) Ltd sowie in den Räumlichkeiten einiger anderer Unternehmen, die in den Bereichen Rohöl, raffinierte Erdölerzeugnisse und Biokraftstoffe tätig sind, Nachprüfungen durch. Platts (U.K.) ist ein Unternehmen, das eine Methode zur Bewertung der Ethanolpreise unter der Bezeichnung „market-on-close” entwickelt hat und der Öffentlichkeit zugänglich macht. Diese Nachprüfungen wurden im Rahmen einer Untersuchung der Kommission durchgeführt, die sowohl die Funktionsweise dieser Methode als auch etwaige auf die Manipulation dieser Methode gerichtete Kollusionen zwischen Unternehmen betraf (im Folgenden: erst...

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