Entscheidungsstichwort (Thema)

Verordnung (EG) Nr. 110/2008. Geografische Angaben für Spirituosen. Zeitliche Anwendbarkeit. Marke, die eine geografische Angabe enthält. Verwendung, die zu einem Tatbestand führt, der die geografische Angabe beeinträchtigen kann. Ablehnung der Eintragung oder Löschung einer solchen Marke. Unmittelbare Anwendbarkeit einer Verordnung

 

Beteiligte

Bureau National Interprofessionnel du Cognac

Bureau National Interprofessionnel du Cognac

 

Tenor

1. Die Verordnung (EG) Nr. 110/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 des Rates ist bei der Prüfung der Gültigkeit der Eintragung einer Marke, die eine nach dieser Verordnung geschützte geografische Angabe enthält, anwendbar, wenn die Eintragung vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung erfolgt ist.

2. Die Art. 23 und 16 der Verordnung Nr. 110/2008 sind dahin auszulegen, dass

  • die zuständigen nationalen Behörden auf der Grundlage des Art. 23 Abs. 1 dieser Verordnung die Eintragung einer Marke, die eine geschützte geografische Angabe enthält und nicht unter die in Art. 23 Abs. 2 vorgesehene zeitliche Ausnahme fällt, ablehnen oder löschen müssen, wenn die Verwendung dieser Marke zu einem der in Art. 16 der Verordnung genannten Tatbestände führt;
  • eine Fallgestaltung wie sie in der zweiten Frage angesprochen ist, nämlich die der Eintragung einer Marke, die eine geografische Angabe oder aber diese Angabe als Gattungsbezeichnung in einer Übersetzung enthält, für Spirituosen, die den für diese Angabe geltenden Spezifikationen nicht entsprechen, unter die in Art. 16 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 110/2008 genannten Tatbestände fällt, ungeachtet der möglichen Anwendbarkeit anderer in Art. 16 aufgestellter Regeln.
 

Tatbestand

In den verbundenen Rechtssachen

betreffend die Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Korkein hallinto-oikeus (Finnland) mit Entscheidungen vom 31. Dezember 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 5. Januar und am 18. Januar 2010, in den Verfahren

Bureau national interprofessionnel du Cognac,

Beteiligte:

Gust. Ranin Oy,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter M. Ilešič, E. Levits und M. Safjan sowie der Richterin M. Berger (Berichterstatterin),

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • des Bureau national interprofessionnel du Cognac, vertreten durch P. Siitonen, asianajaja,
  • der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und B. Cabouat als Bevollmächtigte,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von S. Fiorentino, avvocato dello Stato,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes als Bevollmächtigten,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Ossowski als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch E. Paasivirta, F. Bulst und M. Vollkommer als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssachen zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Art. 16 und 23 der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 des Rates (ABl. L 39, S. 16, und Berichtigung ABl. 2009, L 228, S. 47) sowie der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1).

Rz. 2

Diese Ersuchen ergehen im Rahmen eines Rechtsstreits, den das Bureau national interprofessionnel du Cognac (im Folgenden: BNIC) bezüglich der vom Patentti- ja rekisterihallitus (zentrales Patent- und Registeramt) in Finnland vorgenommenen Eintragung zweier Bildmarken für Spirituosen eingeleitet hat.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Verordnung Nr. 110/2008

Rz. 3

Nach Satz 2 des 14. Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 110/2008 „[sollten] [d]ie geografischen Angaben … in ein Verzeichnis eingetragen werden, bei dem die Spirituosen als Erzeugnis eines Staates, einer Region oder eines Orts in dem Hoheitsgebiet gekennzeichnet werden, wobei eine bestimmte Qualität, ein bestimmter Ruf oder andere Merkmale der Spirituose im Wesentlichen ihrem geografischen Ursprung zugeordnet werden können”.

Rz. 4

Art. 14 dieser Verordnung, der die bei der Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen verwendeten Sprachen betrifft, sieht in Abs. 2 vor:

„… die in Anhang III eingetragenen geografischen Angaben werden weder auf dem Etikett noch in der Aufm...

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