Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Humanarzneimittel. Ergänzendes Schutzzertifikat. Voraussetzungen für die Erlangung des Zertifikats. Arzneimittel, die teilweise oder insgesamt denselben Wirkstoff enthalten. Sukzessives Inverkehrbringen. Kombination von Wirkstoffen. Vorheriges Inverkehrbringen eines Wirkstoffs in Form eines Monopräparats. Voraussetzungen für die Erlangung mehrerer Zertifikate auf der Grundlage ein und desselben Patents. Änderung der Wirkstoffe eines Grundpatents

 

Normenkette

Verordnung (EG) Nr. 469/2009 Art. 3

 

Beteiligte

Actavis Group PTC und Actavis UK

Actavis Group PTC EHF

Actavis UK Ltd

Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG

 

Tenor

Art. 3 Buchst. a und c der Verordnung (EG) Nr. 469/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel ist dahin auszulegen, dass es nach dieser Bestimmung in einem Fall, in dem ein Grundpatent einen Anspruch auf ein Erzeugnis mit einem den alleinigen Gegenstand der Erfindung bildenden Wirkstoff umfasst, für das dem Patentinhaber bereits ein ergänzendes Schutzzertifikat erteilt wurde, sowie einen weiteren Anspruch auf ein Erzeugnis, das diesen Wirkstoff mit einem anderen Stoff kombiniert, unzulässig ist, dem Patentinhaber für diese Kombination ein zweites ergänzendes Schutzzertifikat zu erteilen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division (Patents Court) (Vereinigtes Königreich), mit Entscheidung vom 31. Oktober 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 14. November 2013, in dem Verfahren

Actavis Group PTC EHF,

Actavis UK Ltd

gegen

Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) und des Richters C. G. Fernlund,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 1. Dezember 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Actavis Group PTC EHF und der Actavis UK Ltd, vertreten durch R. Meade, QC, I. Jamal, Barrister, und M. Hilton, Solicitor,
  • der Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG, vertreten durch T. Mitcheson, QC, und N. Dagg, Solicitor,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch N. Saunders, Barrister,
  • der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas, S. Menez und S. Ghiandoni als Bevollmächtigte,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, A. P. Antunes und I. Vieira Lopes als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch F. W. Bulst und J. Samnadda als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 3 und 13 der Verordnung (EG) Nr. 469/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel (ABl. L 152, S. 1).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Actavis Group PTC EHF und der Actavis UK Ltd (im Folgenden zusammen: Actavis) auf der einen Seite und der Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG (im Folgenden: Boehringer) auf der anderen Seite über die Gültigkeit des ergänzenden Schutzzertifikats, das Boehringer für das Arzneimittel MicardisPlus erteilt wurde.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 4, 5, 9 und 10 der Verordnung Nr. 469/2009 lauten:

„(4) Derzeit wird durch den Zeitraum zwischen der Einreichung einer Patentanmeldung für ein neues Arzneimittel und der Genehmigung für das Inverkehrbringen desselben Arzneimittels der tatsächliche Patentschutz auf eine Laufzeit verringert, die für die Amortisierung der in der Forschung vorgenommenen Investitionen unzureichend ist.

(5) Diese Tatsache führt zu einem unzureichenden Schutz, der nachteilige Auswirkungen auf die pharmazeutische Forschung hat.

(9) Die Dauer des durch das Zertifikat gewährten Schutzes sollte so festgelegt werden, dass dadurch ein ausreichender tatsächlicher Schutz erreicht wird. Hierzu müssen demjenigen, der gleichzeitig Inhaber eines Patents und eines Zertifikats ist, insgesamt höchstens fünfzehn Jahre Ausschließlichkeit ab der ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen des betreffenden Arzneimittels in der Gemeinschaft eingeräumt werden.

(10) In einem so komplexen und empfindlichen Bereich wie dem pharmazeutischen Sektor sollten jedoch alle auf dem Spiel stehenden Interessen einschließlich der Volksgesundheit berücksichtigt werden. Deshalb kann das Zertifikat nicht für mehr als fünf Jahre erteilt werden. Der von ihm gewährte Schutz sollte im Übrigen streng auf das Erzeugnis beschränkt sein, für das die Genehmigung für das Inverkehrbringen als Arzneimittel erteilt wurde.”

Rz. 4

Art. 1 („Definitionen”) dieser V...

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