Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Straßenverkehr. Haftung des Fahrers für Verstöße gegen die Pflicht zur Nutzung eines Fahrtenschreibers

 

Normenkette

Verordnung (EG) Nr. 561/2006

 

Beteiligte

Eurospeed

Eurospeed Ltd

Szegedi Törvényszék

 

Tenor

Die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Rechtsvorschrift nicht entgegensteht, die anstelle oder zusätzlich zu dem Verkehrsunternehmen, bei dem der Fahrer angestellt ist, Letzterem die Haftung für von ihm selbst gegen diese Verordnung begangene Verstöße auferlegt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Gyulai törvényszék (Gericht von Gyula, Ungarn) mit Entscheidung vom 4. Juni 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Juni 2014, in dem Verfahren

Eurospeed Ltd

gegen

Szegedi Törvényszék

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Richters E. Levits in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Sechsten Kammer, der Richterin M. Berger (Berichterstatterin) und des Richters S. Rodin,

Generalanwalt: Y. Bot

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Eurospeed Ltd, vertreten durch D. Irinkov, ügyvéd,
  • der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér, G. Szima und M. Bóra als Bevollmächtigte,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. Galluzzo, avvocato dello Stato,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Havas und J. Hottiaux als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Grundsatzes der Haftung der Mitgliedstaaten für Schäden, die dem Einzelnen durch einen Verstoß gegen das Unionsrecht entstanden sind, sowie von Art. 10 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates (ABl. 2006, L 102, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Eurospeed Ltd und dem Szegedi törvényszék (Gericht von Szeged, Ungarn) über den Ersatz des Schadens, der aufgrund einer von diesem Gericht gegen drei Mitarbeiter von Eurospeed, die in deren Rechte eingetreten ist, zur Ahndung von Verstößen gegen die Verpflichtung aus der Verordnung Nr. 561/2006 verhängten Geldbuße entstanden ist.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 17, 27 und 31 der Verordnung Nr. 561/2006 lauten:

„(17) Mit dieser Verordnung sollen die sozialen Bedingungen für die von ihr erfassten Arbeitnehmer sowie die allgemeine Straßenverkehrssicherheit verbessert werden. Dazu dienen insbesondere die Bestimmungen über die maximale Lenkzeit pro Tag, pro Woche und pro Zeitraum von zwei aufeinander folgenden Wochen, die Bestimmung über die Verpflichtung der Fahrer, mindestens einmal in jedem Zeitraum von zwei aufeinander folgenden Wochen eine regelmäßige wöchentliche Ruhezeit zu nehmen, und die Bestimmungen, wonach eine tägliche Ruhezeit unter keinen Umständen einen ununterbrochenen Zeitraum von neun Stunden unterschreiten sollte. Da diese Bestimmungen angemessene Ruhepausen garantieren, ist unter Berücksichtigung der Erfahrungen mit der praktischen Durchführung in den vergangenen Jahren ein Ausgleichssystem für reduzierte tägliche Ruhezeiten nicht mehr notwendig.

(27) Im Interesse einer klaren und wirksamen Durchsetzung dieser Verordnung sind einheitliche Bestimmungen über die Haftung von Verkehrsunternehmen und Fahrern bei Verstößen gegen diese Verordnung wünschenswert. Diese Haftung kann in den Mitgliedstaaten gegebenenfalls strafrechtliche, zivilrechtliche oder verwaltungsrechtliche Sanktionen zur Folge haben.

(31) Die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 [des Rates vom 20. Dezember 1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr (ABl. 1985, L 370, S. 8)] sollte geändert werden, um die besonderen Verpflichtungen der Verkehrsunternehmen und der Fahrer klar herauszustellen sowie um die Rechtssicherheit zu fördern und die Durchsetzung der maximalen Lenk- und Ruhezeiten durch Straßenkontrollen zu erleichtern.”

Rz. 4

Art. 9 Abs. 2 der Verordnung Nr. 561/2006 bestimmt:

„Die von einem Fahrer verbrachte Zeit, um zu einem in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallenden Fahrzeug, das sich nicht am Wohnsitz des Fahrers oder der Betriebsstätte des Arbeitgebers, dem der Fahrer normalerweise zugeordnet ist, befindet, anzureisen oder von diesem zu...

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