Entscheidungsstichwort (Thema)

Staatliche Beihilfen. Artikel 88 Absatz 3 Satz 3 EG. Teilweise Vergütung von Energieabgaben. Unterbliebene Anmeldung der Beihilfe. Entscheidung der Kommission. Feststellung der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum. Auswirkung auf die Vergütungsanträge der Unternehmen, die nicht in den Genuss der Beihilfemaßnahme kamen. Befugnisse der nationalen Gerichte

 

Beteiligte

Transalpine Ölleitung in Österreich

Transalpine Ölleitung in Österreich GmbH

Planai-Hochwurzen-Bahnen GmbH

Gerlitzen-Kanzelbahn-Touristik GmbH & Co. KG

Finanzlandesdirektion für Steiermark

Finanzlandesdirektion für Tirol

Finanzlandesdirektion für Kärnten

 

Tenor

Artikel 88 Absatz 3 Satz 3 EG ist dahin auszulegen, dass es Sache der nationalen Gerichte ist, die Rechte des Einzelnen dagegen zu schützen, dass staatliche Stellen das Verbot der Durchführung der Beihilfen vor dem Erlass einer Entscheidung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, mit der diese genehmigt werden, verletzen. Hierbei müssen sie das Gemeinschaftsinteresse voll berücksichtigen und dürfen keine Maßnahme treffen, die lediglich zu einer Ausweitung des Kreises der Beihilfeempfänger führen würde.

Da eine Entscheidung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, mit der eine nicht angemeldete Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt wird, nicht die Heilung der unter Verstoß gegen das Verbot des Artikels 88 Absatz 3 Satz 3 EG ergangenen und deshalb ungültigen Durchführungsmaßnahmen zur Folge hat, ist es unerheblich, ob ein Antrag vor oder nach dem Erlass der Entscheidung, mit der die Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt wird, gestellt wird, da dieser Antrag die rechtswidrige Situation betrifft, die sich aus der unterbliebenen Anmeldung ergibt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Verwaltungsgerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 12. August 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 24. August 2004, in dem Verfahren

Transalpine Ölleitung in Österreich GmbH,

Planai-Hochwurzen-Bahnen GmbH,

Gerlitzen-Kanzelbahn-Touristik GmbH & Co. KG

gegen

Finanzlandesdirektion für Tirol,

Finanzlandesdirektion für Steiermark,

Finanzlandesdirektion für Kärnten

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas (Berichterstatter) sowie der Richter J. Malenovský, S. von Bahr, A. Borg Barthet und U. Lõhmus,

Generalanwalt: F. G. Jacobs,

Kanzler: K. Sztranc-Slawiczek, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. September 2005,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Transalpine Ölleitung in Österreich GmbH und Planai-Hochwurzen-Bahnen GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt W. Arnold,
  • der Republik Österreich, vertreten durch H. Dossi als Bevollmächtigten,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch V. Kreuschitz und V. Di Bucci als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 29. November 2005

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Artikels 88 Absatz 3 Satz 3 EG.

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen von drei Rechtsstreitigkeiten zwischen erstens der Transalpine Ölleitung in Österreich GmbH (im Folgenden: TAL) und der Finanzlandesdirektion für Tirol, zweitens der Planai-Hochwurzen-Bahnen GmbH (im Folgenden: Planai) und der Finanzlandesdirektion für Steiermark sowie drittens der Gerlitzen-Kanzelbahn-Touristik GmbH & Co. KG (im Folgenden: Gerlitzen) und der Finanzlandesdirektion für Kärnten über die Vergütung von Energieabgaben.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3 Artikel 88 Absatz 3 EG bestimmt:

„Die Kommission wird von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen so rechtzeitig unterrichtet, dass sie sich dazu äußern kann. Ist sie der Auffassung, dass ein derartiges Vorhaben nach Artikel 87 mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, so leitet sie unverzüglich das in Absatz 2 vorgesehene Verfahren ein. Der betreffende Mitgliedstaat darf die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat.”

4 Die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88 EG] (ABl. L 83, S. 1) kodifiziert die von der Kommission entsprechend der Rechtsprechung des Gerichtshofes entwickelte Praxis auf dem Gebiet der Prüfung staatlicher Beihilfen. Gemäß ihrem Artikel 30 ist diese Verordnung am 16. April 1999 in Kraft getreten.

5 Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung Nr. 659/1999 lautet:

„In Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern … Die Kommission verlangt nicht die Rückforderung der Beihilfe, wenn dies gegen einen allgemeinen Grundsatz des Gemein...

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