Entscheidungsstichwort (Thema)

Ehegattenunterhalt: Abänderung eines Vergleichs über Trennungsunterhalt; Erwerbsobliegenheit nach längerer Berufspause; Geltendmachung und Ermittlung von Altersvorsorgeunterhalt; berücksichtigungsfähige Vereinbarung von Altersteilzeit; Haftungsverschärfung des Unterhaltsgläubigers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Abänderung eines Vergleichs (§ 239 FamFG) ist nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) zu beurteilen und eine Anpassung hat unter größtmöglicher Wahrung der vertraglichen Maßstäbe und Wertungen zu erfolgen. Hierbei ist der geänderte Unterhaltsanspruch unter Einarbeitung der geänderten Elemente anhand des bisherigen Rechenweges und unter Beibehaltung der unveränderten Elemente zu ermitteln (vgl. BGH FamRZ 2017, 370 m.w.N.).

2. Die Erwerbsobliegenheit eines unterhaltsberechtigten Ehegatten kann sich unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe bei Geburt und Kindererziehung mit einer erheblichen Berufspause zunächst auf längere Fortbildungen zum Wiedereinstieg in den gelernten Beruf richten (hier anderthalb Jahre für eine Erzieherin bei vieljähriger Berufspause).

3. Ohne eine vergleichsvertragliche Bindung an die Höhe eines Unterhaltsanspruchs kann der Abänderungsgegner im Änderungsverfahren auch erstmals Vorsorgeunterhalt beanspruchen. Hierbei muss er noch keine konkreten Angaben über Art und Weise der beabsichtigten Vorsorge machen, sondern kann sich auf die Angabe des Verwendungszweckes und des insoweit geltend gemachten Betrages beschränken (vgl. Wendl/Gutdeutsch Un-terhaltsR, 10. Aufl., § 4 Rn. 864, 865 m.w.N.). Insoweit ist indessen nur der geltend gemachte Gesamtunterhaltsbetrag für das Gericht bindend (§ 308 ZPO), nicht aber die beanspruchte Aufteilung in Elementar- und Vorsorgeunterhalt. Der Vorsorgeunterhalt ist Bestandteil eines einheitlichen Unterhaltsanspruchs, der allerdings wegen unterschiedlicher Zweckbindungen nach einer gesonderten Geltendmachung im Beschluss eigens zu beziffern ist (vgl. Senat., Beschluss vom 05. Oktober 2018 - 13 UF 59/18 -, Rn. 38 m.w.N., juris).

4. Bei mehrstufiger Berechnung des Altersvorsorgeunterhalt haben zur Ermittlung des vorläufigen Elementarunterhaltes diejenigen Einkommensbestandteile des Unterhaltsgläubigers, die keiner sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gleichstehen, sondern ihrer Art nach selbst schon als Altersvorsorge geeignet sind, wie etwa ein Wohnvorteil, als Anknüpfung für eine Altersvorsorge außer Betracht zu bleiben; sie sind deshalb auf der ersten Berechnungsstufe noch nicht bei der Bedarfsermittlung, sondern erst bei der Bedarfsdeckung zu berücksichtigen und erst in der dritten Berechnungsstufe auch zur Bedarfsermittlung heranzuziehen (vgl. Senat, Beschluss vom 26. April 2016 - 13 UF 1/13 -, Rn. 118 - 120 m.w.N., juris).

5. Die einem Entreicherungseinwand (§ 818 Abs. 3 BGB) entgegenstehende Haftungsverschärfung nach § 241 FamFG setzt, anders als nach § 818 Abs. 4 BGB, nicht erst mit Rechtshängigkeit des Rückforderungsverfahrens ein, sondern bereits mit Rechtshängigkeit eines Abänderungsverfahrens nach § 239 FamFG (vgl. Wendl/Siebert UnterhaltsR, 10. Aufl., § 6 Rn. 215 m.w.N.).

6. Zur Berücksichtigungsfähigkeit von Einkommensrückgängen wegen Altersteilzeit

7. Regelmäßlig keine Herabsetzung oder Befristung des Trennungsunterhaltes wegen lang dauerndem Scheidungsverfahren (vgl. Staudinger/Voppel (2018) BGB § 1361, Rn. 246; Wendl/Bömelburg, Unterhaltsrecht, 10. Aufl., § 4, Rn. 88, jew. m.w.N.; Senat NZFam 2016, 983 Rn. 288).

 

Verfahrensgang

AG Nauen (Aktenzeichen 18 F 80/14)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers, unter Zurückweisung seiner weitergehenden Beschwerde, unter Abweisung seiner weitergehenden Rückzahlungsforderung und unter Zurückweisung der Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Nauen vom 18.02.2015 abgeändert:

1. Unter Abänderung des vor dem Amtsgericht Nauen am 03.07.2013 zu dem Aktenzeichen - 18 F 58/13 - geschlossenen Vergleichs wird der Antragsteller verpflichtet, an die Antragsgegnerin monatlichen Trennungsunterhalt zu leisten und zwar gemäß nachfolgender Aufgliederung in Gesamt-, Altersvorsorge-, Elementarunterhalt und Zahlungen auf die Kredit- und Versicherungsverhältnisse bei der LBS Bausparkasse (Bausparvertragsnummer ...-02), Sparkasse Holstein (Darlehen Nr. ...827, Nr. ...279, Nr. ...629, Nr. ...232), Provinzial (Vers.-Nr. ...), R+V (Vers.-Nr. ...) und an die Antragsgegnerin persönlich

08-12/2014

Gesamtunterhalt 784,67 EUR

Vorsorgeunterhalt 96,47 EUR

Elementarunterhalt 688,20 EUR

davon an:

LBS 78,00 EUR

Sparkasse Holstein (Nr. ...827) 201,00 EUR

Sparkasse Holstein (Nr. ...279) 138,93 EUR

Sparkasse Holstein (Nr. ...629) 87,27 EUR

Sparkasse Holstein (Nr. 6314080232) 22,11 EUR

Provinzial (Vers.-Nr. L...), 58,41 EUR

R+V (Vers.-Nr. ...) 27,50 EUR

Antragsgegnerin persönlich 171,45 EUR

01-12/2015

Gesamtunterhalt 822,04 EUR

Vorsorgeunterhalt 97,78 EUR

Elementarunterhalt 724,26 EUR

davon an:

LBS 78,00 EUR

Sparkasse Holstein (Nr. ...827) 201,00 EUR

Sparkasse Holstein ...

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