Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitwirkungspflichtverletzung eines Schuldners bei nicht erfolgter unmittelbaren Unterrichtung des Insolvenzverwalters über erzielte Einkünfte

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Heilung einer Auskunftspflichtverletzung gemäß § 97 InsO kommt nur in Betracht, wenn sie vom Schuldner selbst aufgedeckt wird.

 

Normenkette

InsO §§ 97, 290 Abs. 1 Nr. 5

 

Verfahrensgang

LG Memmingen (Beschluss vom 25.05.2011; Aktenzeichen 42 T 773/11)

AG Neu-Ulm (Entscheidung vom 08.03.2011; Aktenzeichen IN 466/06)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Memmingen vom 25. Mai 2011 wird auf Kosten des Schuldners als unzulässig verworfen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Rz. 1

Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, § 289 Abs. 2 Satz 1, §§ 4, 6, 7 InsO, Art. 103f Satz 1 EGInsO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).

Rz. 2

1. Die geltend gemachte Gehörsverletzung liegt nicht vor. Der Schuldner musste mit einer Entscheidung über die sofortige Beschwerde rechnen, nachdem die von seinem Verfahrensbevollmächtigten erbetene Begründungsfrist verstrichen war, ohne dass dieser eine Beschwerdebegründung zu den Akten gereicht hatte.

Rz. 3

2. Das Beschwerdegericht ist – ohne dass Zulässigkeitsgründe berührt werden – davon ausgegangen, dass der Schuldner gegen seine sich aus § 97 InsO ergebenden Auskunfts- und Mitwirkungspflichten verstoßen hat. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kann eine Mitwirkungspflichtverletzung vorliegen, wenn der Schuldner den Insolvenzverwalter über erzielte Einkünfte nicht unmittelbar unterrichtet. Die hierauf bezogenen Auskunftspflichten sind unverzüglich und nicht erst nach Ablauf des Kalenderjahres zu erfüllen (BGH, Beschluss vom 23. Februar 2012 – IX ZB 267/10, Rn. 3).

Rz. 4

3. Ebenso wenig greifen Zulässigkeitsgründe gegen die Feststellung des Beschwerdegerichts ein, der Schuldner habe grob fahrlässig gehandelt. Die Anforderungen an die Annahme grober Fahrlässigkeit im Sinne von § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO sind geklärt (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2006 – IX ZB 11/06, ZInsO 2007, 96 Rn. 9; vom 9. Februar 2006 – IX ZB 218/04, ZVI 2006, 258 Rn. 10). Der Senat könnte die Einschätzung des Beschwerdegerichts, der Schuldner habe grob fahrlässig gehandelt, nur darauf überprüfen, ob das Beschwerdegericht den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt und bei der Beurteilung der Fahrlässigkeit wesentliche Umstände außer Acht gelassen hat. Dafür gibt es keine Anhaltspunkte.

Rz. 5

Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist auch kein Raum für die Annahme einer Heilung der Auskunftspflichtverletzung. Auf die angeführten Rechtsprechungsgrundsätze (BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2010 – IX ZB 63/09, ZIP 2011, 133; vom 17. September 2009 – IX ZB 284/08, ZInsO 2009, 1954) vermag sich der Schuldner nicht zu berufen. Voraussetzung ist danach, dass der Schuldner von sich aus eine gebotene, aber zunächst von ihm unterlassene Auskunftserteilung selbständig nachholt (BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2010, aaO Rn. 6). Die Verletzungshandlung muss vom Schuldner selbst aufgedeckt werden (BGH, Beschluss vom 3. Februar 2011 – IX ZB 99/09, WM 2011, 416 Rn. 2). Der Schuldner räumt in der Rechtsbeschwerde ein, dass er die Lohnsteuerbescheinigung erst auf entsprechende Aufforderung des Insolvenzverwalters vorgelegt hat. Damit handelt es sich nicht um eine eigenständige Selbstoffenbarung (vgl. BGH, Beschluss vom 10. März 2011 – IX ZB 198/09, Rn. 3), sondern um ein vom Insolvenzverwalter veranlasstes Handeln des Schuldners.

Rz. 6

4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.

 

Unterschriften

Kayser, Gehrlein, Vill, Fischer, Grupp

 

Fundstellen

Dokument-Index HI3512424

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