Zusammenfassung

 
Überblick

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Praktische Bedeutung hat das AGG insbesondere im Arbeits- und Mietrecht.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Das Gesetz zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung – Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das im vorangegangenen Gesetzentwurf noch als "Antidiskriminierungsgesetz" bezeichnet wurde, ist am 18.8.2006 nach langen politischen Diskussionen in Kraft getreten.[1]

[1] BGBl 2006 I S. 1897 ff.

1 Anwendungsbereich

1.1 Vermietung von Wohnraum

Im Bereich der Wohnungsvermietung gilt das AGG nicht, wenn der Vermieter oder einer seiner Angehörigen Wohnraum auf demselben Grundstück nutzt.[1]

Zu den Angehörigen zählen

  • der Ehegatte (auch der getrennt lebende),
  • die Eltern,
  • die Geschwister,
  • alle Verwandten in gerader Linie, d. h. Kinder, Enkel, Urenkel, Stiefkinder, Schwager/Schwägerin, Schwiegereltern, Neffen/Nichten.

Ferner findet das AGG keine Anwendung, wenn ein besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis der Mietvertragsparteien oder ihrer Angehörigen begründet wird.[2] Unter welchen Umständen dies der Fall ist, ist im Gesetz nicht geregelt.

 
Hinweis

Vermietung von nicht mehr als 50 Wohnungen

Liegen diese Ausnahmetatbestände nicht vor, vermietet der Vermieter aber insgesamt nicht mehr als 50 Wohnungen, kommt das AGG nur eingeschränkt zur Anwendung, d. h., der Vermieter muss nur die Diskriminierungstatbestände "Rasse" und "ethnische Herkunft" beachten.[3]

Nicht eindeutig definiert ist im Gesetz, ob sich der Umfang von 50 Wohnungen nach dem vorhandenen oder nach dem vermieteten Bestand oder nach dem Angebot an vermietbaren Wohnungen bestimmt. Selbstgenutzte Einheiten bleiben jedenfalls außer Betracht. Nachdem das Gesetz nur auf die Wohnungen des Vermieters abstellt, gilt das AGG auch dann nur eingeschränkt, wenn der Vermieter die Vermietung an einen Makler oder eine Hausverwaltung übertragen hat, die mehr als 50 Wohnungen vermietet.

 
Praxis-Tipp

Nachfrage beim Auftraggeber

Das beauftragte Unternehmen sollte jedoch nachfragen, ob der Auftraggeber insgesamt mehr als 50 Wohnungen zur Vermietung anbietet, und sich dies möglichst schriftlich bestätigen lassen.

Relevant sind bei Vermietern mit weniger als 50 Wohnungen also nur Verstöße gegen die Diskriminierungstatbestände "Rasse" und "ethnische Herkunft".

 
Hinweis

Definition von Rasse und Ethnie

Da es keine verschiedenen menschlichen Rassen gibt, hat der Gesetzgeber wohl Diskriminierungen aufgrund äußerlicher Merkmale, z. B. der Hautfarbe, gemeint. Der Begriff "Ethnie" bedeutet, dass Personen derselben Sprachgruppe, Kultur oder Religion angehören.

Dementsprechend unterliegen dem Diskriminierungsverbot Benachteiligungen wegen dieser Merkmale.

Vermietet der Vermieter mehr als 50 Wohnungen, muss er den gesamten Katalog der Diskriminierungstatbestände des § 1 AGG beachten, d. h., neben Rasse und ethnischer Herkunft auch die Merkmale Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexuelle Identität.

 
Praxis-Beispiel

Weltanschauung

In der Tatsache, dass ein Mietinteressent eine leitende Funktion in einer großen Gewerkschaft in Bayern innehat, kann keine "Weltanschauung" gesehen werden. Daher liegt kein Verstoß gegen § 1 AGG vor, d. h., der Mietinteressent kann nicht aufgrund seiner Weltanschauung benachteiligt worden sein, wenn die Wohnung nicht an ihn vermietet wurde.[4]

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass es sich bei der Vermietung mit über 50 Wohneinheiten um ein sog. Massengeschäft handelt, das typischerweise ohne Ansehen der Person zustande kommt bzw. das Ansehen der Person nur eine nachrangige Bedeutung hat.[5]

 
Hinweis

Massengeschäft > 50 Wohnungen

Allerdings ist gem. § 19 Abs. 5 Satz 3 AGG ein Massengeschäft nur "in der Regel" nicht anzunehmen, wenn der Vermietungsumfang unter 50 Wohnungen liegt. Die Zahl 50 ist somit keine starre Grenze. Dies bedeutet, dass im Einzelfall unter Würdigung der konkreten Umstände ein Massengeschäft auch bei weniger als 50 Wohnungen angenommen werden kann; umgekehrt aber die Vermietung von mehr als 50 Wohnungen nicht zwingend zur Annahme eines Massengeschäfts mit den entsprechenden Konsequenzen führen muss.

Unbeschadet dieses unklaren Abgrenzungskriteriums ist diese Wertung des Gesetzgebers realitätsfremd, da bei jeder Vermietung – egal ob es sich um Wohn- oder Geschäftsraum handelt und ob der Vermieter mehr oder weniger als 50 Wohnungen vermietet – die Person des Mieters immer eine vorrangige Bedeutung hat.

Mit der Vermietung geht der Vermieter ein erhebliches finanzielles Risiko ein. Er überlässt dem Mieter eine Wohnung im Wert von bis zu mehreren Hunderttausend Euro, darf aber gesetzlich eine Kaution in Höhe von lediglich wenigen Tausend Euro verlangen. Aufgrund der strengen Mieterschutzbestimmungen kann das Mietverhältnis nur unter besonderen Voraussetzungen gekündigt werden und binde...

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