Tenor
I. Der Antrag der Antragstellerin auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Gegenstandswert wird auf 50.000 EUR festgesetzt.
IV. Die sofortige Beschwerde zum BGH wird zugelassen.
Gründe
I. Die Antragstellerin ist eine im Handelsregister, AG Erfurt unter HRB. am 13.9.2004 eingetragene Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Gesellschaftszweck der Antragstellerin ist die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten. Die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten umfasst insbesondere die Rechtsberatung durch Übernahme von Rechtsanwaltsaufträgen. Einziger Gesellschafter der Antragstellerin ist Herr R. H., der durch den Präsidenten des AG Offenbach/Main am 25.6.1973 gem. Art. 1 § 1 des Gesetzes zur Verhütung von Missbräuchen auf dem Gebiet der Rechtsberatung die Zulassung als Rechtsbeistand erhielt. Die Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten erfolgte mit der Einschränkung, dass das Auftreten in mündlicher Verhandlung vor Gericht nicht gestattet ist. Auf seinen Antrag hin wurde Herr H. mit Schreiben der Rechtsanwaltskammer Frankfurt/M. vom 4.6.2003 als Kammerrechtsbeistand gem. § 209 BRAO in die Rechtsanwaltskammer Frankfurt/M. aufgenommen und darf im beruflichen Verkehr die Bezeichnung "Mitglied der Rechtsanwaltskammer" führen.
Mit Antrag vom 8.9.2004 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft nach § 59c Abs. 1 BRAO. Dieser Antrag wurde von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 4.11.2005, der Antragstellerin am 10.11.2005 zugestellt, zurückgewiesen.
Gegen diesen ablehnenden Bescheid wendet sich die Antragsgegnerin mit Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 29.11.2005, beim Thüringer Anwaltsgerichtshof am 1.12.2005 eingegangen.
Die Antragstellerin beruft sich darauf, dass der Bescheid der Antragsgegnerin vom 4.11.2005 rechtswidrig sei und die Antragstellerin in ihren Rechten verletze, weil Kammerrechtsbeistände gem. § 209 BRAO aufgrund der in § 209 Abs. 1 BRAO enthaltenen Verweisung auf den 3. Teil der BRAO die vollen Mitgliedschaftsrechte und Mitgliedschaftspflichten wie Rechtsanwälte erlangen und auch der Aufsicht durch die Rechtsanwaltskammern unterliegen. Aus diesem Grunde könne auch ein Kammerrechtsbeistand alleiniger Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft sein. Dies ergebe sich auch daraus, dass sich nach § 59a Abs. 1 Satz BRAO Kammerrechtsbeistände mit Rechtsanwälten in einer Sozietät zur gemeinschaftlichen Berufsausübung verbinden dürften. Zudem könnten nach § 59e Abs. 1 BRAO aufgrund der Verweisung auf § 59a Abs. 1 Satz 1 BRAO Kammerrechtsbeistände Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft sein.
Die Antragstellerin beantragt, den Bescheid der Antragsgegnerin über die Zurückweisung des Antrags auf Zulassung der Rechtsanwaltsgesellschaft aufzuheben.
Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, dass ein Kammerrechtsbeistand i.S.d. § 209 Abs. 1 BRAO nicht alleiniger Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft sein könne. Auch wenn die Verweisung in § 209 Abs. 1 Satz 3 BRAO auf den 3. Teil der BRAO für eine alleinige Gesellschafterstellung eines Kammerrechtsbeistandes als Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft sprechen könnte, müsse jedoch nach dem Sinn und Zweck der Regelung in den §§ 59c ff. BRAO, die durch Gesetz vom 31.8.1998 eingefügt worden seien, davon ausgegangen werden, dass es sich bei der unterbliebenen Ausklammerung der § 59c ff. BRAO in der Verweisung in § 209 Abs. 1 BRAO um ein "Redaktionsversehen" des Gesetzgebers gehandelt habe.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ausdrücklich verzichtet.
II. Der beim Thüringer Anwaltsgerichtshof am 1.12.2005 eingegangene Antrag vom 29.11.2005 auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gestellt, in der Sache aber unbegründet.
Der Bescheid der Antragsgegnerin ist rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Ein Kammerrechtsbeistand kann nicht alleiniger Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft sein.
Die uneingeschränkte Verweisung in § 209 Abs. 1 BRAO auf den 3. Teil der BRAO, trotz Einführung des Gesetzes über die Rechtsanwaltsgesellschaften durch Gesetz vom 31.8.1998, stellt kein "redaktionelles Versehen" des Gesetzgebers dar. Aus Sinn und Zweck der §§ 59c bis 59m BRAO im 3. Teil, zweiter Abschnitt der BRAO über die Rechtsanwaltsgesellschaften und dem Wortlaut des § 59e Abs. 3 Satz 1 BRAO und des § 59k BRAO ergibt sich, dass ein Kammerrechtsbeistand nicht alleiniger Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft sein kann.
Gemäß § 59e Abs. 3 Satz 1 BRAO muss Rechtsanwälten die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte in einer Rechtsanwaltsgesellschaft zustehen. Wäre gewollt gewesen, dass hier eine Gleichstellung mit den in § 59a Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 BRAO genannten Berufen erfolgen soll, hätte die Regelung in § 59e Abs. 3 BRAO lauten müssen, ...