Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsfähigkeit der Reisekosten eines auswärtigen Anwalts
Leitsatz (amtlich)
Terminsreisekosten des auswärtigen Prozessbevollmächtigten sind nicht erstattungsfähig, soweit sie die Mehrkosten, die bei Beauftragung eines Unterbevollmächtigten als Terminsvertreter entstanden wären, wesentlich übersteigen und dies vor Antritt der Terminsreise des Prozessbevollmächtigten erkennbar gewesen ist.
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 2
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 22.07.2004; Aktenzeichen 21 O 21578/03) |
Nachgehend
Tenor
I. Unter Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des LG München I vom 22.7.2004 werden die von dem Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 163,13 Euro nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozent über dem Basiszinssatz seit 11.6.2004 festgesetzt.
II. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
III. Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin 6/7 und die Beklagte 1/7.
Die Gerichtskosten trägt die Klägerin.
IV. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 214,19 Euro.
V. Die Rechtsbeschwerde zum BGH wird zugelassen.
Gründe
I. Bei der in Bonn ansässigen Klägerin handelt es sich um eine Schutzrechtsverwertungsgesellschaft, die für verschiedene Sortenschutzinhaber und Inhaber von ausschließlichen Nutzungsrechten an Sortenschutzrechten die diesen zustehenden Auskunfts- und Zahlungsansprüche im Zusammenhang mit dem Nachbau von Pflanzensorten geltend macht. Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin den Beklagten auf Zahlung einer Nachbaugebühr von 294,30 Euro in Anspruch genommen. Das LG hat den Beklagten mit Endurteil vom 9.6.2004 antragsgemäß verurteilt und ihm die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Die Rechtspflegerin beim LG hat mit Beschluss vom 22.7.2004 die von dem Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten auf 132,50 Euro festgesetzt (10/10 Prozess- und Verhandlungsgebühr i.H.v. je 25 Euro zzgl. Kommunikationspauschale von 7,50 Euro und 75 Euro Gerichtskosten). Dagegen hat die Klägerin sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie sich gegen die Absetzung der zusätzlich geltend gemachten anteiligen Reisekosten ihrer Hamburger Prozessbevollmächtigten i.H.v. 214,19 Euro wendet, die durch die Wahrnehmung des Verhandlungstermins beim LG München I am 7.4.2004 angefallen sind. Zur Begründung trägt die Klägerin vor, dass es sich bei den Nachbaubestimmungen im Rahmen des Sortenschutzrechts um eine Spezialmaterie handele und die Klägerin, die keine eigene Rechtsabteilung habe, von ihren auf diese Materie spezialisierten Hamburger Rechtsanwälten ständig beraten und vertreten werde.
II. Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist zulässig (§ 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO) und i.H.v. 30,63 Euro auch begründet. Dieser Betrag entspricht den Mehrkosten, die bei Beauftragung eines Terminsvertreters als Unterbevollmächtigter der Klägerin angefallen wären.
1. Dem Grunde nach sind die von der Klägerin geltend gemachten Terminsreisekosten ihrer Hamburger Prozessbevollmächtigten erstattungsfähig. Der Senat teilt nicht die von der Vorinstanz vertretene Auffassung, dass die Klägerin unter erstattungsrechtlichen Gesichtspunkten verpflichtet gewesen sei, einen am Prozessgericht in München ansässigen Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigten zu beauftragen und diesen schriftlich zu informieren.
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH stellt die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftssitz der auswärtigen Partei ansässigen Rechtsanwalts regelmäßig eine zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendige Maßnahme dar mit der Folge, dass die Terminsreisekosten des auswärtigen Prozessbevollmächtigten in der Regel gem. § 91 Abs. 2 S. 1, 2. Halbs. ZPO erstattungsfähig sind (BGH v. 16.10.2002 - VIII ZB 30/02, MDR 2003, 233 = BGHReport 2003, 152 = NJW 2003, 898; FamRZ 2004, 866; v. 9.10.2003 - VII ZB 10/02, BGHReport 2004, 639; v. 6.5.2004 - I ZB 27/03, BGHReport 2004, 1325 = MDR 2004, 1136, m.w.N.).
Allerdings hat die in Bonn ansässige Klägerin, die nach ihrem unbestrittenen Vorbringen über keine eigene Rechtsabteilung verfügt, im vorliegenden Fall mit ihrer Prozessvertretung Rechtsanwälte in Hamburg beauftragt, also am sog. dritten Ort. Ob dies im Hinblick auf deren Spezialisierung auf das Sortenschutzrecht notwendig i.S.d. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO gewesen ist, kann hier offen bleiben. Denn nach der Rechtsprechung des BGH (BGH v. 18.12.2003 - I ZB 21/03, BGHReport 2004, 635 = MDR 2004, 839 = NJW-RR 2004, 855 [856]), sind auch die Terminsreisekosten des am sog. dritten Ort ansässigen Prozessbevollmächtigten jedenfalls bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftssitz der Partei ansässigen Rechtsanwalts erstattungsfähig. Hätte im vorliegenden Fall ein Bonner Rechtsanwalt den Verhandlungstermin beim LG München I wahrgenommen, wären dadurch angesichts der erheblichen Entfernung von Bonn nach München keine geringeren Reisekosten an...