Leitsatz (amtlich)
Zur Bestimmung des maßgeblichen Verfahrensrechts im Amtsverfahren nach § 53 Abs. 1 GBO.
Normenkette
GBO § 53 Abs. 1, § 72; FGG-RG Art. 111 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
AG Landsberg am Lech - Grundbuchamt (Beschluss vom 17.02.2010; Aktenzeichen Grundbuch von Rieden Bl. 3038) |
Tenor
Die Sache wird unter Aufhebung der Vorlageverfügung vom 17.2.2010 an das AG - Grundbuchamt - Landsberg am Lech zurückgegeben.
Gründe
I. Auf dem Grundstück der Beteiligten zu 1 und 2 war seit 1904 ein Fahrtrecht für die jeweiligen Eigentümer eines anderen Grundstücks eingetragen. Dieses wurde im Zuge einer Grundstücksteilung am 30.12.2008 auf notariellen Antrag der Beteiligten zu 1 und 2 gem. § 1026 BGB gelöscht. Unter dem 25.6.2009 beantragte die Beteiligte zu 3 als Eigentümerin des herrschenden Grundstücks die Eintragung eines Amtswiderspruchs, da diese Löschung "unzutreffend" sei. Darauf hin leitete das Grundbuchamt deren Verfahrensbevollmächtigten unter dem 6.8.2009 verschiedene das Fahrtrecht und dessen Löschung betreffende Unterlagen zu, bat um eine Auskunft und kündigte an, unter bestimmten Umständen einen Amtswiderspruch einzutragen.
Nach weiteren Ermittlungen hat das Grundbuchamt am 2.10.2009 einen Amtswiderspruch gegen die Löschung des Fahrtrechts eingetragen.
Unter dem 13.10.2009 hat der die Grundstücksteilung beurkundende Notar für die Beteiligten zu 1 und 2 zum Widerspruch Stellung genommen, die Löschung als völlig korrekt bezeichnet und beantragt, den Amtswiderspruch wieder zu löschen. Das Grundbuchamt hat dies als Beschwerde gegen die Eintragung des Amtswiderspruchs erachtet, nach weiteren Ermittlungen mit Verfügung vom 17.2.2010 nicht abgeholfen und die Akten dem OLG vorgelegt.
II. Das OLG ist für die Entscheidung über das Rechtsmittel im Hinblick auf § 72 GBO a.F. nicht zuständig.
1. Das Grundbuchamt hat den Antrag auf Löschung des eingetragenen Widerspruchs als Beschwerde nach § 71 GBO behandelt. An sich kann der Amtswiderspruch nicht nur im Weg der (unbeschränkten) Beschwerde, sondern auch auf Antrag im Berichtigungsverfahren nach § 22 GBO wieder gelöscht werden (OLG Hamm OLGZ 1968, 209/210; Meikel/Streck GBO 10. Aufl., § 53 Rz. 95). Die Auslegung des Grundbuchamts, dass es sich entgegen dem Wortlaut des Gesuchs um eine Beschwerde handele, liegt schon wegen des zeitlichen Zusammenhangs mit der Eintragung und dem Vorbringen, die Löschung sei korrekt erfolgt, nahe. Zudem hat der Rechtspfleger in seinem Schreiben vom 19.11.2009 an den Notar ausdrücklich auf diese Auslegung hingewiesen; im Antwortschreiben vom 8.12.2009 wird dem nicht widersprochen. Jedoch braucht sich der Senat damit hier nicht abschließend zu befassen, weil die Frage, ob eine Grundbuchbeschwerde vorliegt, aus den nachfolgenden Gründen zunächst vom LG zu klären ist.
2. Zwar bestimmt § 72 GBO in seiner seit 1.9.2009 in Kraft befindlichen Fassung (vgl. Art. 36 Nr. 6 i.V.m. Art. 112 Abs. 1 FGG-RG vom 22.12.2008, BGBl. I, 2586), dass über die Beschwerde in einer Grundbuchsache das OLG entscheidet, in dessen Bezirk das Grundbuchamt seinen Sitz hat. Indes ist die Übergangsregelung des Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG zu beachten. Hiernach sind auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, also vor dem 1.9. 2009, eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zu diesem Zeitpunkt beantragt wurde, weiter die Bestimmungen des bisherigen Rechts anzuwenden.
Die Eintragung eines Widerspruchs nach § 53 Abs. 1 GBO ist von Amts wegen vorzunehmen; ein Antrag der Beteiligten hat nur die Bedeutung einer Anregung (Demharter, GBO, 27. Aufl., § 53 Rz. 15). Es kann dahinstehen, ob bereits mit dem Antrag (Anregung) das Verfahren eingeleitet wird (so wohl OLG Hamm Rpfleger 2010, 67 mit Anm. Demharter; OLG Schleswig Rpfleger 2010, 69; s. auch Sternal FGPrax 2010, 61 f.), oder erst dann, wenn das Grundbuchamt daraufhin tätig wird. Denn Anregung wie Tätigwerden lagen hier vor dem 1.9.2009. Das Grundbuchamt hat mit seinem Schreiben vom 6.8.2009 eine Auskunft eingeholt. Hierdurch ist die Einleitung des Verfahrens nach § 53 Abs. 1 GBO aktenmäßig fixiert und demgemäß insgesamt das bis zum 31.8.2009 geltende Recht anzuwenden, und zwar auch für den Rechtmittelzug und das Rechtsmittelverfahren (vgl. OLG Köln FGPrax 2009, 42; OLG Schleswig Rpfleger 2010, 70). Beschwerdegericht ist deshalb nicht das OLG, sondern gem. § 72 GBO a.F. das LG. Das OLG kann mit der gegenständlichen Sache nur aufgrund weiterer Beschwerde nach § 79 Abs. 1 GBO a.F. befasst werden.
3. Die Sache ist deshalb unter Aufhebung der Vorlageverfügung an das Grundbuchamt zurückzugeben. Dieses wird die Sache umgehend dem zuständigen Beschwerdegericht - dies ist das örtlich zuständige LG (vgl. § 72 GBO a.F.) - vorzulegen haben.
4. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Fundstellen
Haufe-Index 2313451 |
JZ 2010, 287 |