Leitsatz (amtlich)
1. Den bei Eingabe eines Suchbegriffs in eine Internet-Suchmaschine durch diese im Rahmen einer automatischen Vervollständigungsfunktion angezeigten Ergänzungssuchbegriffen ist nicht der Charakter eigenständiger inhaltlicher Aussagen der Suchmaschine bzw. deren Betreibers zu der von dem Nutzer mit der Eingabe des Suchwortes initiierten Recherche beizumessen.
2. Verneint das erkennende Gericht, dessen Mitglieder zu dem angesprochenen maßgeblichen Rezipientenkreis gehören, dass den angezeigten Ergänzungssuchbegriffen eine eigene Aussage der Suchmaschine innewohnt, mit der ein inhaltlicher Bezug zu dem eingegebenen Suchwort hergestellt wird, so ist es nicht gezwungen, dem zu der widersprechenden Behauptung der die Anzeige bestimmter Ergänzungssuchbegriffe und -begriffskombinationen als ehrverletzend angreifenden Partei, ein relevanter Teil der Rezipienten entnehme den angezeigten Ergänzungsbegriffen und Wortkombinationen eine solche Aussage, angetretenen Beweis durch Einholung eines demoskopischen Sachverständigengutachtens nachzugehen.
Normenkette
BGB § 1004 Abs. 1, § 823; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 19.10.2011; Aktenzeichen 28 O 116/11) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägers gegen das am 19.10.2011 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des LG Köln - 28 O 116/11 - wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens und die in der Berufung angefallenen außergerichtlichen Kosten der Beklagten haben die Klägerin zu 1) zu 1/3, der Kläger zu 2) zu 2/3 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger dürfen die Vollstreckung der Beklagten gegen Leistung einer Sicherheit i.H.v. 120 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin zu 1) befasst sich mit dem Direktvertrieb von Nahrungsergänzungsmitteln und Kosmetika. Ihr Gründer und Vorstandsvorsitzender, der Kläger zu 2), wurde im Jahr 2009 im Rahmen eines von einer großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft durchgeführten Wettbewerbs mit der Bezeichnung "F" als Finalist ausgezeichnet.
Die Beklagte betreibt unter der Internetadresse www.H.de eine sog. Suchmaschine. Bei Eingabe von Suchbegriffen werden den jeweiligen Nutzern im Rahmen einer sog. Trefferliste Textfragmente bzw. -schnipsel ("Snippets") aus von Dritten in das Internet eingestellten Inhalten präsentiert, in denen die jeweils eingegebenen Suchbegriffe vorkommen; die Nutzer können sodann ihrerseits über die als Suchergebnisse angezeigten Textschnipsel auf die jeweiligen Drittinhalte Zugriff nehmen. Seit April 2009 hat die Beklagte eine sog. "B"-Funktion in ihre Suchmaschine integriert, mit deren Hilfe dem Internetnutzer bei Eingabe seiner Suchbegriffe in einem sich daraufhin öffnenden Fenster - variierend mit der Reihenfolge der eingegebenen Buchstaben - verschiedene Suchvorschläge ("Predictions") in Form von Wortkombinationen angezeigt werden. Die auf diese Weise im Rahmen der vorstehenden Suchergänzungsfunktion angezeigten Suchvorschläge werden auf der Basis eines Algorithmus ermittelt, der u.a. die Anzahl der von anderen Nutzern der Suchmaschine der Beklagten eingegebenen Suchanfragen einbezieht.
Der Kläger zu 2) stellte im Mai 2010 fest, dass bei Eingabe seines Namens in dem sich im Rahmen der B-Funktion öffnenden Fenster als Suchvorschläge die Wortkombinationen "T scientology", "T betrug", "T Q" und "T T2" erschienen.
Die Kläger sehen sich durch die Verbindung des Namens des Klägers zu 2) mit den Begriffen "scientology" und "betrug" in ihrem Persönlichkeitsrecht und geschäftlichen Ansehen verletzt. Die beanstandeten Suchergänzungsvorschläge stellten sich als Ergebnisse einer gezielten Manipulation der Suchvorgaben zum Zwecke der Anfeindung der Person des Klägers zu 2) dar.
Unter dem Datum des 12.5.2010 erwirkten die Kläger im Beschlussweg die aus der Anlage K 26 (Bl. 105 ff. d.A.) ersichtliche einstweilige Verfügung (28 O 314/10), mit welcher es der Beklagten in der Sache untersagt wurde, auf der Internetseite ihrer Suchmaschine nach Eingabe des Namens des Klägers zu 2) als Suchbegriff im Rahmen der B-Funktion die ergänzenden Kombinationsbegriffe "Scientology" und "Betrug" vorzuschlagen. Bei der vorliegenden Klage handelt es sich um die Hauptsache zu dem vorbezeichneten einstweiligen Verfügungsverfahren, mit der die Kläger über das bereits im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes geltend gemachte Unterlassungspetitum hinaus Ersatz ihrer vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten verlangen und der Kläger zu 2) überdies die Zahlung einer Geldentschädigung fordert.
Die Kläger haben behauptet, die beanstandeten Suchergänzungsbegriffe seien das Ergebnis einer von dritter Seite - wahrscheinlich einem Wettbewerber - mit dem Ziel einer Schädigung ihres Ansehens initiierten Manipulation. Der Kläger zu 2) stehe weder in ir...