Leitsatz (amtlich)
Ein Anspruch nach § 7e Abs. 1 Satz 1 Nachbarrechtsgesetz Baden-Württemberg setzt voraus, dass der Anschluss eines Grundstücks an eine Versorgungsleitung, eine Abwasserleitung oder einen Vorfluter ohne Benutzung eines fremden Grundstücks nicht oder nur unter erheblichen besonderen Aufwendungen oder nur in technisch unvollkommener Weise möglich ist. Ob erhebliche besondere Aufwendungen erforderlich sind, richtet sich, wie bei § 7c Nachbarrechtsgesetz Baden-Württemberg, danach, ob der Aufwand für einen eigenen Anschluss des Grundstücks (ohne Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks) wesentlich höher ist, als er dies in anderen, "gewöhnlichen" Fällen in diesem Gebiet ist. Nicht maßgeblich ist demgegenüber, ob der Aufwand wesentlich höher ist als bei Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks.
Normenkette
EGBGB Art. 187 Abs. 1; Nachbarrechtsgesetz Baden-Württemberg §§ 7c, 7e Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 18.08.2006; Aktenzeichen 8 O 634/04) |
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 18.8.2006 (Az. 8 O 634/04) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziff. 2 wie folgt neu gefasst wird:
Auf die Widerklage der Beklagten werden die Kläger verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, die Hoffläche des Grundstücks Parzelle 715 der Beklagten in X, die mit Wabensteinen befestigt und durch Randsteine begrenzt ist, im hinteren Bereich des Hofes, nämlich ab 2 m hinter der auf der Hofseite der Kläger gelegenen Steintreppe, mit Fahrzeugen aller Art zu befahren.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien sind Nachbarn. Sie bewohnen alte Hofgebäude an der Hauptstraße in X. Die Gebäude umschließen einen Hof, zu dem man von der Straße aus durch eine Toreinfahrt gelangt. Die Grundstücksgrenze verläuft mittig durch die Hofeinfahrt und den Hof. Am rückseitigen Ende des Hofs befindet sich eine Scheune, die durch die Grundstücksgrenze wiederum mittig geteilt ist.
Die Beklagten haben ihr Grundstück im Jahr 2003 erworben. Im Grundbuch war damals keine Grunddienstbarkeit eingetragen.
Quer über den Hof verläuft eine Rinne, durch die in der Vergangenheit Regenwasser, das sich im Hof sammelte - sei es von den Dächern kommend, sei es nach Auftreffen auf die Hoffläche -, in ein Rohr geleitet wurde, das unter dem Scheunengebäude der Beklagten hindurch in einen Kanal führt, der zwischen dem Grundstück der Beklagten und dem ihres Nachbarn auf der anderen Seite verläuft und seinerseits in einen hinter den Grundstücken verlaufenden Bach mündet. Im Dezember 2003 verschlossen die Beklagten diese Rinne zu den Klägern hin; ferner brachten sie auf ihrem Grundstück als Umfassung eines Bereichs, der mit Wabensteinen belegt ist, eine Reihe von abgekanteten Betonsteinen an. Diese beiden Maßnahmen haben zur Folge, dass das Regenwasser, das sich auf der Hofhälfte der Kläger sammelt, nicht mehr wie bisher durch die Rinne und den Kanal in den Bach ablaufen kann.
Die Kläger verlangen von den Beklagten u.a., die früher vorhandene Rinne wiederherzustellen und alle zu deren Beseitigung getroffenen Maßnahmen zurückzunehmen.
Das LG hat die Klage abgewiesen.
Die Berufung der Kläger blieb erfolglos.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Kläger haben keinen Anspruch darauf, das auf ihrem Grundstück anfallende Regenwasser über die Rinne abzuleiten, die sich auf dem Grundstück der Beklagten befindet und die das Wasser letztlich in einen Bach führt.
a) Dabei kommt es zunächst nicht darauf an, ob zugunsten des klägerischen Grundstücks eine altrechtliche Grunddienstbarkeit mit diesem Inhalt bestanden hat. Denn selbst wenn eine solche Grunddienstbarkeit bestellt worden wäre, hätten die Beklagten das dienende Grundstück im Jahr 2003 gutgläubig lastenfrei erworben. Zwar bedürfen nach Art. 187 Abs. 1 EGBGB Grunddienstbarkeiten aus der Zeit vor Inkrafttreten des BGB zur Erhaltung ihrer Wirksamkeit ggü. dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht der Eintragung, bleiben danach also auch bei Übereignung auf einen gutgläubigen Erwerber bestehen. Jedoch ist abweichend hiervon aufgrund der Ermächtigung in Art. 187 Abs. 2 EGBGB in § 31 Abs. 1 AGBGB BW bestimmt, dass solche alten und nicht aus dem Grundbuch oder einem ihm gleichgestellten Buch ersichtlichen Dienstbarkeiten aufgrund eines bis zum 31.12.1977 zu stellenden Antrages in das Grundbuch eingetragen werden müssen, wenn sie weiterhin gegenüber einem gutgläubigen Erwerber Bestand haben sollen. Daraus folgt zwar, dass ein Rechtsverlust nicht schon durch die Versäumung der Antragsfrist eingetreten ist, sondern erst bei der Übereignung auf einen gutgläubigen Erwerber erfolgt; bis zu einem gutgläubigen Erwerb hätte, sofern die Dienstbarkeit entstanden war, ihre Eintragung verlangt w...