Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflichtteilsgeltendmachung berechtigt nicht zum Schenkungswiderruf
Normenkette
BGB §§ 530, 1371 Abs. 1, § 2303
Tenor
Der Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Berufungsrechtszug wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Parteien streiten noch über die Berechtigung eines Zurückbehaltungsrechts ggü. einem Pflichtteilsanspruch.
Der Kläger verlangt den Pflichtteil nach dem Ableben seiner 2002 verstorbenen Mutter. Der Beklagte ist der Vater des Klägers und Alleinerbe der Verstorbenen. In 1. Instanz hat er die Höhe der Klagforderung bestritten und ein Zurückbehaltungsrecht wegen eines Anspruchs aus widerrufener Schenkung behauptet, den er wie folgt begründet:
Mit notariellem Vertrag vom 19.12.2003 habe er an den Kläger Grundstücke im Gesamtwert von 480.000 EUR zu einem Preis von 200.216 EUR veräußert. Das Entgelt sei vertragsgemäß dadurch entrichtet worden, dass der Kläger "in Anrechnung auf den Kaufpreis" die persönliche Haftung für Verbindlichkeiten der B. GmbH übernommen habe, die durch Grundpfandrechte an den veräußerten Grundstücken gesichert waren. Weil der Kläger und seine Frau aber zusammen 50 % der GmbH-Anteile gehalten hätten, sei die Haftungsübernahme anteilig dem Kläger selbst zugute gekommen. Zudem habe der Beklagte seinen eigenen Gesellschaftsanteil von 50 % mit Vertrag vom selben Tage für 1 EUR auf den Kläger übertragen. In der Zusammenschau beider Geschäfte sei die Zuwendung der Grundstücke damit unentgeltlich erfolgt, weshalb die Haftungsübernahme "in Anrechnung auf den Kaufpreis" keine echte Gegenleistung dargestellt habe und der Beklagte zu Recht davon ausgegangen sei, am 19.12.2003 alles verschenkt zu haben. Zumindest aber sei von einer gemischten Schenkung auszugehen, weil allenfalls die Übernahme der auf den GmbH-Anteil des Beklagten entfallenden hälftigen Verbindlichkeiten als Entgelt zu werten sei.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass wegen der dem Kläger zugewandten Vermögenswerte die Geltendmachung des Pflichtteils grober Undank sei und den Widerruf der Schenkung rechtfertige. Jedenfalls sei die Klage rechtsmissbräuchlich, denn auch wenn die Parteien es nicht ausdrücklich vereinbart hätten, sei das Zugewandte nach Treu und Glauben auf den Pflichtteilsanspruch anzurechnen.
Der Kläger bestreitet, dass die Zuwendung der Grundstücke nach dem übereinstimmenden Parteiwillen unentgeltlich erfolgt sei. Die Verträge vom 19.12.2003 hätten langwierige Verhandlungen über die Fortführung der GmbH zum Abschluss gebracht, nachdem die Einigung der jeweils durch ihre Steuerberater beratenen Parteien lange Zeit an unterschiedlichen Wert- und Gerechtigkeitsvorstellungen gescheitert sei. Das Ergebnis des Einigungsprozesses sei in den notariellen Urkunden vom 19.12.2003 festgehalten, wobei der Grundstückskaufvertrag neben der Berechnung des Kaufpreises und den Modalitäten der Kaufpreiszahlung auch die ausdrückliche Erklärung enthalte, dass sich die Parteien über die Vollentgeltlichkeit des Erwerbs einig seien. Dem Beklagten sei es darum gegangen, sich aus der GmbH zurückzuziehen und nichts mehr mit der Haftung für deren Verbindlichkeiten zu tun zu haben, zumal die Gesellschaft im Jahr 2003 kurz vor der Insolvenz gestanden habe. Dass mit der Veräußerung der Grundstücke und der Übertragung der GmbH-Anteile ein Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch einhergehe, sei gerade nicht vereinbart worden. Weder sei ein dahin gehendes Vertrauen begründet worden, noch sei der Beklagte schutzwürdig, nachdem er sich vor dem Abschluss der Verträge mit seinem Steuerberater beraten habe.
Das LG hat dem Kläger einen Pflichtteil von 42.825,14 EUR aus einem Nettonachlass von 342.601 EUR zugesprochen und dem Beklagten die Beschränkung seiner Haftung auf den Nachlass vorbehalten. Die Voraussetzungen eines Zurückbehaltungsrechts hat es verneint. Weder habe der Beklagte bewiesen, dass sich die Parteien über eine (teilweise) Unentgeltlichkeit geeinigt hätten, noch seien die Voraussetzungen groben Undanks i.S.v. § 530 BGB bewiesen. Wenn der Kläger unter diesen Umständen seinen Pflichtteil verlange, handle er nicht treuwidrig.
In 2. Instanz werden Einwände gegen die Höhe der Klagforderung nicht mehr erhoben. Dagegen wiederholt und vertieft der Beklagte, dass es sich bei der Übereignung der Grundstücke jedenfalls um eine gemischte Schenkung gehandelt habe, weil der Kläger dem GmbH-Anteil des Beklagten zuzuordnende Schulden nur i.H.v. 92.438 EUR übernommen, hierfür aber einen Gegenwert von 480.000 EUR erhalten habe.
II. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe ist zurückzuweisen, weil die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hätte. Der Beklagte kann gegen den Pflichtteilsanspruch des Klägers kein Zurückbehaltungsrecht wegen eines Anspruchs aus widerrufener Schenkung nach § 530 Abs. 1, § 531 Abs. 2, § 812 ff., § 273 BGB einwenden. Nach Treu und Glauben ist der Kläger nicht gehindert, seinen Pflichtteil trotz der Übertragung der Grundstücke geltend zu machen.
1. Zwar ist die Prozesskostenhilfe nicht deshalb...