Leitsatz (amtlich)
1. Dem Eintrag im Patentregister kommt eine erhebliche Indizwirkung zu, weshalb es in einem Verletzungsrechtsstreit regelmäßig keines weiteren Vortrags oder Beweisantritts bedarf, wenn sich eine Partei auf den aus dem Patentregister ersichtlichen Rechtsstand beruft. Eine Partei, die geltend macht, die materielle Rechtslage weiche vom Registerstand ab, muss deshalb konkrete Anhaltspunkte aufzeigen, aus denen sich die Unrichtigkeit des Registers ergibt (Anschluss an: BGH, GRUR 2013, 713 - Fräsverfahren). Dazu reicht es nicht aus, die Gültigkeit eines Patentübertragungsvertrages mit der ins Blaue hinein aufgestellten Behauptung in Zweifel zu ziehen, die im notariellen Patentübertragungsvertrag bezeichnete Bevollmächtigte des Verkäufers, deren allgemeine Verfahrensvollmacht unstreitig ist, habe keine spezielle Übertragungsvollmacht gehabt.
2. Die rechtsgeschäftliche Übertragung der europäischen Patentanmeldung muss nach Art. 72 EPÜ schriftlich erfolgen und bedarf der Unterschrift der Vertragsparteien. Diese Voraussetzungen sind gewahrt, wenn beide Vertragsparteien in einer Urkunde die Erklärung unterzeichnen, die die Übertragung bewirken soll, und die Identität der Vertragsparteien aus der Urkunde hervorgeht.
3. Die Vorgaben der Prüfungsrichtlinie des EPA E - Kap. XIV, 3, wonach die generelle Bevollmächtigung in Verfahren vor dem EPA - sei es durch Einzelvollmacht oder allgemeine Vollmacht - nicht ausreicht, um einen Übertragungsvertrag abzuschließen, entfalten keine Bindungswirkung gegenüber staatlichen Gerichten hinsichtlich der Feststellungen zur materiellen Berechtigung eines Patentinhabers.
4. Für einen Schadensersatzfeststellungsanspruch bedarf es der positiven, für den Anspruchssteller günstigen Feststellung, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Schadens besteht, auch wenn diese nicht hoch zu sein braucht. Daran fehlt es, wenn eine Patentinhaberin ihrer Muttergesellschaft für die Nutzung des Patents eine ausschließliche Lizenz erteilt hat, die weder umsatz- noch stückbezogen ist, und die Muttergesellschaft Alleingesellschafterin der Patentinhaberin ist, so dass auch nicht festgestellt werden kann, dass diese aufgrund gesellschaftsrechtlicher Verbindungen an der Lizenznutzung partizipiert. Auch eine der Patentinhaberin im Lizenzvertrag vorbehaltene Nutzung des Patents "für eigene interne Geschäftszwecke" weist mangels anderweitigen Vortrags nicht auf eine Verwertung des Patents am Markt hin, die aber Bezugspunkt eines eigenen Schadens des Patentrechtsinhabers ist.
Normenkette
EPÜ Art. 72; PatG § 139
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 08.09.2017 - Az. 315 O 39/16 - abgeändert.
Die Klage wird, soweit die Parteien den Rechtsstreit nicht übereinstimmend für erledigt erklärt haben, abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 3/5 und die Beklagte 2/5 zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung der Vollstreckungsgläubigerin abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages, sofern nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
und beschließt:
5. Der Streitwert für das Verfahren erster Instanz wird unter Abänderung des Beschlusses des Landgerichts Hamburg vom 08.09.2017 auf EUR 350.000 festgesetzt, wobei auf die Unterlassungsansprüche zu Ziffer I. 1. a EUR 200.000 und zu Ziffer I. 1. b EUR 100.000 entfallen, auf die Ansprüche auf Auskunft, Rechnungslegung und Vernichtung (Ziffern I. 2 bis 4) jeweils EUR 10.000 und auf den Anspruch auf Schadensersatzfeststellung (Ziffer II.) EUR 20.000.
6. Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf EUR 230.000 festgesetzt, wobei auf den Anspruch zu Ziffer I. 1. EUR 200.000 entfallen, auf die Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung (Ziffern I. 2 und 3) jeweils EUR 1.000, den Vernichtungsanspruch (Ziffer I. 4) EUR 8.000 und den Anspruch auf Schadensersatzfeststellung (Ziffer II.) EUR 20.000.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer behaupteten Patentverletzung. Die Klägerin nimmt die Beklagte, soweit für das Berufungsverfahren noch von Bedeutung, auf Auskunft, Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht nach Maßgabe des durch das Bundespatentgericht eingeschränkt aufrecht erhaltenen Klagepatents in Anspruch.
Die Klägerin ist Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 0 942 880, deutsches Aktenzeichen DE 697 03 940 (nachfolgend Klagepatent genannt), das am 19. November 1997 unter Beanspruchung der Prioritäten GB 96 24 274 vom 21. November 1996, GB 97 16 699 vom 6. August 1997 und GB 97 210 80 vom 3. Oktober 1997 angemeldet und dessen Erteilung am 17. Januar 20...