Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 29.10.1998; Aktenzeichen 32 O 373/98)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 29. Oktober 1998 verkündete Urteil der Zivilkammer 32 des Landgerichts Berlin geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerinnen haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird bei einem Wert der Beschwer von bis zu 60.000,– DM nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg, denn die Beklagten sind durch nachträgliche Abänderung rückwirkend auf den Beginn des Mietverhältnisses nicht mehr Mieter der streitgegenständlichen Räume, so dass die geltend gemachten Mietzinsansprüche gegen sie nicht bestehen.

Das Landgericht hat eine Mieterauswechslung an der Nichteinhaltung der gewillkürten Schriftform, wie sie die Parteien in § 10 Nr. 5 des Mietvertrages vereinbart haben, scheitern lassen. Dem vermag der Senat sich nicht anzuschließen. Zutreffend ist das Landgericht allerdings davon ausgegangen, dass sich eine schriftformgerechte Mieterauswechslung nicht feststellen lässt.

Nach dem vom Landgericht erstinstanzlich festgestellten Tatbestand existieren hinsichtlich der Mieterauswechslung lediglich das Schreiben der Beklagten vom 02.04.1993 an die damalige Eigentümerin bzw. Vermieterin, in der um die Mieterauswechslung gebeten wurde und das geänderte erste Blatt des Mietvertrages, in dem nunmehr die GmbH anstelle der Beklagten als Mieterin ausgewiesen ist. Nach § 127 Satz 2 genügt es für die gewillkürte Schriftform zwar, wenn ein entsprechender Briefwechsel vorliegt, d.h. die Parteien müssen nicht auf einer Urkunde beide unterschreiben. Dass ein solcher wechselseitiger Briefwechsel gepflogen worden ist, wird aber nicht behauptet. Vielmehr existiert nur das oben genannte Schreiben der Beklagten. Da ein Antwortschreiben nicht vorgelegt worden ist, lässt sich die Einhaltung der Schriftform danach nicht feststellen. Die Schriftform könnte allerdings auch dadurch eingehalten werden, dass beide Parteien übereinstimmend eine Auswechslung der Seite 1 des Mietvertrages vorgenommen haben und dann die neue Seite 1 mit dem übrigen Vertragstext verbunden haben, so dass dann die neue Seite 1 von den Unterschriften gedeckt wäre. Auch hierzu fehlt aber jeder Vortrag, so dass davon auszugehen ist, dass die gewillkürte Schriftform nach § 10 Nr. 5 des Vertrages nicht eingehalten worden ist. Nun entspricht es allerdings ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass auch bei Vereinbarung einer Schriftformklausel mündliche Absprachen gleichwohl bindend sein können. Die Gültigkeit derartiger formfreier – nicht notwendig ausdrücklicher – Absprachen ist für die Fälle bejaht worden, dass die Parteien übereinstimmend die Maßgeblichkeit des mündlich Vereinbarten gewollt haben, sich also darüber einig waren, dass für ihre vertraglichen Beziehungen neben dem Urkundeninhalt auch jene mündliche Abrede gelten solle (vgl. BGHZ 66, 378 (380, 381)). Die übereinstimmend gewollte mündliche Absprache macht dann, soweit sie reicht, das gewillkürte Formerfordernis hinfällig. Allerdings hat der Bundesgerichtshof hierzu ausgeführt, dass bei der Feststellung eines entsprechenden übereinstimmenden Parteiwillens besondere Zurückhaltung geboten ist und dass klar erkennbar sein muss, dass die formfreie Absprache gelten soll, um nicht den Zweck der Schriftformvereinbarung völlig auszuhöhlen (vgl. BGH a.a.O.). Hierfür ist insbesondere von Bedeutung, wie die Vertragspartner sich nachträglich verhalten haben, insbesondere also, ob sie sich entsprechend dem mündlich Vereinbarten verhalten haben. Da die Hausverwaltung der ursprünglichen Vermieterin in der Folgezeit mehrfach Schriftwechsel betreffend die Mietsache mit der GmbH anstelle der Beklagten geführt hat, ist dieses Erfordernis erfüllt.

Allerdings enthält § 10 Nr. 5 des Mietvertrages nicht nur eine allgemeine Schriftformklausel, sondern darüber hinaus auch noch die weitere Klausel, dass auf das Formerfordernis nur durch eine schriftliche Erklärung verzichtet werden könne. Eine solche Klausel war auch Gegenstand der oben zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Dieser hat hierzu zwar ausgeführt, dass diese Klausel ersichtlich den einzigen Zweck habe, die Aushöhlung der Schriftformvereinbarung durch Bindung der Vertragspartner an mündliche Erklärungen oder gar an schlüssiges Verhalten unmöglich zu machen. Auch rechtliche Bedenken gegen eine solche Regelung hat der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung nicht erhoben, vielmehr ausgeführt, dass eine solche Regelung jedenfalls in einem Individualvertrag unter Kaufleuten getroffen werden könne, da die Vertragsfreiheit diesen erlaube, ihre rechtsgeschäftlichen Beziehungen starr an bestimmte Formen zu binden. Danach bedürfte es grundsätzlich, um zur Formfreiheit zu gelangen, einer schriftlichen Verzichtserklärung im Sinne der vertraglichen Regelung. Allerdings muss auch hi...

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