Entscheidungsstichwort (Thema)
Verweisung im selbständigen Beweisverfahren
Normenkette
ZPO §§ 36, 281, 485 ff.
Verfahrensgang
LG Osnabrück (Beschluss vom 23.02.2006; Aktenzeichen 2 OH 111/05) |
AG Eberswalde (Beschluss vom 10.11.2005; Aktenzeichen 2 H 5/05) |
Tenor
Der Verweisungsbeschluss des AG Eberswalde vom 10.11.2005 und der zuständigkeitsverneinde Beschluss des LG Osnabrück vom 23.2.2006 werden aufgehoben. Die Sache wird zur weiteren Sachbehandlung an das AG Eberswalde zurückgegeben.
Gründe
I. Die Antragstellerin, die im Bezirk des LG Osnabrück ansässig ist, hat bei dem AG Eberswalde einen Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens betreffend von ihr behauptete Mängel an den von der Antragsgegnerin durchgeführten Elektroarbeiten im Gebäude B.-straße 30 in Eberswalde eingereicht. Die Antragsgegnerin hat ihren Sitz ebenfalls im Bezirk des LG Osnabrück. Mit Verfügung vom 24.10.2005 hat das AG Eberswalde Bedenken gegen seine sachliche Zuständigkeit mitgeteilt und angefragt, ob die Antragstellerin einen Antrag auf Verweisung an das LG Frankfurt (Oder) stelle. Mit Schriftsatz vom 26.10.2005 hat die Antragstellerin sinngemäß einen Antrag auf Verweisung des Verfahrens an das LG Frankfurt (Oder) gestellt. Mit Schriftsatz vom 28.10.2005 hat die Antragsgegnerin die örtliche Unzuständigkeit des AG Eberswalde gerügt und ausgeführt, dass die Parteien die Zuständigkeit des LG Osnabrück vereinbart hätten; sie hat beantragt, die Sache an das LG Osnabrück abzugeben. Hierauf hat das AG Eberswalde der Antragstellerin Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Tagen (bis zum 7.11.2005) gegeben. Mit Beschluss vom 10.11.2005 hat das AG Eberswalde sich für örtlich (und sachlich) unzuständig erklärt und das Verfahren an das LG Osnabrück verwiesen. Mit Eingang vom 11.11.2005 hat die Antragstellerin bestritten, dass die Parteien die Zuständigkeit des LG Osnabrück vereinbart hätten, und mitgeteilt, dass das Verfahren vor dem LG Frankfurt (Oder) durchgeführt werden solle. Diesen Standpunkt hat sie mit Schriftsatz vom 12.1.2006 aufrechterhalten. Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 20.1.2006 entgegnet, dass "die Sache abgegeben werden" möge, wenn die Gerichtsstandsvereinbarung bestritten werde. Mit Beschluss vom 23.2.2006 hat sich das LG Osnabrück für örtlich unzuständig erklärt und die Sache dem OLG Oldenburg vorgelegt. Dieses hat das Ersuchen des LG Osnabrück unter Hinweis auf seine fehlende Zuständigkeit nach §§ 36, 37 ZPO mit Beschluss vom 1.3.2006 zurückgewiesen (5 AR 9/06). Hierauf hat das LG Osnabrück das Verfahren mit Beschluss vom 8.3.2006 dem OLG Brandenburg zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
II.1. Der Zusländigkeitsstreit ist gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 und Abs. 2. ZPO durch das OLG Brandenburg zu entscheiden, weil das zu seinem Bezirk gehörende AG Eberswalde unter den am Zuständigkeitsstreit beteiligten Gerichten zuerst mit der Sache befasst gewesen ist.
§ 36 ZPO ist anerkanntermaßen auch auf Zuständigkeitsbestimmungen im selbständigen Beweisverfahren anwendbar (s. etwa OLG Frankfurt v. 26.9.1997 - 21 AR 76/97, NJW-RR 1998, 1610; OLG Zweibrücken v. 13.7.1999 - 2 AR 29/99, NJW-RR 2000, 1084; BayObLG v. 12.3.1998 - 1Z BR 99/96, NJW-RR 1998, 209; v. 20.10.1998 - 1Z AR 75/98, NJW-RR 1999, 1010; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 36 Rz. 2; Baumbach/Hartmann, ZPO, 64. Aufl. 2006, § 36 Rz. 6; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 27. Aufl. 2005, § 36 Rz. 1; Musielak/Heinrich, ZPO, 4. Aufl. 2005, § 36 Rz. 4).
2. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Sowohl das AG Eberswalde als auch das LG Osnabrück haben sich i.S.v. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO rechtskräftig für unzuständig erklärt, nämlich das AG Eberswalde durch nach § 281 Abs. 2 S. 2 ZPO unanfechtbaren Verweisungsbeschluss vom 10.11.2005 und das LG Osnabrück durch die seine Zuständigkeit abschließend verneinende Entscheidung vom 23.2.2006, die als solche den Anforderungen genügt, die an das Merkmal "rechtskräftig" i.S.v. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu stellen sind, weil es insoweit allein darauf ankommt, dass eine den Parteien bekannt gemachte ausdrückliche beiderseitige Kompetenzleugnung vorliegt (BGH v. 10.12.1987 - I ARZ 809/87, BGHZ 102, 338 [340] = MDR 1988, 470; v. 8.6.1988 - I ARZ 388/88, BGHZ 104, 363 [366] = MDR 1988, 1029; v. 10.9.2002 - X ARZ 217/02, BGHReport 2003, 44 = MDR 2002, 1446 = NJW 2002, 3634 [3635]; OLG Brandenburg v. 4.10.2005 - 1 AR 56/05, OLGReport Brandenburg 2005, 1004; OLG-NL 2005, 16 [17]; v. 10.12.2003 - 1 AR 84/03, OLGReport Brandenburg 2004, 171 = NJW 2004, 780; OLG-NL 2001, 70, 214; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 36 Rz. 1; Baumbach/Hartmann, ZPO, 64. Aufl. 2006, § 36 Rz. 36; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 27. Aufl. 2005, § 36 Rz. 23).
3. Der Verweisungsbeschluss des AG Eberswalde vom 10.11.2005 ist klarstellend aufzuheben. Die Verweisung erweist sich als objektiv willkürlich, sodass ihr keine Bindungswirkung nach § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO zukommt.
§ 281 ZPO ist für das selbständige...