Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts vom 25. März 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Beide Parteien betreiben den Einzelhandel mit Geräten der Telekommunikation in Verbindung mit dem gleichzeitigen Abschluß von Netzkartenverträgen.
Die Beklagte warb im Oktober 1995 in der „Thüringer Allgemeinen” für den Erwerb eines Mobiltelefons der Marke Bosch mit den Worten „Für'n Apfel und n'Ei”. Im linken unteren Drittel der Anzeige wird in einem eingerahmten Text – eingeleitet durch ein Sternchen – darauf hingewiesen, daß „dieser Preis” nur in Verbindung mit dem Abschluß eines Netzkartenvertrages gilt.
Die Klägerin hat in dieser Werbung einen Verstoß gegen die Zugabeverordnung sowie gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt eines übertriebenen Anlockens erblickt und sie als wettbewerbswidrig beanstandet. Ferner hat sie geltend gemacht, die Werbung verstoße auch gegen das Irreführungsverbot (§ 3 UWG).
Die Klägerin hat beantragt,
- die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,
- im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes im Zusammenhang mit der Freischaltung einer Telefonnetzkarte ein Telefon-Handy (Funktelefon) „für'n Apfel und n'Ei” anzukündigen, anzubieten oder zu gewähren, wie dies aus der als Anlage K 1 vorgelegten Werbung ersichtlich ist.
Das Landgericht hat die Beklagte durch Versäumnisurteil antragsgemäß verurteilt und das Versäumnisurteil auf den Einspruch der Beklagten aufrechterhalten.
Das Berufungsgericht hat die Verurteilung unter Neufassung des Urteilstenors mit der Maßgabe bestätigt, daß die Ordnungshaft an den Geschäftsführern der Beklagten zu vollstrecken ist.
Mit der (zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, in der beanstandeten Werbung liege die Ankündigung einer nach § 1 Abs. 1 ZugabeVO unzulässigen Zugabe sowie ein nach § 1 UWG wettbewerbswidriges übertriebenes Anlocken hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Wie der Senat in mehreren nach Erlaß des Berufungsurteils ergangenen Entscheidungen vom 8. Oktober 1998 ausgeführt hat, stellt sich die Werbung mit der an den Abschluß eines Netzkartenvertrages gekoppelten, unentgeltlichen oder besonders günstigen Abgabe eines Mobiltelefons als ein legitimer Hinweis auf den günstigen, durch verschiedene Bestandteile geprägten Preis einer einheitlichen, nicht in Haupt- und Nebenleistung (Zugabe) aufzuspaltenden Gesamtleistung dar, durch den die eigene Leistungsfähigkeit hervorgehoben wird (BGHZ 139, 368, 374 f. – Handy für 0,00 DM; BGH, Urt. v. 8.10.1998 – I ZR 7/97, GRUR 1999, 261, 263 = WRP 1999, 94 – Handy-Endpreis; Urt. v. 8.10.1998 – I ZR 147/97, WRP 1999, 517, 518 m.w.N.). Die damit verbundene Anlockwirkung ist nicht wettbewerbswidrig, sondern liegt als gewollte Folge in der Natur des Leistungswettbewerbs (vgl. BGH, Urt. v. 28.4.1994 – I ZR 68/92, GRUR 1994, 743, 744 = WRP 1994, 610 – Zinsgünstige Kfz-Finanzierung durch Herstellerbank; Urt. v. 25.9.1997 – I ZR 84/95, GRUR 1998, 500, 501 = WRP 1998, 388 – Skibindungsmontage). Nach den Senatsentscheidungen vom 8. Oktober 1998 tritt dem auch die Revisionserwiderung nicht mehr entgegen.
2. Das Berufungsgericht hat – aus seiner Sicht folgerichtig – ungeprüft gelassen, ob die beanstandete Werbung hinsichtlich der Darstellung der Preise für die Leistungen aus dem Netzkartenvertrag gegen das Irreführungsverbot oder gegen die Gebote der Preisangabenverordnung verstößt. Hierzu besteht nunmehr Veranlassung.
a) Gegenstand des Unterlassungsantrages ist (allein) die konkrete Verletzungsform, auf die der Antrag ungeachtet der in ihm enthaltenen abstrakten Beschreibung der angegriffenen Wettbewerbshandlung durch den Hinweis „… wie dies aus der als Anlage K 1 vorgelegten Werbung ersichtlich ist” Bezug nimmt (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 7.6.2001 – I ZR 115/99, WRP 2001, 1182, 1183 – Jubiläumsschnäppchen). Die Klägerin hat diese Werbung bereits in der Klageschrift und erneut in der Berufungserwiderung vom 26. November 1997 als irreführend beanstandet. Zur Begründung hat sie vorgetragen, das bei den Bedingungen des Kartenvertrages angebrachte Sternchen finde an keiner anderen Stelle der Werbung eine Entsprechung. Darin liegt die Behauptung, der angesprochene Verkehr werde über die im Zusammenhang mit dem Netzkartenvertrag auf ihn zukommenden Kosten im Unklaren gelassen. Nachdem die auf § 1 UWG und auf § 1 Abs. 1 ZugabeVO gestützte Verurteilung keinen Bestand hat, ist dem nun nachzugehen.
b) Dem Senat ist allerdings eine eigene Sachentscheidung verwehrt. Denn das Berufungsgericht hat keine Feststellungen zur Gestaltung der Anzeige getroffen, die eine entsprechende rechtliche Beurteilung erlauben würden.
aa) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung genügt hierfür nicht die Feststellung, das die eingerahmten Hinweise zum Netzkartenvertrag einleitende Sternchen finde in der Werbeanzeige keine Entsprechung. Denn unter den vorliegenden Umständen läßt sich daraus noch nicht ableiten, für den Leser bleibe unklar, daß die Abgabe des Mobiltelefons „Für'n Apfel und n'Ei” vom Abschluß eines mit Folgekosten verbundenen Netzkartenvertrages abhänge. Davon ist auch das Berufungsgericht nicht ausgegangen. Es hat vielmehr angenommen, die Beklagte stelle in ihrer Werbung den Zusammenhang zwischen der günstigen Abgabe des Mobiltelefons und dem Netzkartenvertrag besonders heraus. Ob und inwieweit der Leser über die konkreten Bedingungen des Kartenvertrages im Unklaren gelassen werde, hat das Berufungsgericht nicht näher untersucht. Es hat lediglich – allerdings auf der Grundlage der in den Akten befindlichen verkleinerten, schlecht leserlichen Kopie – angenommen, die Verknüpfung der Worte „Am Netz dabei” und „Für'n Apfel und n'Ei” vermittle dem flüchtigen Betrachter den Eindruck, auch der Netzkartenvertrag sei besonders günstig. Damit hat es jedoch – abgesehen davon, daß nicht ohne weiteres auf den flüchtigen Betrachter, sondern auf den durchschnittlich informierten, verständigen Verbraucher, der sich der Anzeige mit situationsadäquater Aufmerksamkeit zuwendet, abzustellen ist (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1999 – I ZR 167/97, GRUR 2000, 619, 621 = WRP 2000, 517 – Orient-Teppichmuster) – den Sachverhalt nicht hinreichend ausgeschöpft. Denn die Behauptung der Klägerin, wonach der Leser über die Bedingungen des angekoppelten Kartenvertrages im Unklaren gelassen werde, bedarf unabhängig davon, ob auf den eingerahmten Text durch ein weiteres Sternchen Bezug genommen wird, einer vollständigen Würdigung der angegriffenen Werbeanzeige.
bb) Dies geht entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch nicht über den zur Entscheidung gestellten Streitgegenstand hinaus. Bei einer auf Irreführung gestützten Klage setzt sich der maßgebliche Lebenssachverhalt aus der beanstandeten Werbemaßnahme und der nach Behauptung der Klägerin dadurch erzeugten Fehlvorstellung der angesprochenen Verkehrskreise zusammen (BGH, Urt. v. 8.6.2000 – I ZR 269/97, GRUR 2001, 181, 182 = WRP 2001, 28 – dentalästhetika). Ungeachtet des Umstandes, daß die Klägerin die Behauptung einer unzureichenden Aufklärung über die Folgekosten allein auf das Fehlen eines Sternchens zur Verweisung auf die in dem eingerahmten Text dargestellten Bedingungen des Netzkartenvertrages gestützt hat, ist die Frage einer ausreichenden Verdeutlichung der Bedingungen des Netzkartenvertrages unter den hier vorliegenden Gegebenheiten insgesamt Gegenstand des Rechtsstreits. Denn die Zuordnung der weiteren Kostenbestandteile zu dem günstigen Preis des Mobiltelefons, die Lesbarkeit derselben sowie die Vollständigkeit ihrer Darstellung sind Elemente, die nur im Gesamtzusammenhang gewürdigt werden können und entweder zusammen eine vollständige und zutreffende Aufklärung oder eine Irreführung des Lesers über die Folgekosten bewirken. Die Feststellung, es fehle an einem weiteren Sternchen, das auf die eingerahmten Bedingungen des Netzkartenvertrages verweise, rechtfertigt dagegen für sich genommen noch nicht die Annahme, die angegriffene Werbung sei hinsichtlich der Folgekosten des Netzzugangs irreführend. Auch dem unstreitigen Parteivorbringen läßt sich nicht entnehmen, ob die beanstandete Werbung vollständig über die mit dem Abschluß des Netzkartenvertrages verbundenen Kosten aufklärt.
c) Nach der Senatsrechtsprechung ist die Werbung mit einem Mobiltelefon, das nichts oder fast nichts kosten soll, irreführend und verstößt gegen die Preisangabenverordnung, wenn die für den Verbraucher mit Abschluß des Netzkartenvertrags verbundenen Kosten nicht deutlich kenntlich gemacht werden. Dies bedeutet, daß die Angaben über die Kosten des Netzzugangs räumlich eindeutig dem blickfangmäßig herausgestellten Preis für das Mobiltelefon zugeordnet sowie gut lesbar und grundsätzlich vollständig sein müssen (BGHZ 139, 368, 375 ff. – Handy für 0,00 DM; BGH GRUR 1999, 261, 264 – Handy-Endpreis; BGH, Urt. v. 8.10.1998 – I ZR 94/97, WRP 1999, 509, 512 m.w.N.). Bei den Akten befindet sich aber, wie oben ausgeführt, lediglich eine verkleinerte, schlecht leserliche Kopie der angegriffenen Werbung. Anhand dieser Kopie läßt sich nicht abschließend beurteilen, ob in der Werbung mit einer – den vom Senat hierzu aufgestellten Grundsätzen entsprechenden – ausreichenden Deutlichkeit auf die Bedingungen des gleichzeitig abzuschließenden Netzkartenvertrages hingewiesen wird. Sie ist daher als Grundlage für anhand des unstreitigen Parteivorbringens nachzuholende Feststellungen ungeeignet (vgl. BGH, Urt. v. 28.11.1996 – I ZR 197/94, GRUR 1997, 767, 769 = WRP 1997, 735 – Brillenpreise II). Das erst im Revisionsverfahren vorgelegte Original der Werbeanzeige muß bei der rechtlichen Beurteilung außer Betracht bleiben (§ 561 Abs. 1 ZPO).
d) Im wiedereröffneten Berufungsrechtszug wird die Klägerin auch Gelegenheit haben, ihren Klageantrag zu überprüfen und gegebenenfalls klarzustellen. Hierzu besteht insofern Veranlassung, als sie bislang zur Einbeziehung der konkret beanstandeten Werbung in ihrem Unterlassungsantrag nur auf eine als „Anlage K 1” vorgelegte verkleinerte und zum Teil unleserliche Kopie Bezug genommen hat, die in dieser Form – unstreitig – nicht verbreitet worden ist. Soweit es für die rechtliche Beurteilung unter dem Blickwinkel einer Irreführung nunmehr auf die in der Kopie nicht leserlichen Teile der Werbung ankommt, bestehen darüber hinaus Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit des Klageantrags (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO; vgl. BGH GRUR 1997, 767, 769 – Brillenpreise II). Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot das Verbot der Gewährung der in der Werbung angekündigten Vorteile nicht ohne weiteres rechtfertigen könnte (vgl. BGH GRUR 1999, 261, 264 – Handy-Endpreis, m.w.N.).
3. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Erdmann, v. Ungern-Sternberg, Bornkamm, Pokrant, Büscher
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 07.06.2001 durch Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 657795 |
BGHR 2002, 76 |