Vertretung juristischer Personen in der Eigentümerversammlung
Hintergrund
In einer Wohnungseigentümergemeinschaft sieht die Teilungserklärung vor, dass sich ein Wohnungseigentümer in der Eigentümerversammlung nur durch seinen Ehegatten, einen anderen Wohnungseigentümer aus der Gemeinschaft oder den Verwalter vertreten lassen kann.
Die Anlage besteht aus 43 Wohnungen. 21 Wohnungen gehören verschiedenen Eigentümern. 22 Wohnungen gehören der T. GmbH, die wiederum eine fast 100-prozentige Tochtergesellschaft einer Managementholding ist. Zu dem Konzern gehört auch die TA GmbH. Diese ist von allen Konzerngesellschaften, auch von der T. GmbH, bevollmächtigt, deren Sondereigentumseinheiten zu verwalten. Der gesamte Schriftverkehr mit dem Verwalter der Gemeinschaft wird über die TA GmbH abgewickelt.
In einer Eigentümerversammlung, in der die Wiederberstellung des Verwalters auf der Tagesordnung stand, erschien eine Mitarbeiterin der TA GmbH und legte eine Vollmacht der T. GmbH vor.
Der Versammlungsleiter wies die Vollmacht unter Hinweis auf die Vertretungsregelung in der Teilungserklärung zurück. Sodann beschlossen die Wohnungseigentümer mit 14 Ja-Stimmen die Wiederbestellung des Verwalters, ohne die Stimmen der T. GmbH zu berücksichtigen.
Die T. GmbH meint, der Ausschluss ihrer Vertreterin sei zu unrecht erfolgt und hat gegen den Bestellungsbeschluss Anfechtungsklage erhoben.
Entscheidung
Die Anfechtungsklage hat Erfolg. Der Beschluss über die Wiederbestellung des Verwalters entspricht nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, weil die T. GmbH rechtswidrig von der Stimmabgabe ausgeschlossen worden ist. Der Versammlungsleiter hätte die bevollmächtigte Mitarbeiterin der TA GmbH als Vertreterin der T. GmbH zulassen müssen.
Grundsätzlich kann sich ein Wohnungseigentümer durch eine beliebige andere Person in der Eigentümerversammlung vertreten lassen. Diese Befugnis ist hier durch die Teilungserklärung wirksam eingeschränkt worden.
Die Vertretungsbeschränkung gilt über ihren Wortlaut, der auf natürliche Personen zugeschnitten ist, hinaus auch für juristische Personen, denn insoweit besteht eine unbeabsichtigte Regelungslücke. Der Zweck von Vertretungsklauseln der vorliegenden Art ist es, Eigentümerversammlungen von gemeinschaftsfremden Einwirkungen freizuhalten. Deshalb sollen sich die Wohnungseigentümer nur durch bestimmte, dem eigenen Kreis nahestehende Personen vertreten lassen dürfen.
Dieser Zweck der Beschränkung besteht auch gegenüber Wohnungseigentümern, die juristische Personen sind. Daher ist eine Bestimmung in der Teilungserklärung, nach der Wohnungseigentümer sich in der Eigentümerversammlung nur durch den Ehegatten, einen Wohnungseigentümer oder den Verwalter vertreten lassen können, regelmäßig dahin ergänzend auszulegen, dass sie auch für juristische Personen gilt.
Eine juristische Person kann sich in einem solchen Fall aber nicht nur durch ihre organschaftlichen Vertreter, sondern auch durch einen ihrer Mitarbeiter vertreten lassen. Der Zweck, die Gemeinschaft von fremden Einflüssen freizuhalten, wird nicht gefährdet, wenn eine juristische Person einen Mitarbeiter anstelle eines organschaftlichen Vertreters in die Versammlung entsendet. Gemeinschaftsfremde Einwirkungen sind von einem Mitarbeiter der juristischen Person nicht zu erwarten.
Eine juristische Peson darf sich in der Eigentümerversammlung nicht nur durch einen unternehmenseigenen Mitarbeiter vertreten lassen. Zwar kann sie sich nicht durch einen Mitarbeiter eines beliebigen anderen Unternehmens vertreten lassen. Dies liefe dem Zweck der Vertretungsklausel zuwider. Sie darf sich aber jedenfalls dann auch von einem Mitarbeiter einer zu demselben Konzern gehörenden (weiteren) Tochtergesellschaft vertreten lassen, wenn diese für die Verwaltung der Sondereigentumseinheiten zuständig ist. Dies war hier der Fall, weil die TA GmbH von allen Konzerngesellschaften beauftragt war, deren Sondereigentum zu verwalten.
Die Mitarbeiterin der TA GmbH hätte daher als Vertreterin in der Eigentümerversammlung zugelassen werden müssen.
(BGH, Urteil v. 28.6.2019, V ZR 250/18)
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