Ansatz und Bewertung

Zur Ermittlung latenter Steuern sind die Differenzen der einzelnen Bilanzposten mit einem adäquaten Steuersatz zu bewerten. Hierbei ist der künftig zu erwartende Steuersatz anzusetzen. Da er meistens nicht genau bestimmbar ist, kann hilfsweise der Steuersatz angewendet werden, der zum Zeitpunkt der Erstellung des Jahresabschlusses gilt.

Sind Steuersatzänderungen geplant oder angekündigt, müssen sie als künftige Steuersätze angewendet werden. Bislang bilanzierte latente Steuern sind dann mit dem neuen Steuersatz zu bewerten und entsprechend zu korrigieren. Sowohl bei der Erst- als auch bei der Folgebewertung werden latente Steuern stets ergebniswirksam angesetzt. Von diesem Grundsatz darf für ausgewählte Geschäftsvorfälle abgewichen werden. Dann erfolgt eine erfolgsneutrale Verrechnung mit den Gewinnrücklagen. Ein typisches Beispiel für eine erfolgsneutrale Verrechnung ist der Erstansatz von latenten Steuern aus Unternehmenserwerben.

Da sich latente Steuern auf temporäre Differenzen beziehen, verändern sich die Steuern analog zu den Veränderungen der temporären Differenzen. Das kann zunächst zu einer Erhöhung des Bilanzansatzes führen, langfristig wird der Bilanzposten „latente Steuern“ aber stets vollständig aufgelöst. Der Zeitraum der Auflösung folgt dabei dem Zeitraum der zugrunde liegenden Differenz. Im Extremfall kann das bei sehr langfristigen Sachanlagen Jahrzehnte dauern. Aufgrund des langfristigen Charakters wird in vielen Rechnungslegungsstandards eine Überprüfung der Ansatzvoraussetzungen im Rahmen der Folgebewertung gefordert.

Relevant für Kapitalgesellschaften

Latente Steuern sind nicht für jeden relevant. Generell gilt, dass sie nach den Vorschriften des HGB nur von Kapitalgesellschaften zu bilanzieren sind.

Somit fallen weder natürliche Personen noch Personengesellschaften unter die Pflicht zur Bilanzierung latenter Steuern. Zudem sind kleine Kapitalgesellschaften aufgrund größenabhängiger Erleichterungen von diesen Vorschriften befreit. Hier wird argumentiert, dass es diesen Kapitalgesellschaften nicht zuzumuten sei, sich mit den komplexen Sachverhalten der latenten Steuern auseinanderzusetzen.

Wahlrecht

Hinsichtlich des Ansatzes aktiver latenter Steuern besteht ein Wahlrecht. Danach müssen aktive latente Steuern nicht unbedingt aktiviert werden. Gleichwohl sind die aktiven latenten Steuern zu berechnen und bei einer Saldierung mit den passiven latenten Steuern für einen Nettoausweis zu berücksichtigen. Hier ist aber Vorsicht geboten, zum einen, weil die Aussagekraft der latenten Steuern und ihr Informationsgehalt verfälscht werden, zum anderen, weil die latenten Steuern nicht vollständig abgebildet werden, wenn von dem Wahlrecht Gebrauch gemacht wird.

Aufgrund der Komplexität der latenten Steuern eröffnet das HGB eine Befreiung der Bilanzierung latenter Steuern für kleine Kapitalgesellschaften (§ 274 a Nr. 5 HGB). Sie können latente Steuern bilanzieren, müssen es aber nicht.

Künftiger Steuersatz

Die Bewertung der aus den Differenzen von Bilanzposten resultierenden latenten Steuern ist mit dem unternehmensindividuellen, künftig zu erwartenden Steuersatz vorzunehmen. Hier wird häufig ein aus Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer zusammengesetzter Steuersatz verwendet. Hat das Unternehmen mehrere Betriebsstätten, kann der Gewerbesteuersatz auf den gewichteten Hebesätzen der Betriebsstätten basieren. Sofern keine abweichenden künftigen Steuersätze angekündigt sind, sind die gültigen Steuersätze zum Bilanzstichtag anzuwenden. Gab es Gesetzesänderungen und haben diese den Bundesrat passiert, müssen die neuen Steuersätze verwendet werden.

Neben diesen Vorgaben zur Bewertung ist zu beachten, dass latente Steuern einem Abzinsungsverbot unterliegen. Der Ansatz ist in voller Höhe und ohne Kürzungen vorzunehmen.

Steuerliche Verlustvorträge

§ 274 Abs. 1  HGB schreibt die Aktivierung von steuerlichen Verlustvorträgen vor. Dabei ist die Aktivierung der Verlustvorträge der Höhe nach begrenzt. Als Bemessungsgrundlage soll hier die Steuerplanung der nächsten fünf Jahre dienen, aus der sich der Umfang des Ansatzes der Verlustvorträge errechnen lässt. Die Steuerplanung setzt üblicherweise auf der steuerlichen Planungsrechnung auf, die aus der Unternehmensplanung abgeleitet ist. Hier sind die Unternehmensplanung und die steuerliche Planungsrechnung aufeinander abzustimmen, um den gesetzlichen Vorgaben (Fünfjahreszeitraum, Besonderheiten des deutschen Steuerrechts) gerecht zu werden.

Praxis-Tipp:

Steuerliche Planungsrechnungen bedürfen eines interdisziplinären Prozesses. Binden Sie rechtzeitig das Controlling und Ihren steuerlichen Berater ein, um das Konzept, die Inhalte und die Abläufe für das Erstellen der steuerlichen Planungsrechnung zu definieren.

Schlagworte zum Thema:  Handelsgesetzbuch (HGB), BilMoG, Latente Steuern