Wann das Finanzamt einen Einkommensteuerbescheid ändern darf
„Unverhofft kommt oft“, heißt es schon im Volksmund. Mitunter gilt dieser Ausspruch jedoch auch, wenn es um Entscheidungen der Finanzverwaltung geht. Da ist die Einkommensteuererklärung erledigt, die Steuer wurde längst festgesetzt – und dann erhält der Steuerpflichtige einen geänderten Steuerbescheid. Erfolgt die Änderung zu seinen Ungunsten, hält sich das Verständnis für die Entscheidung meist in Grenzen. Vielmehr stellen sich die Betroffenen die Frage, ob ein solches Vorgehen tatsächlich zulässig ist.
Nachträglich in Einkommensteuerbescheid berücksichtigte Rente
Genauso erging es einem Ehepaar, über dessen Fall zuletzt der Bundesfinanzhof ( BFH, Urteil v. 27.11.2024, X R 25/22) entschieden hat. Dabei hatte das zuständige Finanzamt die von dem Mann in der gemeinsamen Steuererklärung für 2017 korrekt angegebenen Rentenbezüge nicht berücksichtigt. Grund dafür war, dass der Behörde zunächst keine Mitteilung des gesetzlichen Rentenversicherungsträgers vorlag. Entsprechend erließ sie im April 2019 den Einkommensteuerbescheid. Im Dezember 2020 änderte sie diesen jedoch ab und berücksichtigte nun auch die Rente des Mannes. Dabei bezog sie sich auf eine im Mai 2019 erhaltene Information der Rentensicherung.
Da der Steuerbescheid aus dem April 2019 nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand und inzwischen bestandskräftig geworden war, legte das Ehepaar Einspruch bei seinem Finanzamt ein. Nach dessen Abweisung klagten sie schließlich erfolglos vor dem Niedersächsischen Finanzgericht. Dabei machten die Richter den Hintergrund des relevanten § 175 b AO deutlich. Demnach sind von einer mitteilungspflichtigen Stelle übermittelte Daten auch dann als „nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt“ anzusehen, wenn die Informationen zum Zeitpunkt der Veranlagung noch nicht vorlagen. Dies gilt in jedem Fall, wenn die Angaben später zur Verfügung gestellt werden.
Umfassende Änderungsmöglichkeiten auch zu späterem Zeitpunkt
In der folgenden Revision machte der Bundesfinanzhof deutlich, dass das Finanzamt nach der Gesetzeslage sogar zu einer Änderung des Einkommensteuerbescheids verpflichtet war. Dabei spielt es keine Rolle, warum das zuständige Finanzamt die Informationen nicht einbezogen hat. Grundsätzlich gelten Daten als nicht berücksichtigt, wenn sie nicht ausgewertet oder verarbeitet wurden. Als „nicht zutreffend berücksichtigt“ sind Angaben anzusehen, wenn bei der Auswertung oder Verarbeitung ein Fehler aufgetreten ist.
Keine Bedeutung in Zusammenhang mit einer möglichen Änderung hat zudem der Zeitpunkt, zu dem die Finanzbehörde die relevanten Daten erhalten hat. So ist es nicht erforderlich, dass sie bei Erlass des ursprünglichen Steuerbescheids vorlagen. Unerheblich ist dabei auch, dass der Inhalt dem Finanzamt durch die Angaben in der Einkommensteuererklärung bereits bekannt war.
Keine Vorschriften zu Fristen
In seiner Entscheidung betonte der Bundesfinanzhof zudem, dass der Gesetzgeber in Zusammenhang mit § 175 b AO keine Fristen für zulässige Änderungen vorgesehen hat. Dies ist vor allem deshalb von Bedeutung, da das zuständige Finanzamt sich nach Erhalt der Daten für die Korrektur des Steuerbescheids noch einmal eineinhalb Jahre Zeit nahm.
Praxis-Tipp: Dies ist bei Änderungen des Steuerbescheids zu beachten
Grundsätzlich gilt: Ist der Einkommensteuerbescheid noch nicht bestandskräftig, kann das Finanzamt ihn jederzeit ändern. Dies ist immer vor Ablauf der vierwöchigen Einspruchsfrist der Fall. Ebenso verhindert ein Einspruch, dass die Bestandskraft eintritt. Erlässt die Finanzverwaltung den Bescheid unter Vorbehalt der Nachprüfung, bleibt er ebenfalls offen. Hier fällt die Möglichkeit zur Änderung erst mit Ablauf der Festsetzungsfrist weg. Diese endet im Regelfall nach 4 Jahren. Ergeht der Steuerbescheid dagegen vorläufig, betrifft die Entscheidung nur bestimmte Punkte. In den Erläuterungen finden Steuerpflichtige Hinweise dazu. In allen übrigen Punkten wird der Bescheid jedoch nach Ablauf der Einspruchsfrist bestandskräftig.
Bei einem bestandskräftigen Steuerbescheid lassen sich Änderungen lediglich in wenigen Fällen erreichen. Dies gilt z. B. dann, wenn Informationen bekannt werden, die zu einer anderen Besteuerung führen. Voraussetzung für eine Anpassung ist allerdings, dass den Steuerpflichtigen an der verspäteten Bekanntgabe der Angaben kein Verschulden trifft. Ein weiterer Grund für die Korrektur nach Eintritt der Bestandskraft sind sogenannte offenbare Unrichtigkeiten. Dazu zählen Schreib- oder Rechenfehler.
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