1. Einleitung

a) Entstehungsgeschichte

 

Tz. 127

Der ursprünglich im Jahr 1995 vom IASC herausgegebene IAS 32 wurde 2003 vom IASB überarbeitet. Dabei wurden auch die im Entwurf zu SIC D34 vorgeschlagenen Regelungen zu vom Inhaber kündbaren Instrumenten oder Rechten (vgl. Tz. 168 ff.) in den Standard integriert. Weitere Änderungen im Februar 2008 führten dazu, dass für bestimmte kündbare Instrumente sowie bei Liquidation entstehende Verpflichtungen eine Eigenkapitalklassifizierung ermöglicht wurde.

Ende 2005 wurden alle Angabepflichten zu Finanzinstrumenten in IFRS 7 ausgegliedert.

 

Tz. 128

2009 folgten weitere Änderungen, die für bestimmte auf Fremdwährung lautende Rechte eine Eigenkapitalklassifizierung vorschreiben, Ende 2011 wurden Inkonsistenzen bei den Saldierungskriterien für finanzielle Vermögenswerte/Verbindlichkeiten bereinigt.

Zudem erfolgten verschiedentlich kleinere Folgeänderungen an IAS 32 aus der Überarbeitung anderer Standards.

b) Geltungsbereich

 

Tz. 129

IAS 32 ist von allen nach IFRS bilanzierenden Unternehmen auf alle Arten von Finanzinstrumenten anzuwenden. Ausnahmen sind:

  • nach IAS 27, IAS 28 oder IFRS 10 bilanzierte Anteile an TU, assoziierten Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen (mit Ausnahmen hinsichtlich der Anwendung von IFRS 9 und Derivate auf Anteile an den genannten Unternehmen),
  • nach IAS 19 bilanzierte Rechte und Verpflichtungen eines Arbeitgebers aus Altersversorgungsplänen,
  • nach IFRS 4 bilanzierte Versicherungsverträge (mit Ausnahmen für bestimmte in Versicherungsverträge eingebettete Derivate und ggf. finanzielle Garantien),
  • nach IFRS 4 bilanzierte Finanzinstrumente (ermessensabhängige Überschussbeteiligung),
  • nach IFRS 2 bilanzierte Finanzinstrumente, Verträge und Verpflichtungen (mit Ausnahmen für Verträge i. S. d. IAS 32.8–.10 und eigene Anteile im Rahmen von Mitarbeiteranteilsoptions-/-kaufplänen sowie anderen anteilsbasierten Vergütungsvereinbarungen).

Eine Beschränkung auf kapitalmarktorientierte Unternehmen existiert nicht. Selbiges gilt im Hinblick auf größen-, branchen- oder rechtsformabhängige Erleichterungen.

 

Tz. 130

IAS 32 ist in seiner vorliegenden Form seit der ersten Berichtsperiode eines ab dem 01.01.2005 beginnenden Geschäftsjahres anzuwenden. Die Ergänzungen zu kündbaren Instrumenten und bei Liquidation entstehenden Verpflichtungen sind seit der ersten Berichtsperiode eines ab dem 01.01.2009 beginnenden Geschäftsjahres anzuwenden. Die Erstanwendung weiterer Folgeänderungen zu IAS 32 wird in IAS 32.97 ff. geregelt.

2. Erläuterung

a) Definition des Eigenkapitals

 

Tz. 131

Das Rahmenkonzept definiert Eigenkapital (equity) als Residualanspruch (residual interest) an den Vermögenswerten des Unternehmens nach Abzug aller Schulden (F.4.4(c)). Damit hängt die Höhe des Eigenkapitals von Ansatz und Bewertung der Vermögenswerte und Schulden ab, die das Unternehmen in seiner Bilanz ausweist. Als übergeordnetes Abgrenzungskriterium zwischen Eigen- und Fremdkapital dient damit der (unabdingbare) Auszahlungsanspruch ggü. dem Unternehmen.

 

Tz. 132

In diesem Zusammenhang legt IAS 32.18(b) fest, dass Finanzinstrumente, die den Inhaber (holder) dazu berechtigen, sie gegen Zahlungsmittel oder andere finanzielle Vermögenswerte an den Emittenten (issuer) zurückzugeben, im Grundsatz finanzielle Verbindlichkeiten darstellen. Dies setzt voraus, dass sich das Unternehmen dem Auszahlungsanspruch nicht uneingeschränkt entziehen kann (unconditional right to avoid, IAS 32.19). Vorübergehende Auszahlungshemmnisse, wie z. B. der Genehmigungsvorbehalt einer Aufsichtsbehörde oder der fehlende Zugang zu Devisen, entbinden das Unternehmen nicht von seiner Auszahlungsverpflichtung und führen damit zu keiner Klassifizierung des Instruments als Eigenkapital. Selbiges gilt für bedingte Auszahlungsverpflichtungen, z. B. bei Bestehen eines Rückkaufrechts. Ein entsprechender Auszahlungsanspruch kann zudem indirekt begründet sein (IAS 32.20).

 

BEISPIEL

Die Erfüllung eines Auszahlungsanspruchs auf ein Finanzinstrument kann bei Kündigung laut Vertragsgestaltung entweder in Zahlungsmitteln bzw. anderen finanziellen Vermögenswerten oder in eigenen Anteilen erfolgen. Liegt nun der Wert der eigenen Anteile deutlich höher als der der Zahlungsmittel und anderen finanziellen Vermögenswerte, ist von einem Ausgleich in bar auszugehen. Selbst wenn die Erfüllung nicht explizit in Zahlungsmitteln oder anderen finanziellen Vermögenswerten erfolgen muss, wird sich der Emittent aus wirtschaftlichen Gründen für einen Barausgleich entscheiden, da der Wert der eigenen Anteile den der Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente deutlich übersteigt.

 

Tz. 133

Damit definiert bereits die Möglichkeit eines Mittelabflusses Fremdkapital, Wahrscheinlichkeitsüberlegungen oder Erfahrungswerte hinsichtlich der Auszahlung bzw. im Speziellen der Ausübung des Kündigungsrechts bleiben dabei unbeachtet (IAS 32.BC17). Handelt es sich hingegen nicht um einen individuellen Auszahlungsanspruch, sondern muss über diesen – wie z. B. hinsichtlich des Dividendenanspruchs bei KapGes – erst kollektiv beschlossen werden, steht dies einem Eigenkapitalausweis i. d. R...

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