Tz. 87

Beim Tausch ist der Wert der Gegenleistung maßgeblich. Nach dem Äquivalenzprinzip ist aber davon auszugehen, dass die getauschten Vermögensgegenstände gleichwertig sind. Demnach ist der bisherige Buchwert zugrunde zu legen. Ggf. ist sofort auf den niedrigeren beizulegenden Wert abzuschreiben. Divergieren die Buchwerte (wie meistens), ist der höhere von beiden zugrunde zu legen. Zusätzliche Zahlungen (Tausch mit Baraufgabe) sind dem erhaltenen Vermögensgegenstand als Anschaffungskosten zuzuordnen, sofern sie nur von einer Seite zum Ausgleich einer bestehenden Wertdifferenz erfolgen.

 

Tz. 88

Die ganz h. M. gesteht dem Bilanzierenden ein Wahlrecht zu, ob er den Tauschvorgang gewinnneutral buchen möchte oder ob mit dem Tausch stille Reserven gehoben werden sollen.[206] Teilweise wird dieses Wahlrecht, Gewinne zu realisieren, nur dann anerkannt, wenn der Tausch betriebswirtschaftlich erforderlich war und nicht lediglich aus bilanzkosmetischen Gründen ("window dressing") vorgenommen wurde.[207]

 

BEISPIEL

Die A-AG ist Eigentümerin eines Grundstücks G1, das einen Buchwert von 500.000 EUR hat und bisher mit einer Lagerhalle bebaut ist. Der Verkehrswert des Grundstücks liegt mittlerweile bei 750.000 EUR. Aus bauplanungs- und immissionsschutzrechtlichen Gründen darf die A-AG eine dringend benötigte Produktionshalle jedoch nicht auf dem Grundstück G1 errichten. Sie tauscht das Grundstück G1 daher mit der B-AG gegen deren Grundstück G2, auf dem sie die Produktionshalle errichten darf. Das G2 hat einen gutachterlich festgestellten Wert von 600.000 EUR.

Nach h. M. hat die A-AG drei Möglichkeiten, den Vorgang zu bilanzieren:

  1. Sie bilanziert zu Buchwerten, d. h. G2 wird grundsätzlich mit dem Buchwert des G1 angesetzt, weil dieser – quasi als "Bezahlung" – zur Erlangung von G2 hingegeben wird. In einem ersten Schritt wäre der Sachverhalt damit als erfolgsneutral anzusehen. Evtl. wäre das Grundstück in einem zweiten Schritt sodann auf den ggf. niedrigeren Zeitwert abzuschreiben (dies ist im vorliegenden Beispiel nicht der Fall). G2 würde also mit 500.000 EUR angesetzt. Allerdings ist diese Variante der Erfassung im Steuerrecht nicht zulässig, so dass steuerrechtlich bei einem den handelsrechtlichen Buchwert übersteigenenden Zeitwert ein erhöhrter Steueraufwand erwächst (siehe 2.). Dieser würde schließlich dazu führen, dass der ursprünglich erfolgsneutral erfasste Sachverhalt in der GuV eine Höherbelastung aus erhöhtem Steueraufwand nach sich zieht und damit erfolgsmindernd wirkt.
  2. Die A-AG bucht G2 zum Verkehrswert ein, also mit 750.000 EUR. G1 wird ausgebucht. Somit realisiert sich ein Gewinn von 250.000 EUR, der dann auch zu erhöhtem Steueraufwand führt. Dieser Weg ist steuerrechtlich vorgeschrieben (§ 6 Abs. 6 Satz 1 EStG).
  3. Die A-AG bilanziert zu Buchwerten zzgl. der tatsächlich anfallenden Steuern aus dem Sachverhalt. Denn steuerrechtlich ist die Variante Nr. 1 unzulässig. Zu bilanzieren wäre also G2 mit dem Buchwert von G1 (500.000 EUR) zzgl. der Steuer aus 250.000 EUR. Auf diese Weise erfolgt die Erfassung des Tauschvorgangs erfolgsneutral, da der durch den Sachverhalt erhöhte Steueraufwand durch die "Aktivierung" desselben in den Anschaffungskosten in der GuV neutralisiert wird.

Während in der ersten Variante die fortgeführten Buchwerte zugrunde gelegt werden, stellt die zweite Variante auf Verkehrswerte ab. Dies entspricht grds. dem Äquivalenzprinzip, wonach sich Leistung und Gegenleistung grds. entsprechen und Anschaffungsvorgänge daher grds. als erfolgsneutral anzusehen sind (auch wenn § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG im Ergebnis Auswirkungen auf die GuV hat). Problematisch ist die Berücksichtigung von Verkehrswerten anstelle von Buchwerten aber dann, wenn beim Tausch "objektive" Werte nicht gutachterlich festgestellt werden.

 

BEISPIEL[208]

Die Fußballvereine FC A und SV B kommen überein, zwei Spieler zu tauschen. Einigt man sich, dass die Spieler eine Wertdifferenz von 1 Mio. EUR haben, kann der Tauschwert der Spieler im Übrigen beliebig verschoben werden: a) Spieler S 1 hat einen Wert von 3 Mio. EUR, Spieler S 2 von 4 Mio. EUR oder b) Spieler S 1 hat einen Wert von 30 Mio. EUR, Spieler S 2 von 31 Mio. EUR.

 

Tz. 89

Für die Annahme des oben (vgl. Tz. 88) genannten Wahlrechts, auch zum Zeitwert des hingegebenen Gegenstands zu bilanzieren, besteht entgegen der ganz h. M.[209] aus rechtlicher Sicht kein Anlass. Der Gesetzgeber ist spätestens seit dem BilMoG bestrebt, Wahlrechte im Bilanzrecht zu reduzieren, implizite Wahlrechte stehen diesem Vorhaben entgegen und waren auch vor der Reform durch das BilMoG problematisch.[210] Ebenso wenig können in dem Tauschvorgang zwei Veräußerungs- bzw. Erwerbsvorgänge gesehen werden, für die jeweils ein eigener Preis vereinbart werden durfte.[211] Denn dann könnten die Parteien durch Vereinbarung gleich großer Preisaufschläge, die sich folglich gegenseitig neutralisieren, den Anschaffungspreis treiben wohin sie möchten.[212] Lediglich dann, wenn höhere Zeitwerte durch objektive Bewertungsgutachten na...

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