Tz. 19

§ 264 Abs. 1 Satz 3 HGB verlangt die Aufstellung des Jahresabschlusses einschließlich des Lageberichts innerhalb der ersten drei Monate des folgenden Geschäftsjahres. Die Vorschrift bezieht sich allein auf die Aufstellung des Jahresabschlusses. Für kleine Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 1 HGB) gibt es eine Ausnahme in § 264 Abs. 1 Satz 4 HGB. Ihnen ist die Aufstellung innerhalb der ersten sechs Monate des folgenden Geschäftsjahres gestattet, soweit dies einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entspricht. Die Aufstellung darf nicht willkürlich später als drei Monate geschehen, jedoch führen sachliche Gründe zur Verlängerung der Frist auf sechs Monate.[35] In Krisensituationen ist es mit Blick auf Strafbarkeitsvorschriften (§ 283 Abs. 1 Nr. 7b, § 283b Abs. 1 Nr. 3b StGB) bzw. auch die drohende Insolvenzverschleppungshaftung (§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 15a InsO[36]) geboten, den Jahresabschluss unverzüglich zu erstellen.[37]

 

Tz. 20

Strikt abzugrenzen von den Aufstellungsfristen sind die Feststellungsfristen. § 42a Abs. 2 Satz 1 GmbHG verlangt eine Feststellung innerhalb der ersten acht Monate des Geschäftsjahres; bei kleinen GmbHs im Sinne von § 267 Abs. 1 HGB ist die Feststellung innerhalb von elf Monaten notwendig. Gem. § 175 Abs. 1 Satz 2 AktG muss die Hauptversammlung, die über die Gewinnverwendung beschließt, ohne Ausnahme innerhalb der ersten acht Monate einberufen werden. Daraus ergibt sich, dass im Aktienrecht die Feststellung des Jahresabschlusses auch innerhalb der ersten acht Monate geschehen sein muss.

 

Tz. 21

Eine Fristverlängerung in der Satzung wird für unzulässig gehalten.[38] Das ergibt sich nicht aus dem Gesetz. Gleichwohl ist der herrschenden Meinung zuzustimmen. In § 42a Abs. 2 Satz 2 GmbHG wird ausdrücklich die Fristverlängerung für die Feststellung des Jahresabschlusses untersagt. Man wird den Gedanken der Vorschrift auf die Aufstellungsfristen übertragen können, weil andernfalls die Zeiten zur Prüfung durch den Abschlussprüfer bzw. den Aufsichtsrat gem. § 171 AktG in unsachgemäßer Weise verkürzt würden. Die Überschreitung der Aufstellungsfrist hat keine Außenwirkung; allenfalls im Innenverhältnis kann dem Geschäftsleiter eine Pflichtverletzung vorgeworfen werden.

 

Tz. 22

Hingegen ist es umstritten, ob eine Fristverkürzung in der Satzung zulässig ist.[39] Die Lösung dieser Frage ist an die komplexe gesellschaftsrechtliche Frage geknüpft, inwieweit die Satzung (insbesondere in der AG) dem Vorstand bzw. Geschäftsleiter Vorgaben hinsichtlich der Aufstellung des Jahresabschlusses machen darf. Eine Diskussion dazu fehlt bislang. Der Geschäftsleiter soll die gesamten drei Monate ausnutzen dürfen, um sorgfältig das Datenmaterial zusammenzutragen. So kann er noch Kenntnisse erlangen, die einen Umstand aus dem letzten Geschäftsjahr betreffen (werterhellende Tatsachen). Eine Verkürzung der Frist in der Satzung ist daher unzulässig. Keine Regelung kann in der Satzung einer kleinen Kapitalgesellschaft getroffen werden. Erstens weiß man nicht, wie lange diese Gesellschaft als kleine KapGes im Sinne von § 267 Abs. 1 HGB einzustufen ist. Zum anderen darf die Frist nur verlängert werden, wenn dafür sachliche Gründe bestehen – eine pauschale Fristverlängerung in der Satzung muss daher ausgeschlossen sein.

[35] ADS, § 264 HGB Rn. 28a; Graf/Bisle, in: MüKo-BilR, § 264 HGB Rn. 22; Winkeljohann/Schellhorn, in: BeckBilKo, § 264 HGB Rn. 17.
[37] Baetge/Commandeur/Hippel, in: HdR, § 264 HGB Rn. 6; Winkeljohann/Schellhorn, in: BeckBilKo, § 264 HGB Rn. 17.
[38] BayObLG v. 5.3.1987, BReg. 3 Z 29/87, BB 1987, 869; ADS, § 264 HGB Rn. 33; Graf/Bisle, in: MüKo-BilR, § 264 HGB Rn. 23; Hüttemann/Meyer, in: GroßKo-HGB, § 264 HGB Rn. 9; Winkeljohann/Schellhorn, in: BeckBilKo, § 264 HGB Rn. 17.
[39] Für diese Möglichkeit z. B. Graf/Bisle, in: MüKo-BilR, § 264 HGB Rn. 23; Hüttemann/Meyer, in: GroßKo-HGB, § 264 HGB Rn. 9; Winkeljohann/Schellhorn, in: BeckBilKo, § 264 HGB Rn. 17; gegen diese Möglichkeit ADS, § 264 HGB Rn. 33.

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