Tz. 80

 

§ 329 Prüfungs- und Unterrichtungspflicht des Betreibers des Bundesanzeigers

(1) 1Der Betreiber des Bundesanzeigers prüft, ob die einzureichenden Unterlagen fristgemäß und vollzählig eingereicht worden sind. 2Der Betreiber des Unternehmensregisters stellt dem Betreiber des Bundesanzeigers die nach § 8b Abs. 3 Satz 2 von den Landesjustizverwaltungen übermittelten Daten zur Verfügung, soweit dies für die Erfüllung der Aufgaben nach Satz 1 erforderlich ist. 3Die Daten dürfen vom Betreiber des Bundesanzeigers nur für die in Satz 1 genannten Zwecke verwendet werden.

(2) 1Gibt die Prüfung Anlass zu der Annahme, dass von der Größe der Kapitalgesellschaft abhängige Erleichterungen oder die Erleichterung nach § 327a nicht hätten in Anspruch genommen werden dürfen, kann der Betreiber des Bundesanzeigers von der Kapitalgesellschaft innerhalb einer angemessenen Frist die Mitteilung der Umsatzerlöse (§ 277 Abs. 1) und der durchschnittlichen Zahl der Arbeitnehmer (§ 267 Abs. 5) oder Angaben zur Eigenschaft als Kapitalgesellschaft im Sinn des § 327a verlangen. 2Unterlässt die Kapitalgesellschaft die fristgemäße Mitteilung, gelten die Erleichterungen als zu Unrecht in Anspruch genommen.

(3) In den Fällen des § 325a Abs. 1 Satz 3 und des § 340 l Abs. 2 Satz 6 kann im Einzelfall die Vorlage einer Übersetzung in die deutsche Sprache verlangt werden.

(4) Ergibt die Prüfung nach Absatz 1 Satz 1, dass die offen zu legenden Unterlagen nicht oder unvollständig eingereicht wurden, wird die jeweils für die Durchführung von Ordnungsgeldverfahren nach den §§ 335, 340o und 341o zuständige Verwaltungsbehörde unterrichtet.

1. Einleitung

a) Überblick

 

Tz. 81

§ 329 HGB flankiert und sanktioniert die in den §§ 325 ff. HGB enthaltenen Offenlegungspflichten durch eine Prüfungs- und Unterrichtungspflicht des Betreibers des elektronischen Bundesanzeigers. Dabei regelt Abs. 1 zunächst die Prüfungszuständigkeit und das Verfahren der Übermittlung der Rechnungslegungsdaten. Abs. 2 und Abs. 3 regeln den Fall des Verdachts der unberechtigten Inanspruchnahme von Erleichterungen der Offenlegungspflicht nach den §§ 326 ff. HGB. Schließlich regelt Abs. 4 das Verfahren der Verhängung von Ordnungsgeld für den Fall, dass sich der Verdacht bestätigt.

b) Entstehungsgeschichte

 

Tz. 82

Ursprünglich geht § 329 HGB – wie auch die vorangehenden Vorschriften der §§ 325 ff. HGB – zurück auf das BiRiLiG von 1985. Mit der Einführung von § 329 HGB setzte der deutsche Gesetzgeber Art. 6 der Ersten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie (Publizitätsrichtlinie) und Art. 38 Abs. 5 der Siebenten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie (Konzernabschlussrichtlinie) um, wonach die Offenlegungspflicht durch geeignete Sanktionen sicherzustellen ist. Seinerzeit sah das Gesetz die Einreichung der Abschlussunterlagen zum Handelsregister vor, das dezentral bei den Amtsgerichten geführt wird. Zu einer wesentlichen Reform der Vorschrift führte das EHUG 2006. So wurde die Zuständigkeit für die Prüfung der Unterlagen vom Handelsregister zentralisiert und auf den Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers übertragen. Ferner wurde der Prüfungsumfang um die Prüfung der Fristwahrung der Einreichung der Unterlagen erweitert. Schließlich wurde das Sanktionssystem reformiert: Seither hat der Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers die Verletzung der Offenlegungspflichten dem Bundesamt für Justiz zu melden, das seinerseits die Offenlegung durch Eröffnung eines Ordnungsgeldverfahren erzwingen kann.

c) Geltungsbereich

 

Tz. 83

Der subjektive Anwendungsbereich von § 329 HGB ist deckungsgleich mit demjenigen von § 325 HGB. Die Vorschrift gilt für alle offenlegungspflichten Unternehmen, inländischen Zweigniederlassungen von ausländischen Kapitalgesellschaften und eingetragenen Genossenschaften. § 329 Abs. 1 und Abs. 4 HGB gelten auch für Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen. Schließlich gelten Abs. 1 und Abs. 4 gem. § 9 Abs. 1 Satz 2 und § 15 Abs. 2 PublG sinngemäß für die dem PublG unterliegenden Großunternehmen.

d) Rechtspolitische Diskussion und Entwicklungsperspektiven

 

Tz. 84

Die Prüfung der zum Register eingereichten Unterlagen durch eine besondere Stelle sehen weder die Publizitätsrichtlinie noch die Bilanz- oder die Konzernabschlussrichtlinie vor. Gleichwohl hat sich der Gesetzgeber entschieden, die vormals dezentrale Prüfung durch die Registergerichte zu zentralisieren und in die Hände einer privaten Einrichtung, der Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft in Köln als Betreiberin des Bundesanzeigers, zu legen. Allerdings trifft den Betreiber des Bundesanzeigers nur eine beschränkte Prüfungspflicht. Geprüft wird lediglich auf Vollständigkeit der zum Bundesanzeiger eingereichten Unterlagen und die Einhaltung der jeweils maßgebenden Frist. Eine inhaltliche Prüfung auf Richtigkeit findet nicht statt. Vielmehr bleibt es auch nach der Zentralisierung der Prüfung bei der Aufgabentrennung und der Alleinzuständigkeit des Abschlussprüfers in Bezug auf inhaltliche Prüfung.

2. Erläuterung

a) Prüfungsumfang

 

Tz. 85

Die Prüfung durch den Betreiber des Bundesanzeigers beschränkt sich nach Abs. 1 Satz 1 auf die fristgerechte Einreichung und die Vollzähligkeit der Unterlag...

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