Tz. 131

Die Berichtspflicht des § 289 Abs.  4 Satz 1 Nr. 9 HGB bezieht sich auf alle für den Fall eines Übernahmeangebots geschlossenen Entschädigungsvereinbarungen des Unternehmens mit Vorstandsmitgliedern oder Arbeitnehmern. Die EU-Übernahme-RL 2004/25/EG definiert ein Übernahmeangebot in Art. 2 Abs.  1 als ein an die Inhaber der Wertpapiere eines Unternehmens gerichtetes öffentliches Pflicht- oder freiwilliges Angebot zum teilweisen oder vollständigen Wertpapiererwerb, das sich an den Kontrollerwerb an der Zielgesellschaft i. S. d. einzelstaatlichen Rechts anschließt oder diesen Erwerb zum Ziel hat. Damit sind sowohl auf den Kontrollerwerb ausgerichtete Angebote gem. § 29 WpÜG (Überschreiten der 30 %-Grenze) als auch Pflichtangebote gem. § 35 WpÜG Übernahmeangebote i. S. d. RL. Die Berichtspflicht gilt aber auch für Entschädigungsvereinbarungen, die andere Schwellenwerte als die 30 %-Grenze festlegen.[113]

 

Tz. 132

Anzugeben sind zum einen Entschädigungsvereinbarungen, die das Unternehmen mit Vorstandsmitgliedern oder Arbeitnehmern für den Fall getroffen hat, dass diese wegen eines Übernahmeangebots kündigen, ohne triftigen Grund entlassen werden oder ihr Arbeitsverhältnis endet.[114] Zum anderen sind Entschädigungsvereinbarungen betroffen, die ohne Beendigung des Dienst-/Arbeitsverhältnisses greifen (DRS 20.K220). Vereinbarungen mit dem Aufsichtsrat bleiben von der Berichtspflicht unberührt. Eine differenziertere Beurteilung ist z. B. bei Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat vorzunehmen. Hier ist die Entschädigung den unterschiedlichen Funktionen zuzuordnen.[115]

 

Tz. 133

Die Berichtspflicht greift mit Abschluss der Entschädigungsvereinbarung. Ein explizites Übernahmeangebot muss dafür weder zu erwarten sein, noch muss es tatsächlich veröffentlicht, dem Vorstands mitgeteilt oder in Form von Angebotsunterlagen übermittelt worden sein.

 

Tz. 134

Die Berichterstattung umfasst die wesentlichen Inhalte der berichtspflichtigen Entschädigungsvereinbarungen, wobei eine zusammenfassende Darstellung i. d. R. ausreicht. DRS 20.K223 konkretisiert dies insoweit, als auch – wenn unmittelbar ersichtlich – der Entschädigungsbetrag oder eine entsprechende Berechnungsformel anzugeben sind. Nach h. M. sind zudem Angaben zu den begünstigten Personen erforderlich.[116]

 

Tz. 135

Um Überschneidungen mit den Anhangangaben nach § 285 Nr. 9 HGB zu vermeiden, kann auf die Angaben im Lagebericht verzichtet werden, wenn diese bereits im Anhang gemacht werden und auf diesen verwiesen wird. Zudem ist es ausreichend, wenn die Angaben im Vergütungsbericht (vgl. Tz. 100 ff.) veröffentlicht werden. Nach DRS 20.K222 muss in diesem Fall jedoch unmittelbar ersichtlich sein, dass sich die Angabe auf Entschädigungsvereinbarungen i. S. d. o. g. Regelungen handelt.

[113] Rabenhorst, WPg 2008, 139 (144); Sailer, AG 2006, 913 (917, 921).
[114] BT-Drucks. 16/1003, 25.
[115] Grottel, in: BeckBilKo, § 289 HGB Rn. 147.
[116] Kajüter, in: HdR, § 289 HGB Rn. 178; Seibt/Heiser, AG 2006, 301 (316).

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