Rn. 92

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Gemäß § 250 Abs. 3 Satz 2 ist der (aktivierte) Unterschiedsbetrag durch "planmäßige jährliche Abschreibungen zu tilgen, die auf die gesamte Laufzeit der Verbindlichkeit verteilt werden können." Ihre Entsprechung findet jene – in nationales Recht transformierte – Vorschrift in Art. 12 Abs. 10 Satz 3 der Bilanz-R (zuvor: Art. 41 Abs. 2 der 4. EG-R).

Durch diese Formulierung werden dem Bilanzierenden für die Tilgung des Disagios zwei wesentliche Eckpunkte vorgegeben:

(1) Es gilt das Gebot der Planmäßigkeit.
(2) Die Tilgungsdauer ist nach oben durch die Laufzeit der Verbindlichkeit begrenzt.
 

Rn. 93

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

"Das Gebot der Planmäßigkeit verlangt, daß zu Beginn ein Abschreibungsplan aufzustellen ist, nach dem die Abschreibung vorgenommen werden soll" (ADS (1968), § 156 AktG, Rn. 32). Die AfA sind kontinuierlich vorzunehmen, d. h., eine Unterbrechung bzw. Aussetzung in einem GJ ist unzulässig (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 250 HGB, Rn. 47; Bonner HGB-Komm. (2020), § 250, Rn. 95; BeckOGK-HGB (2020), § 250, Rn. 48). Auch können die jährlichen planmäßigen AfA-Beträge nicht völlig frei festgesetzt werden. Die Mindesthöhe ist durch die Allokation auf die Laufzeit der vereinbarten Kap.-Inanspruchnahme festgelegt, da das Disagio – ausweislich des Gesetzeswortlauts – planmäßig spätestens bei endgültiger Tilgung der Darlehensschuld ebenfalls vollständig getilgt sein muss. Ob und inwieweit jene "Kannvorschrift" letztlich als "Mussvorschrift" zu interpretieren ist (vgl. etwa Beck-HdR, B 218 (2013), Rn. 77 (beide Zitate)) mag dahingestellt bleiben; jedenfalls gilt es das Wesen des Disagios, verstanden als vorweg gezahlter Zins, bei der Bemessung der AfA adäquat zu berücksichtigen (vgl. Beck-HdR, B 218 (1987), S. 6; differenzierter Bonner HGB-Komm. (2020), § 250, Rn. 99). In idealtypischer Betrachtung wäre hier abhängig vom jeweils zugrunde liegenden Darlehnstypus folgende Vorgehensweise respektive Unterscheidung sachgerecht, wenn nicht geboten (vgl. auch Bonner-HdR (2020), § 250 HGB, Rn. 122ff.; überdies H/H/R (2021), § 5 EStG, Rn. 2256, m. w. N.): Bei Fälligkeitsdarlehen, die zu einem Zeitpunkt (endfällig) getilgt werden, ist der Unterschiedsbetrag angesichts gleichmäßiger Zinsbelastungen linear über die gesamte Kreditlaufzeit zu allozieren. Dagegen gilt es im Falle von Tilgungs- bzw. Raten- oder Abzahlungsdarlehen den "Unterschiedsbetrag nach Maßgabe der sog. Zinsstaffelmethode auf die maßgebende Kreditlaufzeit zu verteilen" (HdJ, Abt. II/8 (1988), S. 30). Danach bestimmte sich die jährlich (arithmetisch-degressiv) vorzunehmende AfA eines solchen Unterschiedsbetrags (Disagios) nach dem Verhältnis des AfA-Jahres in umgekehrter Reihenfolge zur Summe der arithmetischen Reihe der betreffenden AfA-Jahre. Formelhaft würde sich dies wie folgt verhalten:

Dabei bedeuten:

 
At = Jährliche (Mindest-)AfA;
D = Disagio;
N = Summe der arithmetischen Reihe der AfA-Jahre;
Nt = AfA-Jahr in umgekehrter Reihenfolge.

In Analogie zu obiger Vorgehensweise wäre im Falle eines Annuitätendarlehens entsprechend zu verfahren (vgl. auch HB-RP (1986), § 250 HGB, Rn. 53; HdJ, Abt. II/8 (1988), S. 31):

Dabei bedeuten:

 
At = Jährliche (Mindest-)AfA;
D = Disagio;
Zt = Jahreszinsaufwand;
SaZ = Gesamtzinsbelastung.
 

Rn. 94

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Aus dem Wahlrecht, die planmäßigen AfA auf die gesamte Laufzeit der betreffenden Verbindlichkeit allozieren zu können, folgt, dass auch eine kürzere planmäßige Amortisationszeit gewählt werden kann. Diese sollte allerdings auf die spezifischen Kreditbedingungen Bezug nehmen. Bspw. könnte der frühestmögliche Kündigungstermin einen solchen Bezugspunkt darstellen (vgl. auch Haufe HGB-Komm. (2022), § 250, Rn. 22; Bonner HGB-Komm. (2020), § 250, Rn. 96). Steuerlich dagegen ist die Wahl einer verkürzten Laufzeit unzulässig (vgl. Bonner HGB-Komm. (2020), § 250, Rn. 97).

 

Rn. 95

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Die Wahl der AfA-Methode ist durch den Gesetzeswortlaut nicht festgelegt (vgl. Bonner HGB-Komm. (2020), § 250, Rn. 98; BeckOGK-HGB (2020), § 250, Rn. 50). Hat der Bilanzierende sich allerdings für eine Methode, nach der er den AfA-Plan festlegt, entschieden, ist diese beizubehalten, es sei denn, besondere Umstände erfordern eine außerplanmäßige AfA. Die Vorschrift, ein aktiviertes Disagio planmäßig tilgen zu müssen, steht der Möglichkeit, auch außerplanmäßige AfA vorzunehmen, nicht entgegen (vgl. dies kategorisch verneinend BeckOGK-HGB (2020), § 250, Rn. 51), soweit die handelsrechtlichen Grundsätze für außerplanmäßige AfA Anwendung finden (vgl. auch Beck Bil-Komm. (2022), § 250 HGB, Rn. 49; Beck-HdR, B 218 (2019), Rn. 78; HGB-PraxisKomm. (2020), § 250, Rn. 41; Haufe HGB-Komm. (2022), § 250, Rn. 24). Ursächlich dafür kann mitunter sein, dass

(1) betreffende Verbindlichkeit vorzeitig zurückgezahlt wird,
(2) das Zinsniveau sich signifikant verringert (vgl. kritisch dazu MünchKomm. HGB (2020), § 250, Rn. 18; Hommel, in: HWRP (2002), Sp. 1971 (1975); wiederum differenzierter HdJ, Abt. II/9...

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