Rn. 103

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Die grundlegenden, in vielen Punkten mit dem HGB vergleichbaren RL-Prinzipien finden sich nach IFRS im sog. Rahmenkonzept (RK) sowie in IAS 1 bzw. ED/2019/7 (vgl. ADS (2002), Abschn. 1; Hayn/Waldersee (2014), S. 79ff.; MünchKomm. HGB (2020), § 243, Rn. 81ff.). Im Vordergrund steht hier die Konzern-RL. Die IFRS sind weniger an der Kap.-Erhaltung orientiert als das deutsche Handelsrecht. Dies drückt sich z. B. in der Zulässigkeit von Teilgewinnrealisierungen bei langfristiger Fertigung, dem Impairment Only-Approach bei der Folgebewertung des GoF, der teilweise verlangten erfolgswirksamen Bewertung zu Zeitwerten ebenso wie dem Fehlen eines ausdrücklich formulierten Einzelbewertungsgrundsatzes aus. Dabei ist die Anwendung der IFRS trotz im Vergleich zum HGB deutlich detaillierterer Einzelvorschriften zumindest vordergründig nach IAS 1.15 bzw. IAS 8.6A (i. d. F. des ED/2019/7) prinzipienorientiert (principle based).

 

Rn. 104

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Die IFRS werden von einer privaten Institution, dem IASB, entwickelt und veröffentlicht. Die Vorschriften des IASB erhalten durch das Anerkennungsverfahren der EU Rechtsnormcharakter. Zudem erlang(t)en die IFRS und die dazugehörigen Interpretationen über die mit dem sog. Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG) vom 04.12.2004 (BGBl. I 2004, S. 3166ff.) eingeführten §§ 315a (derweil: § 315e; vgl. BT-Drs. 18/9982, S. 58) und 325 Abs. 2af. unmittelbare Bindungswirkung für deutsche UN (vgl. HdJ, Abt. I/2 (2010), Rn. 193.5). Nach § 315e Abs. 1 bzw. Abs. 2 müssen kap.-marktorientierte MU ihren KA nach den Regeln der IFRS aufstellen; für nicht ­kap.-marktorientierte UN besteht diesbezüglich ein Wahlrecht (vgl. § 315e Abs. 3). § 325 Abs. 2a i. V. m. Abs. 2b regelt, dass der EA lediglich für Offenlegungszwecke nach IFRS aufgestellt werden darf (vgl. dazu Fey/Deubert, KoR 2006, S. 92ff.). Entscheidet sich ein UN für die Offenlegung eines IFRS-EA, hat dieses UN für Zwecke des Gesellschafts- sowie Steuerrechts zusätzlich einen Abschluss nach HGB aufzustellen (vgl. HdJ, Abt. I/2 (2010), Rn. 168; Hayn/Waldersee (2014), S. 56). Die IFRS sind damit – zumindest für kap.-marktorientierte Konzern-UN – als die europäischen RL-Standards zu bezeichnen (vgl. HdJ, Abt. I/2 (2010), Rn. 168).

 

Rn. 105

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Auch künftig werden die IFRS die nationale RL in Deutschland wie auch die GoB in zunehmendem Maße beeinflussen (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 243 HGB, Rn. 23). So haben die internationalen RL-Normen schon einzelne Regelungen des BilMoG erkennbar geprägt (vgl. z. B. Gelhausen/Deubert/Klöcker, DB 2010, S. 2005ff.; Hennrichs/Pöschke, DK 2009, S. 532ff.). Mit dem BilMoG verfolgte der Gesetzgeber auch das Ziel einer maßvollen Annäherung des Handelsrechts an die IFRS (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 34). Indes hat auch künftig die Auslegung der handelsrechtlichen Vorschriften letztlich aus den handelsrechtlichen Wertungen heraus nach der hermeneutischen Methode (vgl. HdR-E, HGB § 243, Rn. 21) zu erfolgen. Dies wurde vom Gesetzgeber mehrfach betont (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 35, 79). Die IFRS können daher lediglich eine Erkenntnisquelle für die Auslegung von GoB sein, ­wobei jeweils zu prüfen ist, ob die IFRS dem handelsrechtlichen Zweck- und GoB-System entsprechen (vgl. Hennrichs/Pörschke, DK 2009, S. 532 (540); Hennrichs, WPg 2011, S. 861 (867ff.); a. A. Köster (BB 2007, S. 2791f.), der die IFRS als die Auslegungsgrundlage der GoB ansieht; Moxter (WPg 2009, S. 7 (12)) hingegen warnt davor, dass die IFRS nur von denjenigen als Auslegungshilfe herangezogen werden, die damit Bilanzpolitik betreiben wollen).

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