Rn. 635

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Hinsichtlich der Zulässigkeit der Rückstellungsbildung ist zwischen den steuerrechtlichen und den handelsrechtlichen Anforderungen zu unterscheiden. So ist die Bildung einer Pensionsrückstellung in der StB gemäß § 6a Abs. 1 EStG u. a. nur dann zulässig, wenn die Zusage schriftlich erteilt und dem Versorgungsberechtigten ein Rechtsanspruch eingeräumt wurde.

 

Rn. 636

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Anders als im Steuerrecht ist die Einhaltung der Schriftform (vgl. § 6a Abs. 1 Nr. 3 Halbsatz 1 EStG) handelsrechtlich unbeachtlich (vgl. zum Schriftformerfordernis des § 6a EStG L/B/P (2020), § 6a EStG, Rn. 99ff.). Es fehlt insoweit nicht nur an einer gesetzlichen Grundlage, vielmehr würde eine solche Regelung, die nur die Berücksichtigung von Verpflichtungen aus schriftlich fixierten Versorgungszusagen vorschreiben würde, handelsrechtlich keinen Sinn machen. Denn die arbeitsrechtliche Verpflichtung, der das Handelsrecht letztlich Rechnung tragen muss, besteht unabhängig davon, ob ihr eine schriftliche oder mündliche Zusage zugrunde liegt oder ob sie "nur" auf einer betrieblichen Übung oder dem Gleichbehandlungsgrundsatz beruht (vgl. § 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG). Das Bestehen einer ungewissen Verbindlichkeit ist unabhängig vor ihrem Rechtsbegründungsakt.

 

Rn. 636a

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Laut § 6a Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 EStG muss die Pensionszusage auch eindeutige Aussagen zu Art, Form und Voraussetzungen sowie Höhe der in Aussicht gestellten künftigen Leistungen enthalten. In der HB ist dies aber im Gegensatz zur StB nicht Passivierungsvoraussetzung. Wenn die ab 1987 erteilte Zusage (Neuzusage; vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 645ff.) nicht eindeutig ist, muss für sie dennoch eine Pensionsrückstellung in der HB gebildet werden. Es ist dann der Verpflichtungsumfang zu unterstellen, der dem möglichen Auslegungsergebnis durch die Rspr. am nächsten kommt. Dabei ist im Zweifel eher ein höherer als ein geringerer Verpflichtungsgrad anzunehmen. Denn dies gebietet das Vor­sichtsprinzip aus § 252 Abs. 1 Nr. 4.

 

Rn. 637

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Zweifel könnten demgegenüber bei der Frage des Rechtsanspruchs auftauchen (vgl. § 6a Abs. 1 Nr. 1 EStG), denn Art. 28 Abs. 1 Satz 1 EGHGB stellt bei der Abgrenzung der "Altzusagen" auf den Erwerb des Rechtsanspruchs ab. Eine reine Wortlautinterpretation ließe zwei Deutungen zu:

(1) Die Herausnahme der "Altzusagen" aus der Passivierungspflicht bezieht sich nur auf solche mit Rechtsanspruch, während bei fehlendem Rechtsanspruch auch für "Altzusagen" die Passivierungspflicht gilt. Dieses Ergebnis wäre jedoch insoweit widersinnig, als bereits der mit dem Ausschluss des Rechtsanspruchs verbundene geringere Verpflichtungsgrad eine Passivierungspflicht auslöst, während beim Einräumen des Rechtsanspruchs ein Verpflichtungsausweis unterbleiben dürfte.
(2) Unmittelbare Altersversorgungsverpflichtungen fallen überhaupt nur dann unter die ungewissen Verbindlichkeiten, wenn dem Berechtigten ein Rechtsanspruch eingeräumt ist. Auch das würde aber zu einem Widerspruch führen. Denn zu diesen Verbindlichkeiten gehören gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 2 EGHGB auch die mittelbaren Pensionsverpflichtungen und insbesondere die Unterstützungskassenzusagen, bei denen ein Rechtsanspruch ausdrücklich ausgeschlossen ist (vgl. § 1b Abs. 4 Satz 1 BetrAVG). Der Gesetzgeber hätte aber mittelbare Altersversorgungsverpflichtungen nicht ausdrücklich von der Passivierungspflicht ausnehmen müssen, wenn ohnehin der fehlende Rechtsanspruch keine Passivierungspflicht begründet.

Man muss davon ausgehen, dass der Gesetzgeber entweder den Fall einer unmittelbaren Pensionsverpflichtung mit ausdrücklich ausgeschlossenem Rechtsanspruch nicht gesehen oder aber richtig erkannt hat, dass dem Fehlen eines Rechtsanspruchs arbeitsrechtlich keine durchgreifende Bedeutung zukommt. Denn nach der Rspr. des BAG bedeutet im Bereich der betrieblichen Altersversorgung der Ausschluss des Rechtsanspruchs lediglich ein Widerrufsrecht, das an Treu und Glauben, d. h. an billiges Ermessen und damit an sachliche Gründe gebunden ist (vgl. BAG, Urteil vom 17.05.1973, 3 AZR 381/72, DB 1973, S. 1704 (1705)). Somit ist auch die Frage des Rechtsanspruchs letztlich bedeutungslos. Man muss die Worte "seinen Rechtsanspruch" in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 EGHGB i. S. v. "seine Altersversorgungsanwartschaft" oder synonym "seine Altersversorgungszusage" verstehen.

 

Rn. 637a

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Laut § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG darf die steuerliche Pensionsrückstellung auch nur dann gebildet werden, wenn die Versorgungszusage

  1. die Pensionsleistung nicht an künftige gewinnabhängige Bezüge bindet und
  2. keine steuerschädlichen Vorbehalte (Minderung oder Entzug der Versorgung, es sei denn, im Rahmen billigen Ermessens) vorsieht.

Auch diese Voraussetzungen sind handelsbilanziell irrelevant. Enthält die Versorgungszusage steuerschädliche Bedingungen, muss bei Neuzusagen (vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 645ff.) die Pensionsrückstellung dennoch gebildet werden. Denn bei der...

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