Rn. 4

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

In Abhängigkeit von der Bedeutung des entsprechenden Rechtsguts sowie des daraus resultierenden Schweregrads der Tat werden Straftaten in Verbrechen und Vergehen differenziert. Maßgeblich ist die angedrohte Mindeststrafe. Bei Verbrechen handelt es sich um Taten, die mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht sind (vgl. § 12 Abs. 1 StGB). Rechtswidrige Taten, die mit einer geringeren Mindestfreiheitsstrafe oder lediglich mit einer Geldstrafe bedroht sind, qualifizieren sich demgegenüber als Vergehen (vgl. § 12 Abs. 2 StGB). Die §§ 1719a PublG sind damit Vergehen. Davon abzugrenzen sind Ordnungswidrigkeiten. Diese stellen rechtswidrige Handlungen dar, die lediglich mit einer Geldbuße geahndet werden (vgl. § 1 Abs. 1 OWiG), da sie eine geringere Rechtsverletzung darstellen. Während Geldbußen von Verwaltungsbehörden angeordnet werden, werden Strafen stets von Gerichten verhängt (vgl. HdR-E, Einf HGB §§ 331–335c, Rn. 5). Die in § 20 PublG geregelten Tatbestände sind Ordnungswidrigkeiten.

 

Rn. 5

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Straftaten und Ordnungswidrigkeiten können sowohl durch aktives Tun als auch durch Unterlassen begangen werden. Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht (vgl. § 15 StGB; § 10 OWiG). Die §§ 1719a PublG sind mit Ausnahme von § 17 Abs. 1 Nr. 1a und Nr. 3 PublG (dort auch leichtfertige Begehung; vgl. HdR-E, PublG §§ 17–21a, Rn. 50) ausschließlich Vorsatztaten. Tatvorsatz bedeutet das Wissen und/oder Wollen der Tatbestandsverwirklichung (vgl. zur Unterscheidung zwischen zivilrechtlichem und strafrechtlichem Vorsatzbegriff HdR-E, Einf HGB §§ 331–335c, Rn. 8, m. w. N.). Einer Kenntnis von der Strafbarkeit des Verhaltens bedarf es nicht. Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (vgl. § 23 Abs. 1 StGB). Eine derartige Anordnung fehlt in den §§ 1719a PublG.

 

Rn. 6

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Als Täter sowohl von Straftaten als auch von Ordnungswidrigkeiten kommen ausschließlich natürliche Personen in Frage. Daraus folgt, dass bei Delikten, die im Zusammenhang mit den Pflichten juristischer Personen stehen, nicht die juristische Person und ihre Organe als solche strafbar bzw. ordnungswidrig handeln (vgl. § 14 StGB bzw. § 9 OWiG). Vielmehr sind die Mitglieder des vertretungsberechtigten UN-Organs i. S. d. Strafrechts verantwortlich (vgl. HdR-E, Einf HGB §§ 331–335c, Rn. 7). Geldbußen können gemäß § 30 OWiG allerdings auch gegen juristische Personen und Personenvereinigungen verhängt werden.

 

Rn. 7

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Die §§ 1719a PublG sind Sonderdelikte, da als Täter (vgl. zu Gehilfen HdR-E, PublG §§ 17–21a, Rn. 8) nur bestimmte Personen in Frage kommen. Während Verbrechen stets von Amts wegen zu verfolgen sind (Offizialdelikte), ist bei Vergehen teilweise für die Verfolgung ein Strafantrag erforderlich. Einen derartigen Vorbehalt enthält § 19 Abs. 3 PublG.

 

Rn. 8

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Neben der Täterschaft ist unter gewissen Voraussetzungen auch die Teilnahme strafbar. Teilnehmer sind der Anstifter und der Gehilfe. Anstifter ist, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat (vgl. § 26 StGB). Beihilfe begeht, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat (vgl. § 27 StGB). Teilnahme ist auch an einem Sonderdelikt (vgl. HdR-E, PublG §§ 17–21a, Rn. 7) möglich. Demzufolge können sich als Teilnehmer nach den §§ 1719a PublG auch Personen strafbar machen, die die persönlichen Merkmale (gesetzlicher Vertreter, Inhaber, Prüfer, Gehilfe des Prüfers, Mitglied eines AR bzw. Prüfungsausschusses) nicht erfüllen.

 

Rn. 9

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

§ 21 PublG regelt die Festsetzung von Ordnungsgeld und stellt daher keine strafrechtliche Norm dar. Es handelt sich vielmehr um eine Regelung, die nicht ein schon eingetretenes Delikt mit Strafe oder Bußgeld belegt, sondern das Ordnungsgeld bei Versäumung einer gesetzlichen Pflicht androht, sofern diese Pflicht nicht innerhalb einer gesetzten Frist nachgeholt wird. Insofern ist § 21 PublG keine Sanktions-, sondern eine Beugevorschrift. Ob der angedrohte Nachteil eintritt, liegt grds. in der Hand des Täters, da dieser die Möglichkeit besitzt, den Nachteil durch Erfüllung seiner gesetzlichen Pflichten zu vermeiden. Sofern die Nachholung der Erfüllung gesetzlicher Pflichten versäumt wurde, muss das entsprechende Ordnungsgeld verhängt werden (vgl. HdR-E, Einf HGB §§ 331–335c, Rn. 11 f.).

 

Rn. 9a

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Bei Straf- oder Bußgeldverfahren gegen Mitglieder eines AR bzw. Prüfungsausschusses wird durch § 21a PublG sichergestellt, dass die Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS) Kenntnis von der abschließenden Entscheidung einschließlich des ggf. eingelegten Rechtsmittels bzw. von der Bußgeldentscheidung erlangt (vgl. HdR-E, PublG §§ 17–21a, Rn. 160f.).

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