Rn. 330

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

§ 255 Abs. 2 Satz 1 nennt expressis verbis zwei Tatbestände, die zur Entstehung von nachträglichen HK führen (vgl. HdR-E, HGB § 255, Rn. 130; IDW RS IFA 1 (2013), Rn. 3ff.; Heymann (2020), § 255 HGB, Rn. 61ff.):

(1) Erweiterung eines vorhandenen VG;
(2) wesentliche Verbesserung des VG über seinen ursprünglichen Zustand hinaus.

Durch diese Kriterien wird die Abgrenzung zwischen nachträglichen HK und Erhaltungsaufwand vollzogen (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 255 HGB, Rn. 318). Sie sind jedoch erläuterungsbedürftig, wobei eine Anlehnung an die steuerrechtliche Abgrenzung des Herstellungsaufwands (vgl. R 21.1 EStR (2012)) hilfreich ist.

 

Rn. 331

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Die Aktivierung der von dem bilanzierenden UN selbst hergestellten Anlagen dient u. a. dazu, die einzelnen GJ erfolgswirksam gegeneinander abzugrenzen und den GJ, denen aus den in einem Jahr getätigten Ausgaben Nutzungen zufließen, anteilige Aufwendungen zuzurechnen. In Anlehnung an Husemann ((1976), S. 139) soll zur Abgrenzung der nachträglichen HK dieser (dynamischen) Überlegung gefolgt werden; sie ist für diesen speziellen Problembereich einer an der statischen Bilanzauffassung angelehnten Betrachtungsweise überlegen.

 

Rn. 332

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Werden nicht gänzlich neue VG geschaffen, sondern Aufwendungen an einem bereits vorhandenen VG getätigt, sind diese Aufwendungen als nachträgliche HK zu klassifizieren, wenn sie den künftigen Perioden einen erweiterten respektive neuen Nutzungsvorrat (Wertanreicherung) zur Verfügung stellen. Dieser Nutzungsvorrat ist zum Zweck der erfolgswirksamen Abgrenzung der einzelnen GJ zunächst zu aktivieren. Werden dagegen lediglich Teile eines VG ersetzt, deren ND geringer ist als die Gesamt-ND der Anlage, so sind die um die AfA geminderten ursprünglichen Kosten der Teile im RBW der Anlage noch enthalten, so dass eine Aktivierung der Ersatzteile zu einer unzulässigen Doppelaktivierung führen würde (vgl. Moxter (1993), S. 161f.; BFH, Beschluß vom 22.08.1966, GrS 2/66, BStBl. III 1966, S. 672 (674)). Aufwendungen, die dazu dienen, einen gegebenen Nutzungsvorrat zu erhalten, sind folglich als Aufwand der Periode zu verrechnen.

 

Rn. 333

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Nachträgliche HK sind in zeitlicher Hinsicht von den Aufwendungen des ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungsvorgangs abzugrenzen. Der Terminus "nachträglich" deutet darauf hin, dass Aufwendungen vorliegen, die ihrem Charakter nach der Schaffung eines neuen VG dienen, aber zeitlich nach der Fertigstellung bzw. Anschaffung eines VG liegen und im Zusammenhang mit diesem VG anfallen. Dabei muss "nach Durchführung der zu nachträglichen Herstellungskosten führenden Maßnahmen [...] der ursprüngliche Gegenstand noch so dominant sein, dass er den erweiterten oder wesentlich verbesserten Gegenstand prägt" (HdJ, Abt. I/5 (2020), Rn. 144).

Bei VG, bei denen AK als ursprünglicher Wertmaßstab anzusehen sind, können nachträgliche HK erst anfallen, wenn die VG von der fremden in die eigene wirtschaftliche Verfügungsgewalt überführt (vgl. BFH, Beschluß vom 22.08.1966, GrS 2/66, BStBl. III 1966, S. 672 (674)) und erstmals "in einen dem angestrebten Zweck entsprechenden (betriebsbereiten) Zustand" (BFH, Beschluß vom 12.06.1978, GrS 1/77, BStBl. II 1978, S. 620 (625)) versetzt worden sind. Werden durch das bilanzierende UN Aufwendungen im Zusammenhang mit dem angeschafften VG vor dem genannten Zeitpunkt getätigt, so hat eine Aktivierung dieser Aufwendungen allenfalls unter Beachtung der Kriterien für die AK zu erfolgen (vgl. HdR-E, HGB § 255, Rn. 43ff.). Aufwendungen, die nach dem Zeitpunkt der erstmaligen Betriebsbereitschaft anfallen, sind allein nach den Kriterien der nachträglichen HK zu beurteilen (vgl. HdR-E, HGB § 255, Rn. 355ff.).

 

Rn. 334

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Analog ist die zeitliche Abgrenzung bei VG, deren ursprünglicher Wertmaßstab die HK sind, vorzunehmen. Aufwendungen, die anfallen, um die bestimmungsgemäße Nutzung der VG herbeizuführen, gehören zu den ursprünglichen HK. Demnach sind bspw. "Aufwendungen für die Beseitigung von Baumängeln vor Fertigstellung des Gebäudes [...] Herstellungskosten des Gebäudes" (BFH, Urteil vom 24.03.1987, IX R 17/84, BStBl. II 1987, S. 694). Für Aufwendungen, die nach Abschluss des Zeitraums der Erstherstellung anfallen, ist nach den im Folgenden erläuterten Grundsätzen zu entscheiden, ob eine Aktivierung als nachträgliche HK oder eine sofortige Verrechnung als Aufwand der betreffenden Periode in Betracht kommt.

 

Rn. 335

Stand: EL 41 – ET: 12/2023

Die Abgrenzung der Aufwendungen, die als nachträgliche HK zu aktivieren sind, gestaltet sich in zweierlei Hinsicht schwierig. Zum einen ist eine Abgrenzung von Aufwendungen, die lediglich dazu dienen, den VG in seinem betriebsbereiten Zustand zu erhalten (Reparatur), erforderlich; zum anderen ist vielfach nicht eindeutig zu beantworten, ob und inwieweit getätigte Maßnahmen ggf. als (selbständige) neue Investition zu qualifizieren sind.

 

Rn. 336

Sta...

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