Rn. 30

Stand: EL 39 – ET: 06/2023

Schwebende (nicht erfüllte), zweiseitig verpflichtende Geschäfte (vgl. zur Definition IDW RS HFA 4 (2012), Rn. 2ff.) fallen nicht unter die Haftungsverhältnisse und lösen keine Angabepflicht nach § 251 aus (vgl. HdJ, Abt. III/9 (2017), Rn. 152; Beck Bil-Komm. (2022), § 251 HGB, Rn. 5; Friederich (1976), S. 14f.). Allerdings können sich für mittelgroße und große KapG und diesen gleichgestellte Gesellschaften Angabepflichten zu schwebenden Geschäften bspw. nach § 285 Nr. 3 und Nr. 3a ergeben. Bei den in § 251 genannten, angabepflichtigen Haftungsverhältnissen handelt es sich um einseitig verpflichtende Rechtsgeschäfte, aus denen im Gegensatz zu den schwebenden Geschäften definitionsgemäß keine (direkte) Gegenleistung zu erwarten ist. Eine Inanspruchnahme führt in diesen Fällen zu Aufwand, der zwar möglicherweise durch das Entstehen einer Rückgriffsforderung gedeckt ist, aber vereinbarungsgemäß nicht unmittelbar zum Erhalt eines Gegenwerts führt. Daher sind z. B. Einzahlungsverpflichtungen auf nicht voll bezahlte Aktien oder Geschäftsanteile gemäß der §§ 54, 65f. AktG, §§ 19, 22 und 24 GmbHG nicht nach § 251 vermerkpflichtig. Erwartete Vorteile oder die Vermeidung von Nachteilen, die nicht unmittelbar Gegenstand des Geschäfts sind (Erhalt von Geschäftsbeziehungen, Erhalt eines guten Rufs, Stützen von verbundenen UN), können nicht als direkte Gegenleistungen angesehen werden, die zur Einstufung als schwebendes, zweiseitig verpflichtendes Geschäft und damit zur Befreiung von der Angabepflicht führen (vgl. Fey (1989), S. 83f.). Eine Gegenleistung besteht aus wirtschaftlicher Sicht auch nicht bei Verpflichtungen gegenüber einem Gläubiger, dessen Forderungen gegenüber einem Dritten zum Nennbetrag zu erwerben, wenn der Schuldner ausfällt (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 251 HGB, Rn. 66, m. w. N.).

 

Rn. 31

Stand: EL 39 – ET: 06/2023

Ein Grenzfall hinsichtlich des Kriteriums "Gegenleistung" ist die sog. Ausbietungsgarantie mit Bietungspflicht (vgl. dazu Herfurth, WPg 1977, S. 349), die der Sicherung eines Grundpfandrechts dient. Wegen der erwarteten Gegenleistung (Erwerb des Grundstücks) handelt es sich i. d. R. um ein schwebendes, zweiseitig verpflichtendes Geschäft (bedingter Kaufvertrag; vgl. Bonner HGB-Komm. (2020), § 251, Rn. 110); für diese Geschäfte gilt bei erwarteter Ausgeglichenheit der Grundsatz der Nichterfassung in der Bilanz und im Vermerk nach § 251 (vgl. aber zu Anhangangaben HdR-E, HGB § 284–288, Rn. 304; zur Rückstellungsbildung HdR-E, HGB § 249, Rn. 61ff.). Ebenfalls liegt keine einseitige Verpflichtung vor bei Rücknahmeverpflichtungen aus unechten Pensionsgeschäften (vgl. § 340b). Daher bestehen keine Vermerkpflichten gemäß § 251 (vgl. Fey, WPg 1992, S. 1 (10)), wohl aber für KapG und diesen gleichgestellte Gesellschaften möglicherweise Angabepflichten nach § 285 Nr. 3 oder Nr. 3a.

 

Rn. 32

Stand: EL 39 – ET: 06/2023

Dienen Haftungsverhältnisse der Sicherung schwebender Geschäfte Dritter (z. B. Garantie der Erfüllung einer Liefer- oder Zahlungsverpflichtung eines Dritten aus einem zweiseitig verpflichtenden Geschäft), besteht grds. keine Angabepflicht, wenn der Garantiegeber laut Vertrag nach einer möglichen Inanspruchnahme den Anspruch auf die Gegenleistung aus dem schwebenden Geschäft erhält. Es besteht in diesem Fall i. d. R. kein größeres Risiko für die Vermögens- und Finanzlage als bei einem schwebenden Geschäft, aus dem der Bilanzierende selbst unmittelbar zu einer Leistung verpflichtet ist. Drohende Verluste sind gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 zu passivieren (vgl. auch ADS (1998), § 251, Rn. 89; IDW RS HFA 4 (2012), Rn. 15ff.).

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