Rn. 61

Stand: EL 19 – ET: 05/2014

Nach h. M. gehören auch drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu den ungewissen Verbindl. (vgl. z. B. ADS 1995, § 249, Rn. 137; kritisch Groh, M. 1988, S. 27ff.). Sie wurden bereits in § 152 Abs. 7 AktG 1965 aus Gründen der Klarstellung selbstständig erwähnt, was in § 249 Abs. 1 Satz 1 unverändert weitergeführt wird. Wie bei der Verbindl.-Rückstellung muss auch bei der Verlustrückstellung eine Außenverpflichtung vorliegen. Schwebende Geschäfte, die von beiden Seiten nicht erfüllt sind, werden grds. nicht gebucht. Dabei wird unterstellt, dass Leistung und Gegenleistung sich ausgleichen. Ist diese Ausgewogenheit jedoch nicht gegeben, so muss der Kaufmann mittels Rückstellung Vorsorge für den zu erwartenden Verlust treffen. Dabei sind den Verpflichtungen die noch ausstehenden Ansprüche gegenzurechnen, so dass nur ein Saldo zu passivieren ist, während bei den ungewissen Verbindl. stets der volle Erfüllungsbetrag angesetzt werden muss. Ansatz und Bewertung greifen also bei der Verlustrückstellung ineinander, d. h. ergibt sich aus der Bewer­tung, dass als Saldo ein Verlust eintreten wird (auch wenn seine Höhe noch nicht endgültig feststeht), dann ist der Ansatz der Rückstellung geboten. Die Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften bezieht sich also auf zukünftige Verluste, demgegenüber setzt die Rückstellung für ungewisse Verbindl. voraus, dass ein bereits entstandener Erfüllungsrückstand vorliegt. Vom Zweck her dient die Rückstellung der Verlustantizipation, also der Offenlegung noch nicht realisierter Verluste aus Geschäften, bei denen der Kaufmann bereits eine vertragliche Bindung eingegangen ist (vgl. zur gesetzl. Konzeption der Verlustrückstellung i. E. Küting, K./Kessler, H. 1993, S. 1045ff.).

Schwebende Geschäfte, die eine einmalige Leistung zum Inhalt haben, können nicht zu einer Rückstellung für ungewisse Verbindl. führen, sondern nur zu einer Rückstellung für Verluste aus diesem Einzelgeschäft, da die Erfüllung des Einmalgeschäfts noch aussteht und ein Erfüllungsrückstand somit nicht vorliegen kann. Anders verhält es sich bei Dauerschuldverhältnissen: Bei dem noch nicht erfüllten Teil kommt nur eine Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften in Betracht. Ergibt sich dagegen für den bereits abgewickelten Teil ein Erfüllungsrückstand, so muss hierfür eine Verbindl.-Rückstellung gebildet werden, und zwar auch dann, wenn Leistung und Gegenleistung sich insgesamt ausgleichen und damit die Möglichkeit einer Drohverlustrückstellung ausscheidet (vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 46 sowie ausführlich HdR-E, HGB § 249, Rn. 119ff.). Sind Leistung und Gegenleistung im bereits abgewickelten Teil ausgeglichen, so kommt für den schwebenden Teil nur eine Rückstellung für drohende Verluste in Betracht. Besteht sowohl im abgewickelten Teil ein Erfüllungsrückstand als auch im schwebenden Teil ein drohender Verlust, so sind zwei separate Rückstellungen zu bilden; der Erfüllungsrückstand aus dem abgewickelten Teil wird nicht in die Rückstellung für den in der Zukunft drohenden Verlust einbezogen (so auch Schubert, in: Beck Bil-Komm. 2014, § 249, Rn. 76). Dies kann zu Abgrenzungsschwierigkeiten führen, zumal die frühere BFH-Rspr. hierauf nicht einzugehen hatte; im Hinblick auf die derzeitige Gesetzeslage im StR ist die Frage aber im HR von Bedeutung.

 

Rn. 62

Stand: EL 19 – ET: 05/2014

Nachdem der Gesetzgeber die stl. Zulässigkeit von Drohverlustrückstellungen durch § 5 Abs. 4a EStG aufgehoben hat, gewinnt die Abgrenzung zu den (stl. anerkannten) Verbindl.-Rückstellungen besondere Bedeutung. Entspr. der Darstellung in HdR-E, HGB § 249, Rn. 61 lassen sich vereinfacht folgende Regeln festhalten: Verbindl.-Rückstellungen liegen vor bei Verpflichtungen aus erfüllten Geschäften, bei einseitigen Verpflichtungen, bei selbstständigen Nebenverpflichtungen und bei Erfüllungsrückständen bei schwebenden Geschäften. Eine Drohverlustrückstellung kommt in Betracht bei Unausgewogenheit der beiderseits zukünftig noch zu erbringenden Leistungen (vgl. hierzu Eckstein, H.-M./Fuhrmann, S. 1998, S. 529; IDW RS HFA 4, S. 717; Moxter, A. 1997, S. 1477; Naumann, T. K. 1998, S. 527; vgl. Niehues, K. 2007, S. 1107). In diesem Zusammenhang ist auch die Abgrenzung zur Verbindl. von Bedeutung. So hat der BFH mit Urt. v. 11.10.2007 (DB 2008, S. 267) entschieden, dass die von einem Kfz-Händler übernommene Rückkaufverpflichtung zu einem verbindlich festgelegten Preis eine Verbindl. darstellt (s. dazu aber Hoffmann, W.-D. 2008a, S. 240). Ähnliches dürfte auch gelten bei Verpflichtungen eines Leasinggebers zur Beteiligung des Leasingnehmers am Verwertungserlös bei Vertragsende. Unabhängig davon hat die stl. Einschränkung aber keinen Einfluss auf die handelsrechtl. Grundsätze zur Bildung von Drohverlustrückstellungen.

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