Rn. 63

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO ist das Treugut dem Treugeber zuzurechnen, da dieser wirtschaftlicher Eigentümer bleibt und folglich auch von den Substanzsteuern auf die treuhänderisch übertragenen WG getroffen werden soll. Die Vorschrift sagt aber – in Anwendung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise – nichts über die Zurechnung der Erträge aus, die mit dem Treuhandvermögen erzielt werden. Da aber im Einkommensteuerrecht ebenso wie im Vermögensteuerrecht die wirtschaftliche Betrachtungsweise angewendet wird, sind die Einkünfte aus dem Treugut (Sicherungsgut) dem Treugeber (Sicherungsgeber) zuzurechnen (vgl. H/H/R (2019), § 2 EStG, Rn. 340). Zum Zweck der Einkommensbesteuerung ist das Einkommen grds. der "Person zuzurechnen, die es zu ihrer Verfügung bezogen hat" (Kirsten/Matheja (1978), S. 49). Diese Person ist beim Treuhandverhältnis nicht der Treuhänder, obwohl ihm die Einkünfte aus dem Treugut i. d. R. zufließen, sondern der Treugeber, der nach wirtschaftlicher Betrachtung als wirtschaftlicher Eigentümer des Treuguts auch über die Einkünfte aus dem Treugut verfügt.

Infolge der Zurechnung des Treuhandvermögens zum Treugeber kann die Übertragung von WG vom Treugeber auf den Treuhänder oder umgekehrt keine ertragsteuerlichen Auswirkungen haben, da die WG und ihre Erträge weiterhin dem Treugeber als wirtschaftliches Eigentum zugerechnet werden. Die Übertragung hat folglich nicht den Charakter einer Entnahme, die eine Auflösung stiller Rücklagen auslösen könnte.

 

Rn. 64

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Da die Grundlage von Treuhandverhältnissen die treuhänderische Übertragung von Vermögenswerten ist, können Einkünfte aus dem Treugut nur bei solchen Einkunftsarten angetroffen werden, die aus Vermögen fließen. Das sind alle in § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG aufgezählten Einkunftsarten mit Ausnahme der Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit. Bei Arbeitseinkünften werden nicht WG, sondern es wird der Einsatz der persönlichen Arbeitskraft besteuert (vgl. Kirsten/Matheja (1978), S. 64).

Die beim Treuhänder zufließenden Einkünfte aus dem Treugut bezieht der Treugeber unmittelbar (vgl. von Wallis (1979), S. 65), d. h. die Gewinne und Verluste werden ihm nicht erst dann zugerechnet, wenn der Treuhänder sie weitergegeben hat. Auch wenn die Einkünfte aus dem Treugut dem Treuhänder zu treuen Händen überlassen werden, gelten sie im Zeitpunkt des Entstehens beim Treugeber als zugeflossen und sind von ihm zu versteuern (vgl. Kirsten/Matheja (1978), S. 64f.).

Bei der Sicherungstreuhand entstehen i. d. R. keine Probleme, da hier der Treugeber (Sicherungsgeber = Kreditnehmer) gewöhnlich im Besitz der zur Sicherung übereigneten WG bleibt und die Erträge aus der Nutzung dieser Güter bei ihm unmittelbar anfallen.

 

Rn. 65

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Im Körperschaftsteuerrecht gilt ebenso wie im Einkommensteuerrecht die wirtschaftliche Betrachtungsweise, d. h. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO ist auch hier so auszulegen, dass nicht nur das Treuhandvermögen, sondern auch das aus diesem Vermögen erzielte Einkommen dem Treugeber zuzurechnen ist.

Ist also eine KapG Treugeber, so müssen die Gewinne aus dem Treugut bei ihr der KSt unterworfen werden; dabei ist es ohne Bedeutung, ob der Treuhänder eine natürliche Person oder ebenfalls eine KapG ist. Ist eine KapG Treuhänder und ist der Treugeber eine natürliche Person, so werden dieser die Einkünfte aus dem Treugut zugerechnet und unterliegen folglich der ESt.

Körperschaftsteuerliche Probleme können bei Treuhandverhältnissen dann entstehen, wenn die Gesellschafter (oder der Alleingesellschafter) einer KapG sich ihrer Gesellschaft als Treuhänder bedienen, um die von der Gesellschaft aus dem Treuhandvermögen erzielten Einkünfte auf dem Weg der Zurechnung zum Treugeber der KSt zu entziehen. Allerdings wird die in derartigen Treuhandverhältnissen liegende Problematik durch die Organschaft, bei der der Organträger auch eine natürliche Person sein kann und das Einkommen der Organgesellschaft durch die Zurechnung zum Organträger der ESt unterliegt, entschärft (vgl. Richter (2003), S. 189).

 

Rn. 66

Stand: EL 40 – ET: 09/2023

Infolge der engen Bindung der GewSt an die ESt und KSt bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage (vgl. § 7 Satz 1 GewStG) erfolgt – wenn ein Gewerbebetrieb i. R.e. Treuhandverhältnisses betrieben wird – die Zurechnung des Gewerbeertrags nach den gleichen Grundsätzen wie bei den Personensteuern, d. h. es gilt ebenso die in § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO kodifizierte wirtschaftliche Betrachtungsweise, nach der das Treugut und die mit ihm erzielten Erträge dem Treugeber zuzurechnen sind.

Steuerschuldner für die Gewerbesteuer ist nach § 5 Abs. 1 Satz 1f. GewStG der Unternehmer, d. h. derjenige, für dessen Rechnung (und Gefahr) das Gewerbe betrieben wird. Nach der amtlichen Begründung zu § 5 GewStG 1936 kommt es für die Frage, wer steuerlich als Unternehmer anzusehen ist, nicht auf Merkmale des Handels- oder Gewerberechts an. Bei UN, die treuhänderisch für einen Unternehm...

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