Tz. 10

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Die Vorstandsmitglieder sind verpflichtet, die UN-Leitung überhaupt wahrzunehmen. Dabei haben sie die betriebswirtschaftlichen Erkenntnisse und maßgeblichen Rechtsvorschriften zu berücksichtigen. Im Rahmen ihres unternehmerischen Ermessens haben sie die Ziele und die zur Erreichung dieser Ziele erforderlichen Maßnahmen und Grenzen zu definieren und die zur Umsetzung dieser Vorgaben unterhalb der Leitungsaufgabe erforderlichen Entscheidungen zu koordinieren. Dies setzt voraus, dass die Vorstandsmitglieder die wirtschaftliche und finanzielle Situation des UN laufend überblicken. Über maßgebliche UN-­Daten, wie Kapazitäten, Rentabilität, Liquidität und Marktsituation des UN, haben sie informiert zu sein. Fehlentwicklungen müssen durch ein geeignetes Controlling und die Interne Revision frühzeitig erkannt werden. Besonders risikoreiche Abläufe, wie üblicherweise fehlerbehaftete und verzögerungsgefährdete Softwareprojekte, sind nicht nur im Hinblick auf euro- und datumsbezogene Umstellungsprojekte laufend zu überwachen (vgl. hierzu Koch, ZIP 1998, S. 1748; Terlau, CR 1999, S. 284). Dies wird durch § 91 Abs. 2 AktG unterstrichen, wonach der Vorstand ein geeignetes Risikomanagement und Überwachungssystem zu installieren und ggf. ferner – bei gegebener Börsennotierung (vgl. § 3 Abs. 2 AktG) – gemäß § 91 Abs. 3 AktG (i. d. F. des FISG) ein im Hinblick auf den Umfang der Geschäftstätigkeit und die Risikolage des UN angemessenes und wirksames IKS und Risikomanagementsystem einzurichten hat. Den Vorstand eines herrschenden UN trifft nach zutreffender Ansicht zwar keine Pflicht zur zentralen Konzernleitung, aber jedenfalls eine Verantwortung für die Oberleitung der Konzern-UN, die die Bereiche "Planung und Steuerung", "Organisation", "Finanzen" sowie "Informationen" umfasst und damit über eine gewissenhafte Ausübung der Beteiligungsrechte hinausgeht (vgl. Fleischer, DB 2005, S. 759; Fleischer (2006), § 18, Rn. 18ff.; KK-AktG (2010), § 76, Rn. 65; MünchKomm. AktG (2019), § 76, Rn. 46ff.). Im faktischen Konzern besteht schon keine rechtlich fundierte Einflussmöglichkeit des herrschenden UN (vgl. BeckOGK-AktG (2021), § 76, Rn. 99; KonzernR (2019), § 311 AktG, Rn. 10) und selbst im Vertragskonzern wird man eine Pflicht des Muttervorstands, eine zentrale Leitung auszuüben, ablehnen müssen, zumal auch § 308 Abs. 1 Satz 1 AktG nur von einem Weisungsrecht, nicht aber von einer Weisungspflicht spricht (vgl. MünchKomm. AktG (2019), § 76, Rn. 46; ­Fleischer (2006), § 18, Rn. 13; BeckOGK-AktG (2021), § 76, Rn. 99).

 

Tz. 11

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Das Eingehen von Risiken muss in einem angemessenen Verhältnis zu den damit verbundenen Chancen stehen und darf den Bestand der Gesellschaft grds. nicht gefährden. Aber auch dies gilt nicht ausnahmslos. I.R.d. unternehmerischen Ermessens kann das Eingehen solcher Risiken durchaus erforderlich sein. Bei Kreditgeschäften dürfen allerdings große Geldbeträge dem Geschäftspartner nicht zur Verfügung gestellt werden, bevor nicht für eine hinreichende Sicherung vor einem etwaigen Verlust des Kap. gesorgt ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.11.1996, 6 U 11/95, ZIP 1997, S. 27 (31)). Nach einer Kreditbewilligung müssen etwaige Änderungen des Kreditrisikos laufend überwacht werden und der Vorstand hat auf sich dabei andeutende Bonitätsverschlechterungen sorgfaltsgemäß zu reagieren – z. B. mit einer Kreditkündigung oder der Anforderung von Sicherheiten (vgl. BGH, Urteil vom 01.12.2008, II ZR 102/07, NJW 2009, S. 850ff.; OLG Hamm, Urteil vom 12.07.2012, I-27 U 12/10, WM 2012, S. 2200ff.). Exportgeschäfte müssen mit den üblichen Sicherheiten abgesichert werden (vgl. zur GmbH: OLG Jena, Urteil vom 08.08.2000, 8 U 1387/98, NZG 2001, S. 86 (88)). Gesellschaftsschulden sind grds. erst bei Fälligkeit zu begleichen (vgl. zur GmbH: OLG Koblenz, Urteil vom 12.05.1999, 1 U 1649/97, GmbHR 1999, S. 1201f.). Die Geltendmachung von Ansprüchen gegen Dritte fällt grds. in den Bereich des unternehmerischen Ermessens, wobei Gründe für ein Absehen von der Geltendmachung nur ausnahmsweise vorhanden sein werden. Allerdings kann die Preisgabe von Ansprüchen auch unter Anstandsgesichtspunkten gerechtfertigt sein (vgl. KG Berlin, Urteil vom 05.05.1959, 2 U 150/59, GmbHR 1959, S. 257; RG, Urteil vom 28.12.1910, 129/10 I, JW 1911, S. 223f.; KK-AktG (2010), § 93, Rn. 89). UN-bezogene soziale Aufwendungen und Spenden darf der Vorstand im Rahmen seines unternehmerischen Ermessens auch bei Fehlen einer entsprechenden Satzungsbestimmung tätigen, wenn sie die Größenordnung und finanzielle Situation des UN nicht übersteigen. Von einseitigen oder übermäßigen Spenden im politischen Bereich, die sich nachteilig auf die soziale Akzeptanz des UN auswirken, ist allerdings Abstand zu nehmen (vgl. eingehend Fleischer, AG 2001, S. 171ff.; MünchKomm. AktG (2019), § 93, Rn. 84).

 

Tz. 12

Stand: EL 36 – ET: 06/2022

Zu den Pflichten von Vorstand und AR gehört auch die jährliche Abgabe einer sog. Entsprechenserkläru...

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