Rn. 84

Stand: EL 14 – ET: 02/2012

Die Vorabausschüttung kann im lfd. GJ erfolgen. Sie stellt eine Maßnahme der Gewinnverteilung dar und setzt daher gem. den §§ 46 Nr. 1 und 42a Abs. 2 GmbHG einen entsprechenden Beschluss der Gesellschafter voraus, soweit die Satzung hierüber keine abweichende Bestimmung enthält. Die Satzung kann die Vornahme von Vorabausschüttungen – wie Fragen der Gewinnverteilung überhaupt (vgl. HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 26 ff., 44 ff.) – generell regeln und insbes. die Gesellschafter ausdrücklich zu einer diesbzgl. Beschlussfassung ermächtigen. Soll allerdings der gesetzliche Regelfall des § 46 Nr. 1 GmbHG gelten, bedarf es einer derartigen Satzungsermächtigung als Voraussetzung der Zulässigkeit einer Vorabausschüttung nicht (h. M.: vgl. Emmerich 2006, § 29 GmbHG, Rn. 86; Müller 2006, § 29 GmbHG, Rn. 135; Hueck 1996, § 29 GmbHG, Rn. 61 m. w. N.; offen gelassen in BFH-Urt. v. 27.01.1977, BStBl. II 1977, S. 491 ff., da der Gewinnverteilungsbeschluss nicht angefochten wurde). Denn § 29 Abs. 1 GmbHG enthält kein Verbot der Vorabausschüttung, das erst durch eine Satzungsbestimmung aufgehoben werden müsste (so auch zu § 29 GmbHG 1980 Priester, H.-J. 1973, S. 2382), sondern diese Vorschrift lässt Ausschüttungen durch Beschluss grds. zu. Solche Beschlüsse stellen lediglich den bedingten mitgliedschaftsrechtlichen Gewinnanspruch fällig (vgl. HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 6). Einer Regelung in der Satzung bedarf es allerdings dann, wenn – abweichend von § 46 Nr. 1 GmbHG – z. B. die Gf ohne Ermächtigung durch Gesellschafterbeschluss berechtigt sein sollen, Vorabausschüttungen vorzunehmen.

 

Rn. 85

Stand: EL 14 – ET: 02/2012

Die Zulässigkeit der Vorabausschüttung ist – unstreitig – an die folgenden materiellen Voraussetzungen gebunden:

(1) begründete Erwartung eines Jahresüberschusses im lfd. GJ, der nicht durch Verlustvorträge neutralisiert wird;
(2) keine Verletzung des Grundsatzes der Kapitalerhaltung (vgl. § 30 GmbHG), wonach das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft nicht an die Gesellschafter ausgezahlt werden darf.
 

Rn. 86

Stand: EL 14 – ET: 02/2012

Strittig ist hingegen, ob die Vorabausschüttung zwingend die Aufstellung einer Zwischenbilanz voraussetzt, welche den zur Auszahlung vorgesehenen Gesamtbetrag als Überschuss ausweist. Nach wohl h. A. (vgl. z. B. Müller 2006, § 29 GmbHG, Rn. 141) ist dies – jedenfalls für den Regelfall – zu verneinen (so auch Langhein 2011, § 29 GmbHG, Rn. 64, Lutter/Hommelhoff 2009, § 29 GmbHG, Rn. 45 und Meyer-Landrut 1987, § 29 GmbHG, Rn. 15, die lediglich eine ›bilanzähnliche Vorausrechnung‹ für erforderlich halten; Schmidt, K. 1997, S. 1182 hält eine Zwischenbilanz für unnötig). Auch aus steuerrechtlicher Sicht ist die Aufstellung einer Zwischenbilanz nicht stets und jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn offene Rücklagen oder Gewinnvorträge vorhanden sind und ersichtlich ist, dass das WJ nicht mit einem Verlust abschließen wird (vgl. BFH-Urt. v. 27.01.1977, BStBl. II 1977, S. 491 ff.). Eine Zwischenbilanz ist gleichwohl geeignet, die Einhaltung des § 30 GmbHG zu kontrollieren. Sie wird sich vor allem in Zweifelsfällen und nicht zuletzt auch aus forensischen Erwägungen empfehlen (vgl. i. E. Gschwendtner, H. 1978, S. 109 und 119 f.). Sie ist daher in der Praxis die Regel. Zwischenbilanzen leiden aber notwendigerweise unter dem Mangel, dass sie nur auf einen Teil des GJ bezogen und als Grundlage für die Gewinnermittlung ungeeignet sind, da sie nur vorläufige BV-Mehrungen ausweisen. Vorabausschüttungen sind aber nach Grund und Höhe von dem endgültigen, festgestellten Jahresüberschuss des GJ abhängig (vgl. Gschwendtner, H. 1978, S. 120). Es sind Fälle denkbar, in denen eine auf den Ausschüttungszeitpunkt bezogene Bilanz als Zwischenergebnis einen geringeren Betrag ausweist als zur Vorabausschüttung vorgesehen ist, zum GJ-Ende nach verlässlicher Schätzung jedoch ausreichend hohe Gewinne (z. B. bei langfristiger Auftragsfertigung) zu erwarten sind. In diesem Fall ist eine höhere Vorabausschüttung denkbar, als sie die Zwischenbilanz ausweist, wenn die in Rn. 87 genannten Voraussetzungen vorliegen und § 30 GmbHG nicht verletzt wird.

 

Rn. 87

Stand: EL 14 – ET: 02/2012

Der vorab auszuschüttende Betrag muss in dieser Höhe nach ordentlichen kaufmännischen Grundsätzen als Gewinn des lfd. GJ voraussichtlich zu erwarten sein. Dies macht fundierte Gewinnschätzungen notwendig. Hierfür müssen geeignete Unterlagen vorliegen, wie z. B. Planungsrechnungen jeder Art, kurzfristige Erfolgsrechnungen oder aber Zwischenabschlüsse, deren Erstellung allerdings nicht zwingend geboten ist (vgl. HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 86). Die Gf trifft hierzu eine besondere, nicht zuletzt auch persönliche Verantwortung im Hinblick auf die Einhaltung des Kapitalerhaltungsgrundsatzes (beachte auch die Haftung aufgrund § 43 Abs. 3 GmbHG), zumal die Gesellschafter oftmals nicht die nötige Sachkunde besitzen werden, die zukünftige Ertragslage der Gesellschaft nach ›kaufmännischen Grundsätzen‹ verläs...

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