Rn. 44

Stand: EL 14 – ET: 02/2012

Die gesetzliche Ermächtigung zur Beschlussfassung über die Gewinnthesaurierung in § 29 Abs. 2 GmbHG kann beschränkt oder abbedungen werden.

 

Rn. 45

Stand: EL 14 – ET: 02/2012

Nahezu jede statutarische Bestimmung über die Gewinnverwendung, die nicht lediglich den Inhalt des Abs. 2 wiedergibt, greift direkt oder mittelbar in die Beschlusskompetenz der Gesellschafter ein und gestaltet diese um. Insoweit kann daher auf die Ausführungen zum statutarischen Ausschüttungsausschluss (vgl. HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 33 ff.) verwiesen werden. An dieser Stelle sollen jene Satzungsbestimmungen angesprochen werden, die in erster Linie darauf abzielen, die Beschlusskompetenz nach Abs. 2 als solche zu modifizieren. Da diese Vorschrift zugunsten der Mehrheit der Gesellschafter die weitestgehende Kompetenzzuweisung trifft, die nach den Grundsätzen des Bilanzrechts denkbar ist, kommen – nicht zuletzt im Hinblick auf Erwägungen des statutarischen Minderheitenschutzes – hierbei solche Bestimmungen in Betracht, die Abs. 2 inhaltlich beschränken.

 

Rn. 46

Stand: EL 14 – ET: 02/2012

Dies hat z. B. für die Gesellschafterminderheit einer neu zu gründenden GmbH praktische Bedeutung, die in Zukunft vornehmlich auf diesem Weg vor einem ›Aushungern‹ durch die Gesellschaftermehrheit im Hinblick auf den Gewinnbezug bewahrt werden kann. In der ­Praxis sind zahlreiche GmbH nämlich so strukturiert, dass die Gesellschaftermehrheit zugleich die Geschäftsführung innehat, während die Gesellschafterminderheit auf die Gesellschafterebene beschränkt ist. Hier ergibt sich leicht eine Interessenkollision: Während die Gesellschaftermehrheit in erster Linie einen möglichst großen Anteil des Gewinns thesaurieren möchte, hat die Minderheit vornehmlich eine angemessene Verzinsung ihres Kapital­einsatzes im Auge. Zwar ist es den Gesellschafter-Gf in Zukunft verwehrt, die Gewinnansprüche der übrigen Gesellschafter durch Legung stiller Reserven zu schmälern. Die Regelung des Abs. 2 erlaubt es der Mehrheit aber, über das ausgewiesene Jahresergebnis weitgehend frei durch einfachen Beschluss (vgl. HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 42) zu verfügen und dieses somit je nach ihren Interessen ganz oder teilweise in der Gesellschaft zu belassen (zu den rechtlichen Grenzen der ›Mehrheitsherrschaft‹ vgl. aber HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 53 ff.), ohne dass hierzu mit satzungsändernder Mehrheit erst die rechtliche Grundlage geschaffen werden müsste (vgl. zur Problematik Hommelhoff, P. 1981, S. 944 und 952 f.; vgl. auch zum Minderheitenschutz Crezelius, G. 1992, S. 322).

 

Rn. 47

Stand: EL 14 – ET: 02/2012

In § 42h GmbHG-E war im Hinblick auf diese Problematik eine – § 254 Abs. 1 AktG (Mindestdividende) entsprechende – Vorschrift betreffend die Anfechtung des Ergebnisverwendungsbeschlusses vorgesehen worden (zum weitgehend gleichlautenden Entwurf eines § 205 GmbHG-E im Regierungsentwurf zur ›GmbH-Novelle‹ vgl. Goerdeler/Müller 1979, § 29 GmbHG, Rn. 5 ff., kritisch zu § 42h (vormals: i) GmbHG-E vgl. Hommelhoff, P. 1981, S. 952). Diese Vorschrift ist nicht Gesetz geworden; sie hätte auch nur einen geringen und zudem gerichtlich wohl nur schwer durchsetzbaren Schutz für die Minderheit bedeutet (vgl. HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 55). Eine Bestimmung dieses Inhalts nunmehr etwa in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen, erscheint schon aus diesen Gründen wenig ratsam (zur Vereinbarung von Festzinsen vgl. HdR-E, GmbHG § 29, Rn. 124 ff.).

 

Rn. 48

Stand: EL 14 – ET: 02/2012

Das Interesse des einzelnen Gesellschafters wird bei Abschluss des Gesellschaftsvertrags also i. d. R. dahin gehen, die Kompetenzzuweisung des § 29 Abs. 2 GmbHG an die Gesellschaftermehrheit – soweit durchsetzbar – zu beschränken, um sich sein Gewinnbezugsrecht zusichern. Die gesetzesimmanenten Grenzen (vgl. §§ 242, 826 BGB) einer ›Mehrheitsherrschaft‹ nach Abs. 2 gewähren ihm nur in Ausnahmefällen einen halbwegs praktikablen Schutz. Stattdessen bietet sich – neben präzisen Bestimmungen über Art und Ausmaß zulässiger Rücklagendotierungen – in erster Linie die Vereinbarung qualifizierter Mehrheitserfordernisse an.

 

Rn. 49

Stand: EL 14 – ET: 02/2012

Die Satzung kann abweichend von § 47 Abs. 1 GmbHG (Mehrheit der abgegebenen Stimmen), der grds. auch im Fall des § 29 Abs. 2 GmbHG gilt, eine differenzierte Regelung der Mehrheitserfordernisse vorsehen, z. B. je nachdem, in welcher Höhe Beträge thesauriert werden sollen. Danach können Einstellungen in die Rücklagen, die einen bestimmten Prozentsatz des Jahresüberschusses (z. B. 50 %, vgl. § 58 Abs. 1 AktG) überschreiten, eine qualifizierte (›satzungsändernde‹) Mehrheit i. S. v. § 53 Abs. 2 GmbHG oder gar die Zustimmung aller Gesellschafter erfordern, wie sie in § 53 Abs. 3 GmbHG für Zuzahlungen gefordert wird. Qualifizierte Mehrheitserfordernisse kommen in der Praxis häufig dann vor, wenn ein Gesellschafter eine Sperrminorität besitzt und diese statutarisch abgesichert werden soll (vgl. Rowedder 1997, § 29 GmbHG, Rn. 52).

 

Rn. 50

Stand: EL 14 – ET: 02/2012

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