Rn. 21

Stand: EL 23 – ET: 07/2016

Die Voraussetzung des § 256, wonach ein Verbrauchsfolgeverfahren nur angewendet werden kann, soweit es den GoB entspricht, ist eigentlich etwas Selbstverständliches. Sie hat den Charakter einer Generalklausel. Sie soll Missbräuche ausschließen, bei denen die Inanspruchnahme der Bewertungsvereinfachung im Widerspruch zum Grundsatz des möglichst sicheren Einblicks in die VFE-Lage stünde. Daher kann die Auslegung großzügig erfolgen, zumal bei einer zu starken Einschränkung der beabsichtigte Vereinfachungseffekt verloren geht. Nach h. M. soll bei der Lifo-Methode ein Verstoß gegen die GoB vorliegen, wenn die Verbrauchsfolge im Einzelfall unter Zugrundelegung der betrieblichen Verhältnisse völlig undenkbar, d. h. nach den Denkgesetzen nicht möglich ist. Dies sei der Fall bei verderblicher Ware, die am nächsten BilSt nicht mehr vorhanden sein kann, sowie bei Saisonbetrieben, bei denen das Lager im Laufe des GJ der Natur des UN entspr. regelmäßig völlig geleert wird (vgl. ADS 1995, § 256, Rn. 18). Zur Begr. wird darauf verwiesen, dass in solchen Fällen der Widerspruch zu den im UN liegenden Verhältnissen so eklatant sei, dass selbst dann, wenn grundlegende Änderungen im Betriebsablauf vorgenommen würden, das Prinzip der Bewertung zu AHK nicht mehr gewahrt wäre. Die Finanzverwaltung lässt insoweit die Anwendung der Lifo-Methode bei verderblichen Vorräten, die eine Haltbarkeit von weniger als zwölf Monaten haben, nicht zu (vgl. BMF 2015, S. 463 (dortige Rn. 9); sodann bereits BMF 1997, S. 1253 bei (Frisch-)Fleisch, weil dies dem betrieblichen Geschehensablauf völlig widerspreche; anders dagegen bei lagerfähigem Tiefkühlfisch, vgl. OFD Hannover 2000, S. 1108). Bei dieser Auslegung schließt man allerdings ganze Branchen von der Lifo-Bewertung aus, was vom Gesetzgeber so nicht gewollt war.

 

Rn. 22

Stand: EL 23 – ET: 07/2016

Letztlich verbrauchen sich die meisten Vorratsarten, auch z. B. Holz oder Metall. Es erscheint daher nicht ohne Willkür, darauf abzustellen, ob Vorräte denklogisch noch am BilSt vorhanden sein können, um damit die kfr. verderblichen von der Anwendung der Lifo-Methode auszuschließen und die mittel- bis lfr. verderblichen dagegen nicht (vgl. ähnlich auch Oechsle, E./Rudolph, R. W. 1991, S. 98; Fischer, N. 1990, S. 3; Treptow, H. 1990, S. 21; Herzig, N./Gasper, R. 1991, S. 559). Da Lifo eine Fiktion ist, kann auch das Vorhandensein am nächsten BilSt unterstellt werden. Die Formulierung, wonach Übereinstimmung mit den GoB gegeben sein muss, bezieht sich bei genauer Betrachtung nicht auf Besonderheiten bei den Vorräten, sondern auf die Ausgestaltung der Wertermittlung insgesamt.

Die Generalklausel kann deshalb nur so ausgelegt werden, dass die Bewertung als Ganzes den GoB standhalten muss. Nur wenn dies nicht der Fall ist, und zwar ohne Rücksicht auf die Art der Vorräte, ist die Lifo-Methode nicht anwendbar. Damit sollen Missbräuche verhindert sowie nicht GoB-konforme Berechnungsmethoden ausgeschlossen werden. Die Ausgestaltung muss also so sein, dass der ermittelte Wertansatz – ähnlich wie bei der Einzelbewertung als Regelfall – nachvollziehbar ist und den Grundprinzipien des HGB entspricht. Dies erscheint angesichts der Berechnungsvarianten, die in den USA entwickelt worden sind (vgl. Schulz, H./Fischer, N. 1989, S. 492 ff.) und bei der erstmaligen Einführung der Lifo-Methode in § 155 AktG 1965 auch bekannt waren, notwendig und sinnvoll. Somit sind Berechnungsmethoden, bei denen z. B. die Wertansätze nicht mehr mengenmäßig unterlegt sind und nicht mehr zumindest buchmäßig zugeordnet werden können, wie z. B. bei der Dollar-Value-Methode, nicht zulässig.

 

Rn. 23

Stand: EL 23 – ET: 07/2016

Eine ganz andere Auffassung wiederum hat der BFH vertreten (vgl. Urt. v. 20.06.2000, BStBl. II 2001, S. 636 ff.; dazu auch Wacker, R. 2000, S. 2355 ff.), der zwar über die stl. Anwendung der Lifo-Methode zu entscheiden hatte, in diesem Zusammenhang aber zu handelsrechtl. Fragen Stellung bezog. Er sieht in der Lifo-Methode eine Durchbrechung des Grundsatzes der Einzelbewertung, die nur tolerabel sei, wenn im Einzelfall eine Bewertungsvereinfachung erzielt werde. Dies sei der einzige Regelungszweck der Lifo-Methode. Das Wahlrecht sei typischerweise auf Sachverhalte zugeschnitten, bei denen die Ermittlung der AHK entweder ausgeschlossen (so in Vermischungsfällen) oder mit unvertretbarem Aufwand (so bei Massenartikeln) verbunden sei. Die Vermeidung der Scheingewinnbesteuerung sei nicht Regelungszweck des § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG. Daher verstoße die Anwendung der Lifo-Methode gegen die handelsrechtl. GoB, wenn die AK identifiziert und zugeordnet werden können.

 

Rn. 24

Stand: EL 23 – ET: 07/2016

Unabhängig davon, dass dem o. a. BFH-Urteil im entschiedenen Einzelfall (Gebraucht-Pkw) vom Ergebnis her zuzustimmen ist, steht dem aber entgegen, dass der Regelungszweck der Lifo-Methode ausweislich mehrerer Textstellen in den Gesetzesmaterialien auch die Vermeidung (präziser ausgedrückt: die Milderung, denn die ...

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