a) Einordung als Kreditgeschäft und Abgrenzung zum Zessionskredit

 

Rn. 41

Stand: EL 28 – ET: 05/2019

Das unechte Factoring stellt ein Kreditgeschäft dar (vgl. etwa BGH-Urteil vom 14.10.1981, VIII ZR 149/80, BGHZ 82, S. 50 (61) sowie MünchKomm. HGB (2013), § 246, Rn. 58), bei dem die Forderungen lediglich als Sicherheit abgetreten werden, weshalb die Grenzen zum originären Kreditgeschäft mit (globaler) Sicherungszession (Zessionskredit) fließend sind. Gerade bei stiller Forderungszession, bei dem die Abnehmer von der Abtretung keine Kenntnis erlangen, sind die Unterschiede marginal. Eine Einordnung der vereinbarten Geschäfte kann insoweit nur auf Basis einer eingehenden inhaltlichen Beurteilung der konkreten vertraglichen Vereinbarungen zwischen Factor und Factoring-Kunde bzw. Kreditgeber und Kreditnehmer vorgenommen werden. Aus der Einordnung leiten sich dann die maßgebenden Ausweis- und Bewertungsgrundsätze ab.

 

Rn. 42

Stand: EL 28 – ET: 05/2019

I.d.R. spricht für die Einordnung als Factoring-Geschäft der Abschluss eines gängigen Factoring-Vertrags mit Offenlegung der Abtretung an die Abnehmer, wobei im Übrigen organisatorisch wie abwicklungstechnisch das übliche Factoring-Verfahren eingehalten wird. Ein rechtlicher Unterschied besteht darin, dass beim Factoring ein Kaufvertrag zwischen Factoring-Kunden und Factor geschlossen wird und nicht wie im Fall des Zessionskredits ein Kreditvertrag. Die Abtretung der Forderungen ist folglich als Erfüllung des Kaufvertrags zu verstehen, während beim Zessionskredit die Forderungen lediglich zur Sicherung eines vom Zessionar an den Zedenten vergebenen Kredits abgetreten werden.

b) Abbildung im Jahresabschluss

 

Rn. 43

Stand: EL 28 – ET: 05/2019

Wie zuvor dargestellt, gleicht das unechte Factoring wirtschaftlich einem "normalen" Kreditgeschäft, das durch eine Forderungszession gesichert ist. Korrespondierend mit der Behandlung von originären dinglichen Sicherungsabtretungen aufgrund des bilanzrechtlich maßgebenden wirtschaftlichen Eigentums (vgl. § 246 Abs. 1 Satz 2; fernerhin z. B. Haufe HGB-Komm. (2018), § 246, Rn. 53) sind die abgetretenen Leistungsforderungen daher streng genommen bis zu ihrer Tilgung weiterhin als solche beim Factoring-Kunden zu bilanzieren, während zugleich in Höhe der Bevorschussung des Factors an den Factoring-Kunden ein Kredit unter den "Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten" respektive "sonstige[n] Verbindlichkeiten" anzusetzen ist (vgl. z. B. WP-HB (2019), Rn. F 1343; NWB HGB-Komm. (2019), § 246, Rn. 280). Das beim Forderungsverkäufer verbleibende Ausfallrisiko ist bei diesem in Form von angemessenen Einzel- bzw. Pauschalwertberichtigungen zu berücksichtigen.

 

Rn. 44

Stand: EL 28 – ET: 05/2019

Aus Praktikabilitätsgründen – aber auch mit Blick auf die rechtlichen Unterschiede zwischen unechtem Factoring und Zessionskredit (vgl. HdR-E, Kap. 8, Rn. 41f.) sowie den Interpretationsspielraum in Bezug auf den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums (vgl. NWB HGB-Komm. (2019), § 246, Rn. 282ff.) – erscheint diese Vorgehensweise insbesondere in Fällen des offenen Factoring nicht sachgerecht. Wird die Abtretung der Forderungen den Abnehmern angezeigt und leisten diese entsprechend unmittelbar an den Factor, kann der Factoring-Kunde den Forderungsverkauf nach hier vertretener Ansicht wie beim echten Factoring bilanzieren (vgl. HdR-E, Kap. 8, Rn. 30ff.). D.h., soweit noch keine Bevorschussung durch den Factor erfolgt ist, tritt beim Factoring-Kunden die Forderung gegenüber dem Factor an die Stelle der ursprünglichen Leistungsforderung. Ein etwaiges Ausfallrisiko ist in dieser Phase des Factoring durch angemessene Einzel- bzw. Pauschalwertberichtigungen auf die Forderung gegenüber dem Factor zu berücksichtigen. Nach erfolgter Bevorschussung ist das vom Factoring-Kunden zu tragende Ausfallrisiko dann in Form der potenziellen Inanspruchnahme im Delkrederefall entweder als Haftungsverhältnis nach § 251 oder bei einer drohenden Inanspruchnahme als Rückstellung zu erfassen (vgl. auch MünchKomm. BilR (2013/II), § 246 HGB, Rn. 197; überdies z. B. ADS (1995), § 246, Rn. 322; Bilanz-HB (2015), Kap. D, Rn. 203).

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