Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf den Jahresabschluss

Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) sieht Gesellschaft, Politik und Wirtschaft derzeit vielschichtigen, z.T. interdependenten Herausforderungen ausgesetzt, die zu erheblichen Unsicherheiten und Risiken führen und in den Jahresabschlüssen berücksichtigt werden sollten. Daher wurde ein Fachlicher Hinweis des IDW veröffentlicht zur Entwicklung des wirtschaftlichen Umfelds und Auswirkungen auf Finanzberichte zum oder nach dem 30.9.2022.

Ausgehend von der Feststellung, dass sich das wirtschaftliche Umfeld aktuell sehr stark eintrübt, hat das IDW in dem Hinweis auf die (möglichen) Folgen für Jahresabschluss und Lagebericht hingewiesen und spezifische Hilfestellungen zur Bilanzierung und Berichterstattung sowohl nach IFRS als auch nach HGB zum Abschlussstichtag 30.9.2022 und für Folgestichtage (insb. 31.12.2022) zur Verfügung gestellt. In Abhängigkeit von den weiteren Entwicklungen wird das IDW bei Bedarf noch Ergänzungen vornehmen.

Unternehmensindividuelle Beurteilung notwendig

Dabei wird nicht jedes Unternehmen von den angesprochenen Themen betroffen sein und auch das Ausmaß der Betroffenheit von bestimmten Themen wird variieren in Abhängigkeit u.a. von der Geschäftstätigkeit, der Branche und dem jeweiligen Umfeld, in dem ein Unternehmen tätig ist. Dennoch sieht das IDW eine unternehmensindividuelle Beurteilung der Sachverhalte in jedem Fall als unerlässlich an.

Auswirkungen der Unsicherheiten auf Prognosen

Prognosen müssen auf vertretbaren Annahmen des Managements basieren, wobei ein größeres Gewicht auf externe Hinweise zu legen ist. Im Fall neuerer Entwicklungen sind sie anzupassen. Vergangenheitsbasierte Annahmen können angesichts der aktuellen Risikolage oftmals nicht unverändert fortgeschrieben werden. Darüber hinaus müssen Prognosen von Zahlungsströmen und Schätzungen über alle Posten und Bestandteile eines Abschlusses hinweg plausibel, kohärent und für Dritte nachvollziehbar sein. Je größer die Unsicherheiten für ein bilanzierendes Unternehmen sind, desto schwieriger wird die Unternehmensplanung. Dem kann u.a. durch die Bildung von verschiedenen Szenarien und erhöhter Transparenz durch umfassende Angaben für die Abschlussadressaten (z.B. in Form von Sensitivitätsanalysen) begegnet werden.

Ansatz und Bewertung von Finanzinstrumenten: ggf. Abschreibungen notwendig

Dies betrifft nach HGB insb. den Niederstwerttest für die verschiedenen Kategorien der Finanzinstrumente des Anlagevermögens. Zudem können Schuldner des Bilanzierenden infolge des aktuellen Krisengeschehens in Zahlungsschwierigkeiten geraten (sein), wodurch das Risiko der Nichterfüllung (oder der nicht vollständigen oder nicht fristgerechten Erfüllung) von Forderungen aus Lieferungen oder Leistungen (ggf. signifikant) gestiegen ist. Dem ist unabhängig von der voraussichtlichen Dauerhaftigkeit der Wertminderung des Anspruchs durch Vornahme von Abschreibungen auf den niedrigeren beizulegenden Wert gemäß § 253 Abs. 4 HGB Rechnung zu tragen.

Nachtragsbericht im Anhang

Vorgänge von besonderer Bedeutung, die nach dem Schluss des Geschäftsjahres, aber bis zur Beendigung der Aufstellung des Abschlusses eingetreten sind, und die weder in der GuV noch in der Bilanz berücksichtigt sind, sind nach § 285 Nr. 33 HGB im Anhang des handelsrechtlichen Abschlusses anzugeben. In dieser Nachtragsberichterstattung ist über Art und finanzielle Auswirkungen des Vorgangs zu informieren. Generell ist ein Vorgang von besonderer Bedeutung, wenn seine Auswirkungen geeignet sind, das Bild, das der Abschluss zum Abschlussstichtag vermittelt, zu beeinflussen und ohne die Nachtragsberichterstattung die Entwicklung nach dem Abschlussstichtag von den Abschlussadressaten wesentlich anders beurteilt werden würde.

Risikobericht im Lagebericht

Bzgl. des Risikoberichts weist das IDW darauf hin, dass zwar die Einschätzung der Risiken zum Abschlussstichtag vorzunehmen ist; sofern sich aber Risiken nach dem Schluss des Berichtszeitraums (bis zur Beendigung der Aufstellung des Lageberichts) in ihrer Bedeutung ändern, neu auftreten oder entfallen, ist die geänderte Einschätzung der Risiken zusätzlich darzustellen, wenn anders kein zutreffendes Bild von der Risikolage des Unternehmens vermittelt wird (DRS 20.155).

Prognosebericht im Lagebericht

Beim Prognosebericht dürfte eine außergewöhnlich hohe Unsicherheit hinsichtlich der Zukunftsaussichten aufgrund gesamtwirtschaftlicher Rahmenbedingungen und gleichzeitig eine wesentliche Beeinträchtigung der Prognosefähigkeit des Unternehmens (DRS 20.133) häufig erfüllt sein, so dass ausnahmsweise verringerte Anforderungen an die Genauigkeit von Prognosen bzgl. der Entwicklung der bedeutsamsten finanziellen und ggf. nichtfinanziellen Leistungsindikatoren bis zum Ende des Prognosezeitraums gestellt werden können. Es ist aber wegen der unterschiedlichen individuellen Betroffenheit der Unternehmen stets eine Einzelfallbeurteilung nach den Verhältnissen bei Beendigung der Aufstellung des Lageberichts erforderlich. Ein Unterlassen jeglicher Prognosen im Lagebericht ist indes selbst im Lichte der derzeitigen hohen Unsicherheiten nicht zulässig.

Aufnahme eines Hinweises im Bestätigungsvermerk

Bzgl. der Aufnahme eines Hinweises zur Hervorhebung eines Sachverhalts im Zusammenhang mit den bestehenden Unsicherheiten im Bestätigungsvermerk weist das IDW auf die Fachlichen Hinweise zum Krieg in der Ukraine hin und geht davon aus, dass die Aufnahme eines generellen Hinweises auf allgemein bestehende Unsicherheiten in den Bestätigungsvermerk in aller Regel nicht als das geeignete Mittel anzusehen ist, um den derzeitigen Ereignissen Rechnung zu tragen. 

Der 10-seitige Fachliche Hinweis ist hier abrufbar.

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