Leitsatz

Ist in einem Gewinnfeststellungsbescheid bei einem offenen Treuhandverhältnis anstelle des Treuhänders der Treugeber genannt, dann kann der Ergänzungsbescheid, durch den der Treuhänder in die Gewinnfeststellung einbezogen werden soll, auch dann, wenn die Feststellungsfrist für die auf der ersten Stufe des Verfahrens zu treffenden Feststellungen abgelaufen ist, noch ergehen, wenn die Feststellungsfrist für die gesonderte Feststellung gegenüber dem Treugeber auf der zweiten Stufe nicht abgelaufen, sondern der Ablauf aufgrund der rechtzeitigen Anfechtung dieses Bescheides gehemmt ist.

 

Normenkette

AO 1977 § 169, , AO 1977 § 179, , AO 1977 § 180 Abs. 1 Nr. 2 a, , AO 1977 § 181 Abs. 1 Satz 1 und , AO 1977 § 181 Abs. 5

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 13.07.1999, VIII R 76/97

Anmerkung

Die Entscheidung VIII R 76/97 betrifft die früheren Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die seit 1973 einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben hatte. Eine der Gesellschafterinnen war eine GmbH, die ihren Anteil an der GbR treuhänderisch für eine andere Person hielt. In dem Rechtsstreit war es um die Feststellung der Einkünfte der GbR für das Streitjahr 1987 gegangen.

Zu den verfahrensrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Feststellung der Einkünfte nahm der BFH u.a. wie folgt Stellung:

Sind an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft mehrere Treugeber über einen Treuhänder beteiligt, so ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus der Gesellschaft grundsätzlich in einem zweistufigen Verfahren durchzuführen. In der ersten Stufe ist gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO der Gewinn oder Verlust der Gesellschaft festzustellen und auf die Gesellschafter entsprechend dem maßgebenden Verteilungsschlüssel aufzuteilen. In dem zweiten Feststellungsbescheid muß der Gewinnanteil des Treuhänders entsprechend § 179 Abs. 2 Satz 2 AO auf die Treuhänder aufgeteilt werden. Diese Beurteilung ändert sich nicht dadurch, daß der Treuhänder – wie im Streitfall – nur für einen und nicht für mehrere Treugeber tätig ist. Denn auch in diesem Fall ist der Treugeber nicht Gesellschafter der Personengesellschaft

Wird in dem Feststellungsbescheid anstelle des Treuhänders der Treugeber aufgeführt, dann ist die Gewinnfeststellung für die Personengesellschaft unvollständig und durch einen Ergänzungsbescheid nach § 179 Abs. 3 AO zu vervollständigen. In dem vervollständigten Bescheid sind die festgestellten Gewinne oder Verluste der Gesellschaft dem Treuhänder als dem Gesellschafter zuzurechnen.

Diese Grundsätze hatte das Finanzgericht im Streitfall nicht berücksichtigt. Seine Entscheidung wurde deshalb vom BFH aufgehoben.

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