Leitsatz

1. Der Zeitpunkt, zu dem eine Versorgungszusage erstmalig erteilt wurde, bestimmt sich nach der zu einem Rechtsanspruch führenden arbeitsrechtlichen bzw. betriebsrentenrechtlichen Verpflichtungserklärung des Arbeitgebers (Anschluss an BMF-Schreiben vom 24.07.2013, BStBl I 2013, 1022, Rz. 350).

2. Hat der Arbeitgeber zugunsten des Arbeitnehmers mehrere Direktversicherungen abgeschlossen, ist die Frage, ob diese auf verschiedenen Versorgungszusagen beruhen, unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu beantworten. Das Fehlen oder Vorliegen eines zusätzlichen biometrischen Risikos kann dabei lediglich als ein Indiz herangezogen werden. Es ist keine gesetzliche Voraussetzung für eine Neuzusage (entgegen BMF-Schreiben vom 24.07.2013, BStBl I 2013, 1022, Rz 355).

 

Normenkette

§ 3 Nr. 63, § 52 Abs. 4 und 40 EStG, § 40b Abs. 1 und 2 EStG a.F.

 

Sachverhalt

Der Arbeitgeber hatte 1997 zugunsten des bei ihm beschäftigten Klägers eine Direktversicherung (kapitalbildende Lebensversicherung) zur betrieblichen Altersversorgung und eine Berufsunfähigkeits-­Zusatzversicherung bei der A-Versicherung abgeschlossen. Der Arbeitgeber versteuerte die Versicherungsbeiträge ordnungsgemäß pauschal nach § 40b EStG in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung (EStG a.F.).

Im Jahr 2013 kündigte der Arbeitgeber dem Kläger. In dem anschließenden arbeitsgerichtlichen Verfahren schloss der Arbeitgeber mit dem Kläger im April 2014 einen gerichtlichen Vergleich. Für den Verlust des Arbeitsplatzes erhielt der Kläger eine Abfindung. Ein Teil der Abfindung war danach als einmalige Entgeltumwandlung nach der sog. Vervielfältigungsregelung gemäß § 3 Nr. 63 EStG in der im Streitjahr (2014) geltenden Fassung (EStG) in eine Direktversicherung bei der B‐Versicherung einzuzahlen.

Der Kläger gab in seiner ESt-Erklärung für das Streitjahr die vom Arbeitgeber an die B‐Versicherung geleistete Zahlung nicht an. Das FA veranlagte den Kläger insoweit erklärungsgemäß.

Im Rahmen einer bei dem Arbeitgeber durchgeführten LSt-Außenprüfung vertrat die Prüferin die Auffassung, die Zahlung an die B‐Versicherung sei nicht nach der Vervielfältigungsregelung in § 3 Nr. 63 Satz 4 EStG steuerfrei. Die Anwendung dieser Vorschrift sei nicht möglich, wenn der Arbeitnehmer bei Beiträgen zu einer Direktversicherung auf die Steuerfreiheit der Beiträge zugunsten der weiteren Anwendung des § 40b EStG a.F. verzichtet habe. So verhalte es sich im vorliegenden Fall. Denn die Beiträge an die A‐Versicherung (Altvertrag) seien unter Verzicht auf die Steuerfreiheit nach § 40b EStG a.F. pauschal versteuert worden. Die Entgeltumwandlung habe daher nicht in Höhe des Teilbetrags, sondern nur i.H.v. ... EUR gemäß § 3 Nr. 63 Satz 1 EStG steuerfrei vorgenommen werden können. Die Einkünfte des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit seien dementsprechend um ... EUR, die als Abfindung der ermäßigten Besteuerung unterlägen, zu erhöhen.

Das FA folgte der Auffassung der Prüferin und erließ einen entsprechenden, gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten ESt-Bescheid für das Streitjahr. Das FG wies die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage ab (FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 11.4.2019, 1 K 719/18, Haufe-Index 14292243, EFG 2019, 1370).

 

Entscheidung

Auf die Revision des Klägers hat der BFH die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen.

 

Hinweis

1. Nach § 40b Abs. 1 EStG a.F. konnte der Arbeitgeber die LSt von den Beiträgen für eine Direktversicherung des Arbeitnehmers und von den Zuwendungen an eine Pensionskasse mit einem Pauschsteuersatz von 20 % der Beiträge und Zuwendungen erheben. Die pauschale Erhebung der LSt von Beiträgen für eine Direktversicherung war nur zulässig, wenn die Versicherung nicht auf den Erlebensfall eines früheren als des 60. Lebensjahres abgeschlossen und eine vorzeitige Kündigung des Versicherungsvertrags durch den Arbeitnehmer ausgeschlossen worden war.

2. Gemäß § 52 Abs. 40 Satz 1 EStG ist § 40b Abs. 1 und Abs. 2 EStG a.F. weiter anzuwenden auf Beiträge für eine Direktversicherung des Arbeitnehmers und Zuwendungen an eine Pensionskasse, die aufgrund einer Versorgungszusage geleistet werden, die vor dem 1.1.2005 erteilt wurde (Altzusage). Sofern die Beiträge für eine Direktversicherung die Voraussetzungen des § 3 Nr. 63 EStG erfüllen, gilt dies nur, wenn der Arbeitnehmer nach § 52 Abs. 4 EStG gegenüber dem Arbeitgeber für diese Beiträge auf die Anwendung des § 3 Nr. 63 EStG verzichtet hat (§ 52 Abs. 40 Satz 2 EStG).

3. Ab dem Jahr 2005 wurde durch das Alterseinkünftegesetz auch der Durchführungsweg der Direktversicherung in die steuerliche Förderung nach § 3 Nr. 63 EStG einbezogen. Für ab 2005 erteilte Direktversicherungszusagen (Neuzusagen) entfiel gleichzeitig die Möglichkeit der Pauschalbesteuerung nach § 40b EStG a.F. (s. § 52 Abs. 40 EStG).

4. Für die Anwendung von § 3 Nr. 63 Satz 4 EStG sowie § 40b Abs. 1 und Abs. 2 EStG a.F. kommt es folglich auf die Abgrenzung an, ob die entsprechenden Beiträge aufgrund einer Ve...

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