Auf die Erhebung von Stundungszinsen kann gem. § 234 Abs. 2 AO aus Billigkeitsgründen verzichtet werden. Dies kann z. B. in Betracht kommen[1]

  • bei Katastrophenfällen,
  • bei längerer Arbeitslosigkeit des Steuerschuldners,
  • bei bisheriger pünktlicher Erfüllung der Zahlungspflichten und erstmaliger Inanspruchnahme einer Stundung,
  • bei Stundung im Hinblick auf belegbare, demnächst fällig werdende Ansprüche des Steuerpflichtigen, soweit hierfür innerhalb des Stundungszeitraums keine Erstattungszinsen nach § 233a AO anfallen (sog. Verrechnungsstundung).

Mit dem Stundungsantrag sollte auch der Antrag auf Verzicht der Erhebung von Zinsen gestellt werden. Setzt das Finanzamt entgegen dem Antrag Zinsen fest, ist hiergegen der Einspruch gegeben. Der Einspruch richtet sich nicht gegen die Stundungsverfügung, sondern gegen die Ablehnung des Antrags auf Verzicht der Erhebung von Zinsen. Diese Ablehnung ist ein gegenüber der Zinsfestsetzung gesonderter Verwaltungsakt, auch wenn die Ablehnung nicht ausdrücklich ausgesprochen ist.

 
Praxis-Beispiel

"Mehrfachbescheid"

Das Finanzamt hat zwar gestundet, jedoch mit dem Stundungsbescheid auch Zinsen festgesetzt. Es handelt sich hier um 3 Bescheide: Stundungsbescheid, Ablehnung einer Billigkeitsregelung nach § 234 Abs. 2 AO (Grundlagenbescheid für die Zinsfestsetzung) und Zinsfestsetzung. Begehrt der Steuerpflichtige eine Billigkeitsregelung, muss er Einspruch gegen die Ablehnung der Billigkeitsregelung einlegen. Wird ihm stattgegeben, ist die Zinsfestsetzung als Folgebescheid nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO aufzuheben. Ein Einspruch gegen den Zinsbescheid mit der Begründung, es sei aus Billigkeitsgründen nach § 234 Abs. 2 AO auf die Festsetzung von Stundungszinsen zu verzichten, wird von den Finanzämtern als Einspruch gegen die Ablehnung einer Billigkeitsregelung ausgelegt.

Legt der Steuerpflichtige gleichzeitig gegen den Stundungsbescheid und gegen den Zinsbescheid Einspruch ein, sollte die Entscheidung über den Einspruch gegen den Zinsbescheid so lange zurückgestellt werden, bis das Einspruchsverfahren gegen den Stundungsbescheid abgeschlossen ist.

 
Wichtig

Ermäßigung der Stundungszinsen bei vorzeitiger Tilgung

Eine vorzeitige Tilgung führt nicht automatisch zu einer Ermäßigung der Stundungszinsen. Soweit der gestundete Anspruch allerdings mehr als einen Monat vor Fälligkeit getilgt wird, kann auf bereits festgesetzte Stundungszinsen für den Zeitraum ab Eingang der Leistung auf Antrag verzichtet werden.[2] Eine vorzeitige Zahlung lohnt sich demnach nicht mehr, wenn der Zeitraum bis zum Ablauf der gewährten Stundung unter einem Monat liegt. Diese Verwaltungsanweisung kann sich bei einem hohen Betrag im Einzelfall durchaus auswirken. So liegen, wie eine Einzelfallentscheidung zeigt, sachliche Billigkeitsgründe für eine taggenaue Berechnung des Zinsverzichts selbst bei einem täglichen Zinsbetrag von 4.360 EUR nicht vor, da die Erhebung der Stundungszinsen insoweit nicht gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot verstößt.[3]

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